Alle Artikel in: Redaktionskonferenz 06/2016

Nicht totdiskutieren, machen!

Uwe Renners, Ressortleiter Digital beim Nordbayerischen Kurier, sprach gestern auf Konferenz Lokaljournalismus 4.0 über Kommunalpolitik auf allen Kanälen und heute über iPhone at its best. Schon vorher haben wir mit ihm über digitale Dos and Don’ts und ihre Chancen für den Lokaljournalismus gesprochen. Alle Kanäle zu bedienen galt lange als nerdig, heute gehört es zu jedem Volontariat. Was muss denn der einzelne Journalist wirklich können und was ist nur gehypt? Das Wichtigste ist, anders zu denken. Es ist ein Problem, wenn die Leute mit einem Text von einem Termin wiederkommen, und ihnen erst später auffällt, dass man noch eine Grafik machen könnte. Lohnt es sich ein Video zu machen? Brauche ich Daten als Excel-Datei? Wichtig ist, sich diese Fragen rechtzeitig zu stellen, und an alle Kanäle zu denken. Dann sucht man sich zum Beispiel jemanden aus der Redaktion, der Ahnung von Datenjournalismus hat, und kann zusammen aus der 25-seitigen Pressemappe mit Polizeistatistiken die Unfallzahlen nehmen und ganz neu darstellen. Plötzlich sieht man, die Parkplätze bei Real und Aldi sind tiefrote Unfallpunkte. So kann eine ganz …

Mehr Mut im Lokalen

Horst Seidenfaden, Chefredakteur bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeine (HNA) in Kassel, ist ein Veteran des Lokaljournalismus. Auf zahlreichen bpb-Foren hat er den Wandel der Branche begleitet und kommentiert. Mit einem herausfordernden Grinsen, perfekt sitzendem Jackett und schlohweißem Haar betritt er an diesem Morgen die Bühne. Sein Redemanuskript besteht lediglich aus ein paar zusammengekritzelten Notizen. Er braucht sie nicht. Seinen Appell hat er verinnerlicht. „Mut ist für mich Mut zur Veränderung.“ Und in den letzten 20 Jahren hat sich bei Lokalzeitungen viel verändert. Die Optik ist neu, aber auch Darstellungsformen und Konzepte. Über Ratssitzungen wird heute lebendiger berichtet als noch 1996. Aber auch besser? Eine schwierige Frage. „Alles was für tun beruht zu 95% auf Berufserfahrung, Lebenserfahrung und journalistischem Instinkt“, sagt Seidenfaden. Gerade in Print sind Erfolg und Misserfolg schwer zu erkennen. Rückmeldungen gibt es nur wenige, und Leserforschung ist teuer – und hat sich auch erst in den letzten Jahren etabliert. „Ich kenne keine Branche, in der auf Marktanalyse so konsequent verzichtet wird wie in der Zeitungsbranche.“ Dies liege daran, dass die Verlagsbranche über Jahrzehnte hinweg …

Uwe Renners: „Alle machen online“

Um Geschichten multimedial zu erzählen, muss man kein Online-Profi sein, ist Uwe Renners, Ressortleiter Digital/Online beim Nordbayerischen Kurier, überzeugt. „Jeder, der das will, schafft das auch.“ Im Gespräch mit Maike Wessolowski, Leiterin der Lokalredaktion Dillingen der Zeitungsgruppe Lahn-Dill, stellt er verschiedene Projekte seiner Zeitung vor, die alle mit frei verfügbaren, kostenfreien Tools umgesetzt wurden. 1.BEISPIEL: In Bayreth soll ein umgestürzter Kran wiederaufgerichtet werden * ein Redakteur filmt die Aktion mit seinem I-phone, zur Übertragung nutzt er das Tool Bambuser. Die Aktion hatte 10.000 Zugriffe, sagt Renners. Hier geht’s zur Umsetzung. Hier zum Tool Bambuser. 2. BEISPIEL: Die Diskussion um die Sanierung der Stadthalle Lokalpolitik * Renners Ausgangsthese: „Das Thema interessiert die Leute nicht besonders, weil sie sich nicht betroffen fühlen“. Daraus entsteht die Idee einer Online-Umfrage: Bayreuther werden in einem Video zur Stadthalle befragt: Ob sie wissen, wann sie gebaut wurde, wie viele Personen sie fasst, an wie vielen Tagen sie genutzt wird und was die Sanierung kosten würde. Falsche Antworten wurden mit einem Fehler-Ton unterlegt. Hier geht’s zur Umsetzung. * mit dem Tool riddle.com entwickelte die Redaktion zudem …

Drohnen zum Frühstück

„Was bedeutet Heimat für uns in 10 oder 20 Jahren?“ fragt Peter Burger, stellvertretender Chefredakteur der Rhein-Zeitung zu Beginn seines Vortrags und steigt damit direkt in die Präsentation einer umfangreichen Serie „Heimat in Zukunft: Wie wollen wir leben in 2035“ ein, die im vergangenen Jahr von einer 15-köpfigen Arbeitsgruppe der Rhein-Zeitung koordiniert und strukturiert wurde. Die Fakten zur Serie – 6 Wochen läuft die Serie jeweils an einem Tag im Mantel und an fünf Tagen im Lokalen von Mitte Oktober bis Ende November 2015 – 13 Lokalausgaben werden bespielt, 14 Lokalredaktionen sind beteiligt – 200 Seiten mit mehreren hundert Beiträgen erscheinen – 50 Redakteure und zusätzlich Volontäre, Fotografen und freie Mitarbeiter sind eingebunden Vom Brainstorming zur Zukunftsvision: die Umsetzung Um die Mammutaufgabe zu stemmen, organisiert Burger und sein Team mehrere Treffen, auf dem unter anderem ein regionaler Zukunftsforscher von der Uni Koblenz spricht und die Arbeitsgruppe im Brainstorming potentielle Themenbereiche ausmacht. Einen wichtigen Partner findet die Zeitung auch in der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e.V.: „Die waren sofort an Bord, als sie von unserem Projekt gehört haben“, …

