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Europa im schwäbischen Alltag

MeinEuropaWelchen Einfluss EU-Politik auf seinen persönlichen Alltag hat, recherchiert Martin Tschepe für eine Reportage in der Stuttgarter Zeitung. Zudem findet der Redakteur im Landratsamt heraus, wo EU-Fördergelder in Städte und in den Landkreis fließen, stellt die Europaexperten der Kreisverwaltung vor und liefert ein „Kleines Wahl-Einmaleins“.

Konzept eins: Europa bis zum Schlafengehen

Von der Konfitüre, die auf Wunsch der Briten nicht mehr Marmelade heißen darf, über die regelmäßige Kontrolle der Wasserqualität der heimischen Badeseen bis hin zur geschützten Herkunftsbezeichnung „Schwäbische Maultaschen“ – „Ich habe im Internet per Suchmaschine zu jedem Handgriff meines Europatags die passende EU-Verordnung gesucht und gefunden. Es gibt fast nichts, was nicht irgendwie geregelt ist“, erzählt Tschepe über seine Recherche. –> Reportage online und als PDF aus der Print-Ausgabe

drehscheibe-Tipp

Zwei weitere Ansätze zum Thema EU-Politik im Alltag finden Sie im Beitrag „Europa und ich – ein Selbstversuch

Konzept zwei: Themenseite „Europa vor Ort“

EuropaRems-Murr„Die EU pumpt Millionen in den Landkreis“ – Gespräch mit der Europabeauftragen des Kreises über die EU-Fördergelder für lokale Projekte. –> Zum Online-Beitrag

„Oft Europa im Kopf“ – Gespräch mit mehreren Mitarbeitern des Landratsamts, die sich in ihren Ressorts mit EU-Regeln befassen und in Kontakt mit EU-Beamten und Europaabgeordneten stehen.

„Kleines Wahl-Einmaleins“ – Sechs Fragen samt Antworten des Redakteurs zur Europawahl.

–> PDF der Themenseite

 

 

 

 

Kontakt zum Macher

Martin Tschepe

 

 

 

Martin Tschepe
Lokalredakteur der Stuttgarter Zeitung Redaktion Waiblingen
Telefon: +49 (0) 7151 95 808 23 Mail: m.tschepe°ät°stz.zgs°punkt°de

 

 

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Die Stuttgarter Zeitung erreichte mit den Stuttgarter Nachrichten laut IVW eine verkaufte Auflage von 188.001 Exemplaren im ersten Quartal 2014.

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Input: Print online weiterdenken – was man sich vornehmen sollte

Jens Nähler HNA Onlineredaktion„Wir Onliner machen womöglich einen anderen Journalismus, sind auch nicht immer Edelfedern, aber wir holen die Instrumente in die Redaktion um für alle Inhalte Reichweite zu schaffen.“ Und die braucht man. Instrumente, die heute Sinn machen, gibt es jede Menge. Vor wenigen Tagen ist der New York Times Innovation Report erschienen. Jens Nähler, Ressortleiter Online vom HNA, hat für den Input „Print online weiterdenken“ die Essenz rausgeholt und nennt ein Beispiel für guten Online-Journalismus nach dem anderen.

-Zu der Präsentation von Nähler inkl. Links: Präsentation Jens Nähler_ Print online weiterdenken

Zuerst digital, und zwar zügig: Traditionen überdenken

Bei der New York Times kommt Online zuerst:  „Digital First bedeutet, die bestmögliche digitale Berichterstattung zu produzieren ohne Rücksicht auf die Beschränkungen der Zeitung. Der letzte Schritt ist da, die vorhandene digitale Berichterstattung für die morgige Zeitung neu zu verpacken“, zitiert Nähler die Times und gibt ihr Recht. Er weißt auf Seiten wie Buzzfeed hin, deren Nachrichten auf Online-Dynamiken und Sozialen Medien basieren — und  immer erfolgreicher werden. Redaktionen müssten Veröffentlichungswege und althergebrachte Print-Traditionen mal von Grund auf hinterfragen. „Man muss das, was man hat, auch einfach mal raushauen. Ergänzen kann man die Artikel später noch“.

