Modellseminar Kommunalpolitik 2014

SZ bekommt noch dieses Jahr eine Paywall

Querdenken nennt Birgit Kruse ihre Präsentation, die sie am Dienstagnachmittag in der Theodor-Heuss-Akademie hält. Die Ressortleiterin München-Region Bayern von sueddeutsche.de zeigt neue Formate, die auch Kollegen im Alltagsgeschäft umsetzen könnten.

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Die neue Form der News

Nachrichten entstehen auf sz.de seit kurzem modular. Sie alle sind ähnlich aufgebaut: Teaser, ein paar zentrale Bulletpoints, die den Kern der Geschichte anreißen; danach der Hauptteil der Nachricht, der so aufgebaut ist, dass Onlineredakteure die Bausteine bei Aktualisierungen ohne große Mühe austauschen können. „Das hat sich bei uns sehr bewährt, weil wir in einem Schichtsystem arbeiten. Nachrichten werden auch übergeben“, sagt die Ressortleiterin. Klar sei die Produktion aufwendig, aber danach leicht zu bearbeiten und an den Klickzahlen könne man ablesen, dass das neue Format auch bei den Lesern gut ankommt.

Gleich aufgebaut wie die „News“ ist der Newsblog, der sich besonders bei Ereignissen mit ungewissem Ausgang anbietet. „Was als Newsblog und was als News erscheint, ist bei uns eher Bauchgefühl, aber meist ist es so, dass wir einen Newsblog erstellen, wenn wir nicht wissen, wann Ereignisse abgeschlossen sind“, sagt Kruse. Auch wenn der Newsblog ständig erweitert werden kann, ist nach einem Tag Schluss: „Wir schließen immer in der Nacht mit einem Blog ab. Länger als einen Tag sollte man so etwas nicht laufen lassen, weil das ermüdet – auch die Redakteure.“ Gesammelt erscheinen die Blogs dann auf einer Newsblog-Seite, auf der man auch schmökern kann.

Nachhaltige Projekte mit Datenjournalismus schaffen

Ein weiterer Schwerpunkt der Onlineredaktion sind datenjournalistische Projekte. Kruse selbst hat zum Beispiel vor zwei Jahren den 3.500 Seiten starken Planfeststellungsbeschluss zur 3. Start-/Landebahn am Münchner Flughafen gewälzt und anhand der grafisch aufbereiteten Daten gezeigt, welche Folgen der Bau für die Umgebung hätte. Dazu gab es ein Umfragetool, mit dem nicht nur die Münchner – die sich auf Stadtebene an der Abstimmung beteiligen durften – über das Projekt abstimmen konnten, sondern die sz.de-Leser. Die votierten mehrheitlich für das Bauprojekt, bei der richtigen Abstimmung gab es dagegen mehr Nein- als Ja-Stimmen.

Eine sehr aufwendiges „Spiel“ der Redaktion war die Weiterentwicklung des bpb-Wahlomaten. Die sz-Onlineredaktion hat den Wahlomat auf kommunaler Ebene weiterentwickelt und an 12 Parteien (die zwei Rechtsextremen, die zur Kommunalwahl ebenfalls antraten, nahmen sie nicht rein – nach Frau Kruse mit einer nachvollziehbaren Begründung) einen Fragekatalog geschickt, der als Grundlage für den Wahlthesentest diente. „Da waren nicht nur seriöse Fragen dabei, sondern auch solche wie: Sind Sie schon einmal bei Rot über die Ampel gegangen?“ Die App sei ziemlich erfolgreich gewesen – „und die Wahlempfehlung stimmte zumindest für die Redaktionsmitglieder“.

Ganz neu ist ein Projekt, bei dem es um den alten Streit zwischen Autofahrer und Radfahrer geht: Der Gefahrenatlas Münchens soll mit der Beteiligung von Lesern Gefahrenzonen kennzeichnen und ständig weiterentwickelt werden. „Es gibt kaum andere Themen in München, die so sehr polarisieren wie Kita-Plätze und Auto- bzw. Radfahrer“, meint Kruse.

Neben der Entwicklung von neuen Formaten, die sich die Redaktion selbst ausdenkt, sei die nächste Baustelle, einen pointierteren Stil zu finden: „Wir wollen einen Stil entwickeln, womit man sz.de identifiziert, der sich von anderen Onlinebeiträgen abhebt.“ Ebenfalls in der Pipeline: Eine Paywall, die noch dieses Jahr kommen soll. „Wie sie konkret aussehen wird, kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen – aber es wird ein Kontingent an freien Artikeln geben und auch die News wird man weiterhin lesen können.“

Die Präsentation von Ressortleiterin Kruse finden Sie hier.