Berufsbild, Diskussion, Meinung, Modellseminar Watergate 2010

„Wie instrumentalisiere ich Journalisten?“

Das Live-Bloggen gestaltet sich schwierig auf dem Recherche-Seminar in Eisenach. Wenn rund 40 Journalisten das W-Lan-Netz eines Landhotels stürmen, dann geht doch öfters als lieb die Technik in die Knie…

Dafür haben wir fleißig getwittert – bis zum Mittwoch-Nachmittag: Dann zeigte uns auch „Twitter“ stundenlang nur noch den berühmten „Fail-Wal“. Schwamm drüber. In den kommenden Tagen wird hier alles gebloggt und gezeigt, was im Seminar auf Foto und Video gebannt wurde!

Und einer geht vielleicht doch:

Das Gespräch gestern Abend zwischen Paul-Josef-Raue, Chefredakteur der „Thüringer Allgemeinen“ und Wolfgang Kubicki, Fraktionsvorsitzender der FDP-Landtagsfraktion in Kiel, war ohne Frage einer der Höhepunkte des Rechercheseminars der bpb in Eisenach.

Die Gesprächspartner sind sich aus der im Juli 2005 bekannt gewordenen VW-Bestechungsaffäre, in der Mitglieder des VW-Betriebsrates mit finanziellen Zuwendungen, Luxusreisen und Dienstleistungen korrumpiert wurden, bestens vertraut. „Er ist einer der bekanntesten Strafverteidiger Deutschlands, das kann man so sagen“, begrüßte Paul-Josef-Raue den Politiker und Juristen Kubicki, dem die „Zeit“ im März ein ganzes Dossier widmete.

web_raue_kubicki

Pressemäßig gesehen hat Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki auch derzeit gleich drei Eisen im Feuer: Der „Leipziger Volkszeitung“ offenbarte er seine Sympathien für den rot-grünen Präsidentschaftskandidaten Joachim Gauck. Trotzdem rechnet er dem einstigen Stasi-Nachlass-Verwalter keine Gewinnchancen zu, die Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung seien eindeutig. Ganz klar, auch die Journalisten in Eisenach wollten von Kubicki einen Tipp, wer unser neuer Bundespräsident wird:

[audio:http://www.drehscheibe.org/weblog/wp-content/uploads/2010/06/wulf_kubicki.mp3|titles=Präsidentenfrage_kubicki]

Als nächstes macht er als 1. FDP-Politiker, der Steuererhöhungen nicht mehr ausschließt, von sich reden. Eine bemerkenswerte Aussage – schließlich hatten die Liberalen im Bundestagswahlkampf das Gegenteil versprochen. Kubicki schlägt vor, den Spitzensteuersatz zu heben, um gleichzeitig die kleinen und mittleren Einkommen zu entlasten.

[audio:http://www.drehscheibe.org/weblog/wp-content/uploads/2010/06/steuer_kubicki1.mp3|titles=Erhöhung des Spitzensteuersatzes_kubicki]

Und schließlich berichten noch die „Lübecker Nachrichten“, dass sich der FDP-Chef für die Legalisierung von Online-Casino-Spielen und Sportwetten im Internet stark mache, die derzeit im Schwarzmarkt blühten. „Nach Ansicht des Präsidenten der Staatlichen Lotterieverwaltung in Bayern, Erwin Horak, muss sich die Regierung in Schleswig-Holstein fragen lassen, ob sie „aus ihrem Land wirklich ein ‚Las Vegas‘ machen will“, schreibt die Zeitung aus der Hansestadt.

Auch auf dem Microbloggingdienst „Twitter“ wird fleißig über Kubicki gezwitschert, wie ein kleiner Auszug hier zeigt:

web_kubicki_twitter

Kubicki selbst ist in keinem Netzwerk vertreten. „Aber meine Frau“, betont er gerne und natürlich hat auch sein Pressebüro alle Verlautbarungen im Blick, die heute per Internet schneller als je zuvor verbreitet werden.

[audio:http://www.drehscheibe.org/weblog/wp-content/uploads/2010/06/steuer_kubicki2.mp3|titles=Internet_kubicki]

Trotz seines langen Arbeitstages – Aufstehen um 6 Uhr in der Früh – und einer Rückreise von mehr als vier Stunden von Eisenach nach Kiel: der charismatische Politiker, der rund 200 Telefonnummern von Journalisten in seinem mobilen Telefon gespeichert hat, gönnt sich noch einen Schoppen Weisswein in lockerer Biergartenatmosphäre mit den Lokaljournalisten.

Das hat uns gut gefallen.

 

2 Kommentare

  1. Jan Steeger sagt

    Die leidigen W-Lan-Netze in den Hotels können einen in der Tat den Spaß am Bloggen verderben. Es wird Zeit, dass LTE flächendeckend eingeführt wird und wir überall mit 20 bis 80 MBit/s surfen können. Aber vielen Dank für die schöne Zusammenfassung. Dass Kubicki Klartext reden kann, hat er schon in dem Zeit-Dossier eindrucksvoll bewiesen.

  2. Claudia Labude sagt

    Inge, da Applaus 2.0 schwer möglich ist, einfach ein kommentierter Dank für Deine Hilfe und Arbeit und Anregung uvm. Sitze im Zug, mit der druckfrischen Dokumentation in den Händen und kann von der Woche nur schwärmen! Tolle Begegnungen, spannende Vorträge, ergebnisreiche Gruppenarbeit…der Nutzwert wird sich noch weit in die Zukunft erstrecken und auch auf die Kollegen auswirken.

    Liebe Grüße von Claudia

    P.S.: Wenn Du denkst, die Verbindung war schon im Landhotel schlecht, fahr mal mit Surfstick im Regionalexpress 😉

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