Der Traffic kommt über Social Media

Social Media ist laut Nähler ein Schlüssel-Tool und sei eine bessere Werbung als eine gute Überschrift. „Man kann die Überschrift nicht 1:1 übernehmen, es muss persönlicher sein, emotionaler, wie ein Cliffhanger“. Heftig.co arbeite viel mit Cliffhangern. Kein Beispiel für tiefgründig recherchierten Qualitätsjournalismus, aber: Cliffhanger würden stark unterschätzt und seien gerade im Hinblick auf metered Paywalls ein wichtiges Mittel, damit die Leute weiterlesen. „Wir müssen mehr mit Cliffhangern arbeiten“, sagt Nähler. Wobei man die Wechselwirkungen, die eine Paywall mit Social-Media-Content haben, nicht unterschätzt werden sollten. „Wenn die Leute einmal nach einem geteilten Inhalt vor die Paywall rennen, teilen die deine Inhalte nie wieder.“ Und das ist wichtig, denn facebook und Co. sind diejenigen, die richtig Traffic erzeugen. Ein Inhalt, der über Social Media gut lief, habe auch auf der HNA-Website über Tage (und Tage sind für Online schon was) die besten Klickzahlen geschaffen. Also: Es reiche nicht, einfach die Artikel auf die Homepage zu stellen. Die Zugriffszahlen auf die Homepage würden stetig sinken. Da geht einfach keiner mehr direkt drauf. Stattdessen muss man die User über andere Kanäle auf die Seite kriegen. „Facebook Posts sind wichtig. Lernt, für Facebook zu posten!“, fordert Nähler auf. Upworthy habe vor einiger Zeit eine 50-seitige Präsentation öffentlich zugänglich gemacht, ein hochgradig spannendes Dokument, mit dem man sich dem Phänomen annähern könnte (bald in Linkliste). Wie?

Bestehendes einfach mal neu verpacken

Polarisieren. Neu verpacken. Das gilt für „das Lernen von der Konkurrenz“. Aus einem gut laufenden Artikel eines Konkurrenten habe ein News-Anbieter auf facebook einfach mal ein Quiz entwickelt. Das sei nicht nur richtig gut gelaufen, sondern könnte auch jeder kinderleicht selbst machen. Auch eigenen Content könnte man problemlos so aufwärmen, dass er schmeckt: Für Archive rät Nähler, viel mit Schlagworten zu arbeiten. Dann könnte man auch älteren Content „neu zusammenstellen, und zeitlos wieder hervorholen“. Zum Beispiel in Form eines Dossiers zum aktuellen Anlass. Die HNA gebe den Journalisten übrigens an die Hand, dass sie dafür verantwortlich seien, ihre Geschichten zu Promoten. Wo auch immer es geht, Facebook, Twitter, Google Plus, und vieles mehr.

Gute Multimedia-Reportagen müssen nicht teuer sein

Eine Erkenntnis aus dem Report der New York Times war auch, dass die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen wie Marketing oder auch externen verstärkt werden müsse.  Gerade wenn es um hochwertiges Storytelling a la Snow Fall von der New York Times, Firestorm vom Guardian, NSA Decoded vom Guardian oder die Augsburger Bombennacht von der Augsburger allgemeinen geht. Aber gute Reportagen müssen nicht teuer sein: Auch ein freies Wiki könnte mit jede Menge Dokumenten genutzt werden, um eine Geschichte zu erzählen, Material zusammenzustellen. Speziell für das moderne Storytelling hat der WDR vor ein paar Wochen das kostenlose Tool Pageflow entwickelt, mit dem man leicht Bilder, Texte und Videos in moderner Optik zu einer Scroll-Story zusammenfügen kann. Auch WordPress würde sich sehr gut eignen, Themen gut und günstig einen vorzeigbaren Webauftritt zu verschaffen. Selbst die Auseinandersetzung mit Big Data, was als ziemlich zeitintensiv gilt, kann man sich einfach machen. Im DataBlog liefert der Guardian regemäßig guten Datajournalismus. Mit tools wie Datawrapper ist das kostenlos möglich. „Datenjournalismus ist noch nicht ganz bei uns im Arbeitsalltag angekommen, aber das wird er, man kann damit spannende Geschichten machen“, sagt Nähler. Auch der Rechercheaufwand muss beim Storytelling nicht gleich astronomisch sein: Auf Berlinfolgen lässt die taz ganz normale Menschen aus ihrem Leben erzählen, optisch ansprechend mit großflächigen Fotos und Videos.

