Alle Artikel in: Redaktionskonferenz Flüchtlinge 2018

So gehen Lokaljournalisten nicht baden

Drei Tage mit Impulsvorträgen, gemeinsamen Diskussionen und vielen Anregungen für den Redaktionsalltag sind vorüber. Die Redaktionskonferenz „Von Mossul nach Bad Mergentheim“ in Tutzing ging mit den kreativen Präsentationen der Arbeitsgruppen zu Ende. Die Ergebnisse zeigen Wege, wie es Lokaljournalisten bei der Berichterstattung über Geflüchtete gelingen kann, kompetent und mit Haltung zu schreiben – ohne Neutralität zu verlieren. Daten, Fakten, Migration Wer über Geflüchtete schreibt, findet sich schnell im Begriffsdschungel wieder. Die Arbeitsgruppe 1, betreut von Sylvia Binner schaffte Licht im Dunkeln: Wo bitte gibt es verlässliche Informationen zu Flüchtlingen und Einwanderung? Flüchtling, Asylbewerber oder nur „geduldet“ – die Begriffe verschwimmen. Die Fakten auch. Es wird eine Schneise durch das Informationsdickicht geschlagen – von Ausländerbehörde über BAMF bis zur Bundespolizei – und Handwerkszeug erarbeitet, um den Gerüchtesumpf trocken zu legen. Die Arbeitsgruppe erstellt einen alltagstauglichen Rechercheleitfaden, der die Arbeit an Migrationsthemen erleichtert. Ergebnisse Arbeitsgruppe 1 Haltung zeigen im Gegenwind Über Leserbriefe und Social Media bekamen Redaktionen in den letzten Jahren viel Gegenwind. Wie Journalisten und Journalistinnen damit umgehen können, erarbeitete die Arbeitsgruppe 2 von Andreas Helfer: …

Mitmischen oder raushalten?

Jeder Journalist hat eine Haltung. Aber darf er die im Job auch zeigen? Oder muss Journalismus immer neutral bleiben und nur Pro und Contra abwägen? Wie Lokalzeitungen sich in Zeiten gesellschaftlicher Herausforderung verhalten sollen, war Thema einer Podiumsdiskussion zwischen Stefan Aschauer-Hundt, dem ehemaligen Chefredakteur und Geschäftsführer des Süderländer Tageblatts, und Heike Groll, Sprecherin der Jury des Konrad-Adenauer-Preises. „Wir haben uns als Zeitung, als Redaktion, aktiv in die Flüchtlingsarbeit in Plettenberg mit eingebracht und mitgeholfen bei der Zweitverteilung“, erzählt Stefan Aschauer-Hundt. „Es war die Phase ganz am Anfang des Jahres 2015 als im Prinzip jeden Tag ein Bus in Plettenberg ankam und der Bürgermeister morgens nicht wusste, wo die Flüchtlinge unterkommen sollten, wo das Erstaufnahmelager aus allen Nähten platzte und wir als Zeitung die Aufgabe mitübernommen haben, von dort aus Flüchtlinge in feste Wohnungen zu bringen.“ Der damals kleinste Verlag NRWs nutzte dafür seine Vertriebswagen – in der Not nicht zu helfen, war für Aschauer-Hundt, der damals Chefredakteur war und aus der Verlegerfamilie stammt, keine Option. „Erstens haben wir das gemacht, weil es uns als Christen …

Zeigt die Realität, nicht die Klischees!

Frau mit Kopftuch, traurige Kinderaugen, Smartphones in den Händen. Wenn Zeitungen Flüchtlinge darstellen, zeigen die Bilder oft vor allem Stereotype. Michael Kappeler, Cheffotograf der dpa erklärt, wie bessere Bilder gelingen. „Ich habe weder die Eltern gefragt, geschweige denn beide Elternteile, so wie es in Deutschland üblich wäre. Ich habe einfach nur abgedrückt“, erklärt Michael Kappeler als er ein Bild an die Wand wirft, das Kinder in einem Flüchtlingslager zeigt. Wenn es um die Bebilderung von Flüchtlingsthemen geht, stellen sich oft moralische und rechtliche Fragen. Kappeler, Cheffotograf bei der Deutschen Presse Agentur (dpa), plädiert dafür solche Bilder trotzdem zu machen, wenn sie einen größeren Zusammenhang greifbar machen  – wie die Migrationsbewegungen über die Balkanroute im Sommer 2015. „Das übergeordnete Ziel sticht in dem Fall das Persönlichkeitsrecht aus. Wenn ich aber das Gefühl habe, dass Leute nicht fotografiert werden wollen, dann respektiere ich das auch.“ Die Macht der Bilder Bilder dienen als Proof der Authentizität. „Nur was sichtbar gemacht wird, hat tatsächlich stattgefunden“, betont Kappeler. Wie etwas dargestellt wird, entscheidet mit darüber, ob sich Stereotype bilden oder …

Wo geht’s zum Asylantrag?

