Modellseminar DNA 2014

Gruppe Recherche: Was lief besonders gut? Und wo finde ich Themen?

Arbeitsgruppe Recherche bei der ArbeitGleich geht es weiter mit der Gruppenarbeit. Doch was haben die einzelnen Gruppen bisher erreicht? Das Protokoll des ersten Arbeitstages der Gruppe Recherche: Brainstorming – Kollegen erzählen von besonders gelungenen Recherchen.

Britta Bielefeld, Göttinger Tageblatt: Wir haben den Organspende-Skandal aufgedeckt. Eine Recherche, die uns später den Wächterpreis einbrachte. Ausgangspunkt war die E-Mail eines Lesers. Wir hatten den Eindruck, dass es sich um einen Insider handelt und haben nachgefragt. Das brachte den Stein ins Rollen.
Joachim Willisch, Märkische Allgemeine: Es war ein klassischer Bread & Butter-Termin beim Stasibeauftragten. Er deutete an, dass es in einer Gemeinde der Region einen schwer stasibelasteten Bürgermeister gibt. Wir nahmen das im Jahr 2009  zum Anlass für eine umfassende Recherche. Dabei fanden wir viele Opfer des ehemaligen Stasispitzels. Wir forderten die Stasiakte des Bürgermeisters an und konnten so auch seine Beteiligung an einer Wahlfälschung nachweisen. Am Ende wurde der Bürgermeister abgewählt.

Ein Beispiel für eine schlechte Recherche ist bedingt durch die Personalknappheit. Asylbewerber aus einem Ort in unserem Verbreitungsgebiet meldeten sich bei uns – sie fühlten sich bedroht, in ihrer Unterkunft nicht sicher. Da sind wir nicht tief genug reingekommen, haben nicht mit den Betroffenen geredet. Mehr wäre möglich gewesen.

Frank Schmälzle, Nordbayrischer Kurier: Zwei Beispiele – Gustl Mollat und Peggy Knobloch. Beide wurde von unserem  Chefreporter Otto Lapp betreut – ein super Rechercheur, der hat überhaupt keine Hemmungen. Er hat den direkter Kontakt zu Susanne Knobloch hergestellt – sprach lange mit ihr, fand eine persönliche Basis. Dadurch kamen wir an Unterlagen, die nicht jeder hat.

Lapp wird auch ganztägig für Recherchen freigestellt. Deswegen konnten wir im Fall Mollat mit Details aufwarten, die vielen anderen fehlten.

Michael Husarek, Nürnberger Nachrichten: Ein Kollege von uns hat damals den Fall Mollat mit ins Rollen gebracht. Er war von Anfang an deutlich pro Mollat positioniert, was sich auch auf die Richtung unseres Blattes ausgewirkt hat. Das birgt aber auch eine Gefahr – nach Möglichkeit setzen wir bei derartig umfangreichen Recherchen zwei oder drei Kollegen ein, um ein breiteres Meinungsbild zu haben.

So haben wir es im zweiten Fall gehalten:  Beim Fall des wieder aufgerollten Knobloch-Prozesses waren von  Anfang an zwei Kolleginnen im Einsatz – eine Gerichtsreporterin und eine Kollegin aus der Regionalredaktion. Dadurch hatten wir auch zwei verschiedene Perspektiven in der Berichterstattung – eine juristische, ein vor Ort.

Nico Wendt, Torgauer Zeitung:  Schnell stellte sich heraus – die neu gewählte Bürgermeisterin in einer kleinen Gemeinde war völlig unfähig. Nach unserer Berichterstattung gab es ein Abwahlverfahren, die Betroffene klagte dagegen, bekam erst Recht, musste dann doch das Amt aufgeben. Die ganze Zeit über war ein Kollege am Thema dran. Das war 2011/2012. Heute ist die personelle Besetzung so knapp, dass wir solche Recherchen nicht mehr leisten könnten.

Andrea Pauly, Frankenberger Zeitung: Einem Kollegen fiel auf, dass der Landrat permanent auf Dienstreisen war. Er suchte im Haushalt nach den Reisekosten – die waren immens. Auf massiven Druck hin gelang es uns, an die Reisekostenabrechnungen zu kommen. Dabei kam heraus, dass zahlreiche Privatreisen ohne jeden dienstlichen Anlass als Dienstreisen abgerechnet wurden. Wir recherchierten weiter und fanden heraus, dass sich der Politiker privat bereichert hatte. Konten in der Schweiz tauchten auf, am Ende stand die Anklage durch die Staatsanwaltschaft.

Von einer umfassenden Recherche kann man langfristig profitieren:  Als Volontärin habe ich eine große Serie über eine große psychiatrische Klinik mit forensischer Abteilung geschrieben. Bis heute bin ich die einzige, die wirklich den Durchblick bei den einzelnen Abteilungen hat und werde regelmäßig von den Kollegen konsultiert.
Brainstorming: Wie findet man Themen?

  • wenn man über etwas stolpert, nicht weitergehen
  • Leserhinweise ernst nehmen
  • Sorgentelefon
  • Nachfragen
  • Vor Ort sein, nicht nur am Telefon recherchieren
  • Facebook
  • persönliche Kontakte pflegen, Vertrauen schaffen
  • Vorbereitung ist alles, Tagesordnungen lesen
  • Google Alerts
  • Facebook-Aufrufe
  • Miteinander reden / Mittagessen
  • Wiedervorlage
  • Einfach mal spinnen
  • In Serien denken
  • Austausch der Themenplanung / Abgucken erbeten
  • 1x monatlich Chefredakteur für 1 Tag