Ticker und Streams bieten Chancen

Ein weiteres interessantes Feld für Innovationen sei der Livestream. „Liveevents sind ganz großartige Mittel, um die Leserschaft abzuholen“, sagt Nähler. Er stellt auch ein sein eigenes Projekt vor kurz vor: Kassel Live. Ein anspruchsvoller und dennoch praktikabler Ticker in Form eines Zeitstrahls, in den Posts verschiedener Kanäle, Bilder, Texte und Videos eingepeist werden. Eine Tag Cloud ist auch dabei. Ist Nähler vollends zufrieden mit dem Projekt? „Die Ansprache ist vielfach noch ein Problem, noch zu nachrichtlich trocken, der Beitragsmix nicht bunt genug, es gibt noch einige Dinge, die wir verbessern wollen“. Eine Chance seien neben den Redakteuren, die den Ticker füttern, auch mobile Reporter. Die HNA mache mit Online übrigens kein Minus mehr. Die Diskussion über Bezahlmodelle sei aber noch nicht abgeschlossen.

Langfristig müsse es sich für Print/Online darum drehen, weg von einer Zeitung zu gehen, die Websites erstellt und hin zu einem Digitalunternehmen, das auch eine Zeitung produziert, so Nähler. Eine Redaktion könne nicht alle Kanäle bedienen und muss daher einschätzen, welchen Erfolg sie aus den verschiedenen Plattformen zieht. Und: „Wer Social Media gewinnt, gewinnt auch Mobil“. Wichtig sei es, so betont auch eine Teilnehmerin aus dem Plenum, im Kopf zu behalten: Die meisten User gehen heute davon aus, dass die guten Nachrichten sie finden. Nicht umgekehrt. Und das zu bewerkstelligen, ist eine Aufgabe, die nur im Team und mit einem strategischen Blick auf alle Kanäle bewerkstelligt werden kann.

 

 

Gruppe Recherche: Was lief besonders gut? Und wo finde ich Themen?

Arbeitsgruppe Recherche bei der ArbeitGleich geht es weiter mit der Gruppenarbeit. Doch was haben die einzelnen Gruppen bisher erreicht? Das Protokoll des ersten Arbeitstages der Gruppe Recherche: Brainstorming – Kollegen erzählen von besonders gelungenen Recherchen.

Britta Bielefeld, Göttinger Tageblatt: Wir haben den Organspende-Skandal aufgedeckt. Eine Recherche, die uns später den Wächterpreis einbrachte. Ausgangspunkt war die E-Mail eines Lesers. Wir hatten den Eindruck, dass es sich um einen Insider handelt und haben nachgefragt. Das brachte den Stein ins Rollen.
Joachim Willisch, Märkische Allgemeine: Es war ein klassischer Bread & Butter-Termin beim Stasibeauftragten. Er deutete an, dass es in einer Gemeinde der Region einen schwer stasibelasteten Bürgermeister gibt. Wir nahmen das im Jahr 2009  zum Anlass für eine umfassende Recherche. Dabei fanden wir viele Opfer des ehemaligen Stasispitzels. Wir forderten die Stasiakte des Bürgermeisters an und konnten so auch seine Beteiligung an einer Wahlfälschung nachweisen. Am Ende wurde der Bürgermeister abgewählt.

Ein Beispiel für eine schlechte Recherche ist bedingt durch die Personalknappheit. Asylbewerber aus einem Ort in unserem Verbreitungsgebiet meldeten sich bei uns – sie fühlten sich bedroht, in ihrer Unterkunft nicht sicher. Da sind wir nicht tief genug reingekommen, haben nicht mit den Betroffenen geredet. Mehr wäre möglich gewesen.