Wenn ein Flüchtling nach Deutschland kommt, stellt er einen Asylantrag. Aber was passiert dann? Wie die Herkunft festgestellt werden kann, wie die Entscheidung über den Antrag abläuft und wo die Probleme liegen, berichteten Ramona Specht und Julia von der Burg vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. „Das Annehmen der Asylanträge der Menschen, die zu uns gekommen sind, war angesichts der Zahl eine ganz große Herausforderung. Wir waren mittendrin im Auge des Orkans – auch was die Wirksamkeit in der Öffentlichkeit anging.“ Wenn Julia von der Burg vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über den Sommer 2016 redet, spricht sie von großen Problemen, mit denen die Behörde konfrontiert war und stellt gleich eines klar: Das BAMF kümmert sich nicht nur um die Bearbeitung von Asylanträgen, sondern hat insgesamt vier Arbeitsbereiche. Asyl Neben den Asylverfahren, fallen unter diese Säule auch Resettlement (direkte Aufnahme von Flüchtlingen aus Krisenregionen), humanitäre Aufnahme und Relocation (Umverteilung innerhalb der EU) Programme sowie Rückkehrförderung. Aber: „Wir haben nichts damit zu tun, abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimatländer zurückzuführen. Das ist Ländersache, bei uns …

Nachsitzen bitte!

Zu undifferenziert, zu unkritisch und nicht nah dran an den Flüchtlingen. Das sind die Ergebnisse der Studie von Michael Haller zur Berichterstattung der Medien während der „Flüchtlingskrise“. Aber der Medienwissenschaftler hat nicht nur Kollegenschelte mitgebracht, sondern auch Ansätze, wie es besser gehen kann. Mediennutzer sind anspruchsvoll. Das ist das erste, was Michael Haller den 30 Lokaljournalisten und Lokaljournalistinnen aus ganz Deutschland mit auf den Weg gibt. Sie erwarten umfassende Informationen – also die Darstellung verschiedener Positionen und Akteure – eine klare Trennung zwischen Nachricht und Meinung sowie neutrale Berichte. Das deckt sich größtenteils mit den Vorgaben der Landesmediengesetze und dem eigenen Anspruch an die journalistische Profession. Nur: In der Berichterstattung zur „Flüchtlingskrise“ konnte die Mehrzahl der Medien diesen Ansprüchen nicht gerecht werden und hat damit ihre Glaubwürdigkeit bei den Nutzern gefährdet. In seiner Studie hat Haller in Zusammenarbeit mit der Uni Leipzig und der Hamburg Media School 35.000 Artikel im Zeitraum von Januar 2015 bis März 2016 untersucht. Sie stammen aus den fünf reichweitenstärksten Online-Newsmedien, den drei Print-Leitmedien SZ, FAZ und Welt (z.T. mit Bild), …

„Integration gelingt nur, wenn Grundrechte für alle gelten“

Der Weg zur gelungenen Integration von Flüchtlingen ist lang und kompliziert. Die Soziologin Dr. Necla Kelek hat in ihrem Vortrag dargestellt, wie es um die Integration in Deutschland steht, wovon sie herausgefordert wird und woran sie zu scheitern droht. „Wenn wir bürgerlichen Parteien, bürgerlichen Menschen und die, welche die Fähigkeit haben zu schreiben, die Migrationspolitik nicht auch kritisch betrachten, dann werden es Rechte tun.“ Kelek macht auch gleich zu Beginn deutlich: Die Integration der muslimischen Flüchtlinge in die deutsche Gesellschaft ist ein schwieriger Prozess. Den Grund dafür sieht sie in den islamischen Strukturen, in denen diese Menschen in ihren Herkunftsländern aufgewachsen sind. Dadurch stünden ihre Werte zum Teil konträr zu westlichen Werten, wenn es etwa um Menschen- oder Frauenrechte geht. Der Islam fordert die Gesellschaft heraus Besonders das muslimische Familienrecht sei ein weißer Fleck in Forschung und Gesellschaft, gleichzeitig aber zentral für das Verständnis der Forderungen von muslimischen Verbänden. „In allen islamischen Ländern werden die Geschlechterverhältnisse nach dem islamischen Recht geregelt. Es ist der Islam, der den kulturellen Hintergrund dafür gibt und bildet. Heirat, Scheidung, …