Helmut Frangenberg: So geht Kommunalpolitik

Über Kommunalpolitik zu berichten kann mitunter langweilig sein, sagt Helmut Frangenberg, Redakteur des Kölner Stadt-Anzeigers. Langweilig, vor allem aber auch kompliziert. Als ihn ein Kollege bei der Redaktionskonferenz fragte, wie das genau sei mit den Ausschüssen, und wie Kommunalpolitik eigentlich funktioniere, kam Frangenberg die Idee zu einer Erklär-Serie. „Denn wenn die Kollegen schon diese Fragen haben“, sagt er, „dann haben die Leser sie erst recht.“ Frangenberg plante und bearbeitete die Serie allein, unterstützt von einer Layouterin. Die Arbeit lief neben dem Tagesgeschäft. UMFANG * es gab zwei Durchgänge: 2014 anlässlich der Wahl des Stadtrates (6 Folgen), 2015 zur Wahl des Oberbürgermeisters (6 Folgen). * Serie läuft zwei Mal in der Woche.   HINTERGRUND * Serie soll nicht nur Ämter beschreiben, sondern auch Funktionsweise und Zusammenarbeit in der Organisation * einer der Bestandteile war ein Ranking zur Frage „Wer hat wie viel Macht?“ Frangenberg führte dazu Gespräche mit verschiedenen Politikern, um sich abzusichern. Niemand habe das Ranking beanstandet, sagt er.   LAYOUT * Serie orientiert sich an „Schulbuchoptik“, sollte einfach und schnell verständlich sein. * hilfreich: Die Art …

Das glokalisierte Dorf

Was ist da los? Ein Fehler gleich in der Überschrift? Es heißt doch globales Dorf! Unter diesem Schlagwort hat der visionäre Medientheoretiker Marshall McLuhan schon vor Jahrzehnten angesichts von Globalisierung und Vernetzung darauf hingewiesen, dass alles miteinander verschmilzt. Und dass sich diese Vision längst in unseren digitalen Zeiten bestätigt hat, wird wohl niemand mehr bezweifeln – immerhin passiert heute alles gleichzeitig und vor allem sind alle gleichzeitig dabei. Auch Prof. Dr. Wiebke Möhring, die seit rund 20 Jahren zum Lokaljournalismus forscht, widerspricht McLuhan nicht. Aber sie macht klar: „Die Vision einer raumlosen Gesellschaft hat sich nicht bestätigt!“ Lokale Identitäten und Besonderheiten seien nicht aufgehoben. „Wir als Menschen brauchen Räume. Eine Welt ohne Orte ist nicht möglich“, sagt Möhring. Globalisierung und Digitalisierung hätten nichts daran geändert, dass sich die Menschen Orientierung, eine Reduktion gesellschaftlicher Komplexität und eine vertraute Umgebung wünschen. Diese Bedürfnisse können lokale Räume und folglich auch der Lokaljournalismus befriedigen. „Es mag banal klingen, aber Sie müssen die richtigen Informationen liefern“, erklärt Möhring. Bringen Sie nicht nur eine Nachricht! Ordnen Sie die Dinge ein, erklären …

Ein Lokaljournalist deckt auf

Wenn Journalisten zu Ermittlern werden, decken sie auch mal einen Kriminalfall auf – so wie Wolfgang Kaes, der Chefreporter des Bonner General-Anzeigers. In Gummersbach erzählte der Krimiautor von seiner im wahrsten Sinne des Wortes spannenden Arbeit. Der Beruf des Kriminalkommissars ist dem des investigativen Journalisten in manchen Bereichen sehr ähnlich. Beide ermitteln und recherchieren im Idealfall akribisch. Und beide decken im Idealfall Missstände oder Verbrechen auf. Und so konnte sich Wolfgang Kaes zu Beginn seines Berufslebens auch nicht so einfach entscheiden, welchen Weg er denn einschlagen wolle. Schließlich wurde er Journalist – und deckte als solcher unter anderem einen 16 Jahre alten Vermisstenfall auf – den Fall einer Arzthelferin, die 1996 erstickt und im Wald verscharrt worden war. Für die „außergewöhnliche Rechercheleistung“ wurde Kaes 2012 vom MediumMagazin zu einem der „Journalisten des Jahres“ gekürt, auch den Henri-Nannen-Preis erhielt er. Doch wie kam es dazu? Der Weg zum lokalen Star-Reporter jedenfalls war lang und steinig – das erfuhren die Teilnehmerinnen un Teilnehmer der Redaktionskonferenz Lokaljournalismus 4.0 am Mittwochabend in Gummersbach aus erster Hand. Um sein Studium …