Frank Schmälzle, Nordbayrischer Kurier: Zwei Beispiele – Gustl Mollat und Peggy Knobloch. Beide wurde von unserem  Chefreporter Otto Lapp betreut – ein super Rechercheur, der hat überhaupt keine Hemmungen. Er hat den direkter Kontakt zu Susanne Knobloch hergestellt – sprach lange mit ihr, fand eine persönliche Basis. Dadurch kamen wir an Unterlagen, die nicht jeder hat.

Lapp wird auch ganztägig für Recherchen freigestellt. Deswegen konnten wir im Fall Mollat mit Details aufwarten, die vielen anderen fehlten.

Michael Husarek, Nürnberger Nachrichten: Ein Kollege von uns hat damals den Fall Mollat mit ins Rollen gebracht. Er war von Anfang an deutlich pro Mollat positioniert, was sich auch auf die Richtung unseres Blattes ausgewirkt hat. Das birgt aber auch eine Gefahr – nach Möglichkeit setzen wir bei derartig umfangreichen Recherchen zwei oder drei Kollegen ein, um ein breiteres Meinungsbild zu haben.

So haben wir es im zweiten Fall gehalten:  Beim Fall des wieder aufgerollten Knobloch-Prozesses waren von  Anfang an zwei Kolleginnen im Einsatz – eine Gerichtsreporterin und eine Kollegin aus der Regionalredaktion. Dadurch hatten wir auch zwei verschiedene Perspektiven in der Berichterstattung – eine juristische, ein vor Ort.

Nico Wendt, Torgauer Zeitung:  Schnell stellte sich heraus – die neu gewählte Bürgermeisterin in einer kleinen Gemeinde war völlig unfähig. Nach unserer Berichterstattung gab es ein Abwahlverfahren, die Betroffene klagte dagegen, bekam erst Recht, musste dann doch das Amt aufgeben. Die ganze Zeit über war ein Kollege am Thema dran. Das war 2011/2012. Heute ist die personelle Besetzung so knapp, dass wir solche Recherchen nicht mehr leisten könnten.

Andrea Pauly, Frankenberger Zeitung: Einem Kollegen fiel auf, dass der Landrat permanent auf Dienstreisen war. Er suchte im Haushalt nach den Reisekosten – die waren immens. Auf massiven Druck hin gelang es uns, an die Reisekostenabrechnungen zu kommen. Dabei kam heraus, dass zahlreiche Privatreisen ohne jeden dienstlichen Anlass als Dienstreisen abgerechnet wurden. Wir recherchierten weiter und fanden heraus, dass sich der Politiker privat bereichert hatte. Konten in der Schweiz tauchten auf, am Ende stand die Anklage durch die Staatsanwaltschaft.

Von einer umfassenden Recherche kann man langfristig profitieren:  Als Volontärin habe ich eine große Serie über eine große psychiatrische Klinik mit forensischer Abteilung geschrieben. Bis heute bin ich die einzige, die wirklich den Durchblick bei den einzelnen Abteilungen hat und werde regelmäßig von den Kollegen konsultiert.
Brainstorming: Wie findet man Themen?

  • wenn man über etwas stolpert, nicht weitergehen
  • Leserhinweise ernst nehmen
  • Sorgentelefon
  • Nachfragen
  • Vor Ort sein, nicht nur am Telefon recherchieren
  • Facebook
  • persönliche Kontakte pflegen, Vertrauen schaffen
  • Vorbereitung ist alles, Tagesordnungen lesen
  • Google Alerts
  • Facebook-Aufrufe
  • Miteinander reden / Mittagessen
  • Wiedervorlage
  • Einfach mal spinnen
  • In Serien denken
  • Austausch der Themenplanung / Abgucken erbeten
  • 1x monatlich Chefredakteur für 1 Tag

 

Input: Was ist Lesewert?

TauchnitzDas Feedback, das man als Journalist bekommt, kann ziemlich diffus sein. Heftiges Lob, heftige Kritik, oder viel öfter auch – Schweigen. Da kommt man schnell zu der Frage: Was und wie viel lesen die Leute eigentlich? Und welche Schlussfolgerungen kann die Redaktion für ihre Arbeit ableiten? Sebastian Tauchnitz, Redaktionsleiter bei der Thüringer Allgemeinen, berichtet spontan vom Auswertungs-Projekt „Lesewert“. 100 relativ neue Leser haben zwei Monate lang jeden Tag unter anderem in den 15 Lokalausgaben der Thüringer Allgemeinen mit einem Stift markiert, bis zu welcher Stelle sie Artikel gelesen haben.

