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Sven Gösmann: „Journalismus und PR müssen getrennt bleiben“

Auf dem Forum Lokaljournalismus lieferten sich Tom Schimmeck und Sven Gösmann (Rheinische Post) einen spannenden Schlagabtausch über das Verhältnis von Journalismus und PR. Während Schimmeck vor allem auf die Gefahr hinwies, die eine gut ausgestattene PR-Maschinerie für die unter Spardruck stehenden Redaktionen darstellt, machte der Chef der Rheinischen Post deutlich, dass professionelle PR auch Chancen für Journalisten bietet, schnell an Informationen zu kommen. Das setze allerdings einen „selbstbewussten Journalismus voraus, der PR nutzt, sich aber nicht von ihr ausnutzen lässt.“ Grund genug für uns, ihm nach dem Podium zu einem kleinen Video-Interview zu bitten.

Joachim Braun über die Rolle der Lokalzeitung bei Bürgerprotesten

Die Stuttgarter Zeitungen haben viel Kritik einstecken für ihre Berichterstattung über Stuttgart21 – von Befürwortern des Bahnprojekts wie von Kritikern gleichermaßen. Aber wie sollten Lokalzeitungen sich verhalten, wenn sich in ihrem Verbreitungsgebiet Bürgerprotest regt? Fordert der neu ausgerufene Wutbürger auch eine neue Rolle der Lokalzeitung ein? Joachim Braun, Redaktionsleiter des Tölzer Kuriers und designierter Chefredakteur des Nordbayerischen Kuriers, glaubt, dass es schon immer Aufgabe der Lokalzeitung war, die Anliegen der Schwächeren zu transportieren. Eine gut gemachte Zeitung müsse sich immer die Nähe zum Rathaus meiden und sich als Dienstleister der Leute verstehen, sagt Braun im Video-Interview. Dennoch sollten die Zeitungen die Bürgerprotestsprozesse stärker moderieren: „Wir müssen alle Geißler werden.“ Dazu brauche die Zeitung auch nicht notwendig die Unterstützung der Blogger vor Ort: „Wenn es eine Lokalzeitung schafft, das Geschehen vor Ort abzubilden, muss sie nicht mit Blogs kooperieren.“

Was hat das Forum gebracht, Frau Teschner?

Bevor sich alle Teilnehmer wieder aus Waiblingen verabschiedeten, wollten wir natürlich erfahren, was sie vom 19. Forum Lokaljournalismus mit nach Hause nehmen. Katrin Teschner, Reportage- und Textchefin der Braunschweiger Zeitung und Mitglied im Projektteam Lokaljournalisten der bpb, stand uns Rede und Antwort. Sie glaubt, dass die Zeitungsmacher mehr Mut zum Experiment brauchen und auch Fehlschläge sie weiterbringen. Auf dem Forum Lokaljournalismus sei aber bereits ein Fundament für die „neue Architektur des Lokaljournalismus“ geschaffen wurde. Bei der Braunschweiger Zeitung sieht sie als kommende Aufgabe, den Webauftritt zu optimieren und das Konzept der Bürgerzeitung im Web2.0 fortzusetzen. Bleibt abzuwarten, was sie auf dem nächsten Forum darüber berichten wird.

Ein Gespür dafür haben, wo etwas faul ist – Recherche im Lokalen

Gute Recherche ist ein Qualitätsmerkmal, das Zeitungen auszeichnet. Recherchieren aber will gelernt sein. Fünf Fragen an Christine Kröger, die beim Weser-Kurier aus Bremen die Redaktion Ausbildung und Recherche leitet. Welchen Stellenwert sollte denn die Recherche bei der Ausbildung von Volontären haben? Man kann ihn nicht hoch genug ansetzen. Recherche heißt ja nicht nur investigative Recherche. Man benötigt Recherche-Techniken zum Beispiel auch für eine Reportage. Selbst bei einem Interview sollte ich vorher recherchieren, damit ich eine überraschende Frage stellen kann.

Lehren aus Winnenden: Der innere Pressekodex

Laut einer Studie der TU-Dresden haben nur ein Drittel der Deutschen Vertrauen in Journalisten, unter jungen Menschen sind es nur 25 Prozent. Die Mehrheit glaubt nicht an die Wahrheit der journalistischen Produkte und schätzt Journalisten sogar mächtiger ein als Politiker. Dieses so wahrgenommene Machtverhältnis kritisieren sie. Prof. Dr. Wolfgang Donsbach stellt zu Beginn der Podiumsdiskussion „Sündenfall Winnenden – oder was ist mit der journalistischen Ethik in der Praxis“ erschreckende Umfrageergebnisse vor. Er fordert einen Schutz von Journalisten, die sich der Tageshektik bewusst entziehen. Die professionelle Entscheidungen zugunsten ihre Leserschaft oder von Betroffenen treffen und dabei ökonomische Erwartungen gegebenenfalls nicht erfüllen.

Neue Zeiten, neue Strukturen

Wie innerhalb des Verlags auf den Medienwandel reagieren? Auf dem Forum Lokaljournalismus wurden neue Strukturmodelle aus drei Verlagen vorgestellt. „Neue Redaktionsstrukturen für die Lokalzeitung“ lautete der Titel des Workshops, in dem Wolfram Kiwit (Ruhr Nachrichten), Christine Kröger (Redaktion Ausbildung und Recherche beim Weser-Kurier, im Bild rechts) und Markus Kater (Lokalchef Nordsee-Zeitung, im Bild links) von Neuerungen aus ihren Verlagen berichteten.

Da brouwt sich was zusammen im Hyperlokalen

Bart Brouwers hat einen Traum. Er will 16 Millionen Holländer in einem landesweiten Netzwerk für hyperlokale Nachrichten und Informationen verbinden. 16 Millionen, ganz Holland. Der Name: Dichtbij.nl. Ein ehrgeiziges Ziel, denn das Ganze soll auch rentabel werden, das heißt Gewinne abwerfen für die Telegraaf Media Group, deren lokale Online-Aktivitäten Brouwers leitet.