Das Ganze wurde technisch aufwendig mit vielen Scannern ausgewertet. Lesewert sei readerscan ziemlich ähnlich. Im Vergleich zu readerscan sei es jedoch wesentlich günstiger. „Aber die technischen Voraussetzungen waren schwierig zu schaffen, und auch nicht ganz billig.“

Die Erkenntnisse:  „Special Interest Themen laufen überhaupt nicht, Kolumnen und Kommentare hingegen sehr gut. Viele Kollegen in der Redaktion waren erschüttert von diesem Ergebnis“, sagt Tauchnitz. Auch Artikel, in denen mehrere Zahlen vorkamen, hätten die Testleser nicht sonderlich attraktiv gefunden. Einschließlich Info-Kästen. „Wir machen viele Kästen, ich finde das auch total schön“ – ein Lachen brandet durch den Saal – „aber gelesen wird das nicht“. Die Ergebnisse hätten auch auf die Arbeitsstruktur einen großen Einfluss genommen. Sie hingen aus, es gab eine tägliche Auswertung mit den betroffenen Redaktionen und zwei große Runden, in denen die Resultate besprochen wurden. Bei vielen Kollegen habe nach einer Zeit ein Umdenken eingesetzt. Bei anderen entwickelt sich eine Art „Quotenbesoffenheit“, eine Fixierung auf die Quote und die eigene Leistung. Die Redaktion habe jedoch von Anfang an klar gemacht, dass „Lesewert nicht genutzt wird, um einzelne Kollegen zu bewerten oder unter Druck zu setzen“.  Sehr gute Lesequoten habe es bei Artikeln über Bauvorhaben gegeben – und eigens recherchierten Hintergrundartikel. Auch qualitative Serien würden gelesen und als Konsequenz ausgebaut.

Ein interessanter Nebeneffekt war, dass die Redaktion auch erfuhr, wann die Zeitung wie gelesen wird. „Früh wurden vor allem die kurzen Beiträge gelesen, die großen Lesestücke heben die Leser sich für abends aus, und lesen sie dann auch“, sagt Tauchnitz. Aber nur unter einer Voraussetzung: Sie müssen gut sein.

Guter Journalismus zahlt sich am Ende aus.

Input: Was die Leser wirklich wollen. Zahlen, Fakten, Urteile

Dr. Carlo Imboden„Wissen, was ankommt“ ist das Thema dieses morgendlichen Inputs. Wollen wir das nicht alle? Gibt es überhaupt jemanden, der darauf eine fundierte Antwort geben kann? Dr. Carlo Imboden kann es. Zumindest in seinem Metier: Der Medienforscher und Unternehmensberater hat mit „readerscan“ zahlreiche Medien nach Lesequote, Stilformen, Themen und Betroffenheit der Leser ausgewertet. Mitgebracht hat er mehrere Thesen. Die erste lautet: Der Lokalteil wird immer wichtiger für den Verkauf einer Zeitung. Direkt zaubert er einige Statistiken auf die Projektionswand, um die These zu belegen. Von der angebotenen Textmenge des Lokalteils seien 2004 nur 6,1 Prozent gelesen worden, 2009 etwa 18 Prozent und 2013 fast 30. Das sei gar nicht so schlecht wie es sich anhört: Der Lokalteilt war zuletzt der am häufigsten gelesene Teil. Warum? Vielleicht habe es etwas damit zu tun, dass mit der zunehmenden Globalisierung eine Rückbesinnung auf das Lokale stattfinde, mutmaßt Imboden. „Die lokale Küche ist wieder in, die lokale Musik ist wieder in, und die Lokalzeitung ist wieder in“. Imbodens erste These: Das Lokale werde immer wichtiger für den Verkauf der Gesamtzeitung.

Entscheidung zwischen Sparten oder Mainstream, Chronik oder Ursprung bei den Lesern

Die zwiete: Der Redakteur muss sich entscheiden. Zwischen ganz speziellen Zielgruppen – die Spartenleser – und dem Großteil der Leser, der meist gegensätzliche Interessen habe. Spartentexte umassen auch lobbyartige Texte. Der schulfreundliche Text? Zu 0% gelesen. Der politikerfreundliche Text? Knapp 2%. Und beim Theaterverein stiegen alle Leser nach dem Vorspann aus. Diese Art des Journalismus würde sich oft mit „Terminjournalismus“ decken. Wenn über Termine berichtet wird, dann sollte das Imbodens Meinung nach aber nur geschehen, wenn sie unmitttelbare Konsequenzen für die Lebenswelt der breiten Leserschaft haben.

Gut laufen Themen, die viele unmittelbar im Alltag spüren

Imboden stellt eine erfolgreiche sublokale Geschichte mit überregionaler Relevanz vor. Es ging um Lärmbelästigung im Kiez. Sie verbildlicht das Prinzip ganz gut: „Das Ding hat fast die Hälfte der Leute gelesen, weil der laute Kiez auch für andere Berliner relevant ist.“  Anderes Beispiel: Ausdünnung der Infrastruktur festgemacht am Beispiel einer Dame, die morgens um 4 Uhr kein Taxi mehr bekommen hat und deswegen einen Zug verpasst hat. Hier seien 75% der Leute eingestiegen, keiner ist nach dem Ausspann ausgestiegen, zuende gelesen haben es fast alle. „Diese Geschichte steht für die Sorgen der Leute. Sie dokumentiert Zustände, massentaugliche Themen.“ Ein kleiner Tipp von Imboden: Jedes mal, wenn eine Erklärung für ein breit interessiertes Phänomen in Aussicht gestellt wird, würden die Leser anspringen. Der Titel sei dabei die halbe Miete, z.B.: „Müssen Kranke in Zukunft länger warten?“. Beispiele für massentaugliche Themen sind laut Imboden:

  • Wohnen
  • Arbeiten
  • Bildung/Erziehung
  • Familienleben
  • Gesundheit/Schlafen
  • Ortsbild/Verkehr
  • Einkaufen
  • Finanzen/Geld/Steuern
  • Energie, Umwelt
  • Sicherheit
  • Soziales

Jens Nähler von HNA-Online fragt, ob Online und Print sich was diese Themen angeht besonders unterscheiden würden. Ganz übertragbar sei das laut Imboden nicht, da die Geschichten anders erzählt würden. Und was ist mit der Stilform? Meinungsstücke und Kommentare liegen bei den Lesern klar vorne, wie eine Untersuchung der Zeit Hamburg zeige. „Das gilt auch für die durchschnittliche Lokalzeitung. Kommentare werden deutlich mehr und intensiver gelesen als die dazugehörigen Berichte.“ Imboden spricht sich stark gegen eine chronische Berichterstattung aus: keine kurzen Meldungen, sondern Hintergründe seien gefragt. Nach dem Motto: Mehr Zeichen sind sexier. „Jede Wette, dass solche Berichte mehr gelesen werden. Wir haben in Österreich, der Schweiz, in Skandinavien teilweise nur einen Artikel auf einer Seite. Nur einen, und das wars. Doch wenn man die Sorgen der Leser aufgreift, und sich keinen pressure groups unterwirft, wird das gelesen“. Imboden erinnert daran, dass Menschen jahrhundertelang einander Geschichten überliefert haben, und keine Statistiken. „Über gute Geschichten wird gesprochen.“

Die Jugend bekommt man mit Politik und Gesellschaftsthemen

Eine Fragen, die viele Journalisten bewegt, ist auch, wie man die Jungen erreichen kann. „Auch hier muss man sich die Lebenswelt anschauen, was bewegt die jungen Leute, was wollen sie, und dann ist man auch schon schnell am richtigen Punkt.“ Und das sei: Nicht unbedingt Musik. Nicht unbedingt Games. Nicht die Szene. Sondern: Politik. „Es gibt eine große Gruppe von Jugendlichen, die sich über die Gesellschaft, über politische Themen informieren möchten. Es sind eben nicht die Themen, die häufig für typisch jugendlich gehalten werden.“ Zahlen zur allgemeinen Leserquote scheinen diesen Trend zu bestätigen. Familienthemen hätten auch eine gute Leserquote bei jungen Lesern. Stilistisch seien es häufig Anrisse, Leihartikel, Serien und Hintergrundtexte, die ihre Aufmerksamkeit bannen. „Versuchen Sie nicht, die Jungen über Szeneberichte zu kriegen. Das können andere besser.“ Auch von Extra-Seiten auf unterschiedlichem Niveau rät Imboden hat.  „Richten sie bloß keine Ghettoseite ein. Was soll denn damit vermittelt werden? Dass die normale Zeitung so schwierig ist, dass man sie nicht verstehen kann? “.  Auch die Optik spiele eine Rolle, so Imboden, und verweist auf österreichische Zeitungen, die den „Mut zu einem sehr engen Bildschnitt“ haben.

Aber, bei aller Euphorie: Auch hier stellt sich die Frage der Repräsentativität der Studien, und der Umsetzbarkeit der Tipps in kleineren Redaktionen. Und ob die Spartenleser nicht auch irgendwie das Recht dazu haben, ab und zu erwähnt zu werden. Es gibt genug Stoff zum Diskutieren.

Der am stärksten gelesene Lokalteil der Zeitung sei übrigens der der Salzburger Nachrichten gewesen. Dort ist er letzte Buch.

Nach dem Motto: Das Beste kommt zum Schluss.

 

 

 

Gruppe Newsdesk/Regiodesk: Bessere Strukturen und Entlastung

Arbeitsgruppe Regiodesk

Protokoll des ersten Tages:

Nach einer ersten Vorstellungsrunde, in der die Gruppenteilnehmer auch ihre Erwartungen an und Erfahrungen mit dem Regiodesk vorstellten, zeigte sich, dass viele noch gar nicht mit einem Desk-System gearbeitet hatten. Bevor die Diskussion in die Tiefe gehen konnte, stellte sich deshalb die Frage: Was ist eigentlich der Sinn und Zweck eines Regiodesks?

Jeder war deshalb aufgefordert, drei Stichworte aufzuschreiben, die seiner Meinung nach für die Einrichtung eines Regiodesks sprechen und auch einen Kritiker von dem System überzeugen. Die Ergebnisse gliederten sich in folgende Kategorien:

  • mehr Qualität (inhaltlich und Layout)
  • bessere Strukturen, Organisation und Planung
  • die Hoffnung auf Entlastung
  • eine bessere Themenfindung
  • eine schnellere und gezieltere Weitergabe von Informationen sowie eine bessere Verteilung von Themen auf die einzelnen Publikationskanäle
  • ein gesteigertes Zusammengehörigkeitsgefühl in der Belegschaft

Stichworte Gruppe RegiodeskAusgehend von diesen Punkten bildeten sich kleinere Arbeitsgruppen, die sich je mit einem der folgenden Punkte beschäftigten, und Ideen entwarfen, wie die Aspekte umgesetzt werden könnten, damit der Regiodesk funktioniert und letztendlich die Qualität der Zeitung steigert.

1. Wie entwickelt sich der Weg einer Nachricht?
2. Personal (Wie viele Mitarbeiter werden wo benötigt, was müssen die können? Wie lassen sich Probleme zwischen den einzelnen Abteilungen vermeiden?)
3. Themenplanung/Themenfindung?
4. Wo liegen die Grenzen eines Regiodesk? (Personal, Ausgaben, Einwohnerzahlen…)

 

 

Gruppe Qualität: Was bedeutet sie für den Leser?

Arbeitsgruppe QualitätWer sich auf die Spur der neuen DNA im Lokaljournalismus begibt, kommt an der Qualitätsfrage nicht vorbei. Doch wie bemessen wir Qualität? Lässt sie sich überhaupt bemessen? Was empfinden wir als Qualität und wie definiert sie der Leser? Und wie finden wir das überhaupt heraus? Diesen und vielen weiteren Fragen gehen die "Ermittler" der Arbeitsgruppe "Alles eine Frage der Qualität - So machen wir den Lokalteil besser" unter der leitenden "Kommissarin" Yvonne Backhaus-Arnold (Hanauer Anzeiger) auf den Grund.  Weiterlesen