Der Weg zur gelungenen Integration von Flüchtlingen ist lang und kompliziert. Die Soziologin Dr. Necla Kelek hat in ihrem Vortrag dargestellt, wie es um die Integration in Deutschland steht, wovon sie herausgefordert wird und woran sie zu scheitern droht.
„Wenn wir bürgerlichen Parteien, bürgerlichen Menschen und die, welche die Fähigkeit haben zu schreiben, die Migrationspolitik nicht auch kritisch betrachten, dann werden es Rechte tun.“ Kelek macht auch gleich zu Beginn deutlich: Die Integration der muslimischen Flüchtlinge in die deutsche Gesellschaft ist ein schwieriger Prozess. Den Grund dafür sieht sie in den islamischen Strukturen, in denen diese Menschen in ihren Herkunftsländern aufgewachsen sind. Dadurch stünden ihre Werte zum Teil konträr zu westlichen Werten, wenn es etwa um Menschen- oder Frauenrechte geht.
Der Islam fordert die Gesellschaft heraus
Besonders das muslimische Familienrecht sei ein weißer Fleck in Forschung und Gesellschaft, gleichzeitig aber zentral für das Verständnis der Forderungen von muslimischen Verbänden. „In allen islamischen Ländern werden die Geschlechterverhältnisse nach dem islamischen Recht geregelt. Es ist der Islam, der den kulturellen Hintergrund dafür gibt und bildet. Heirat, Scheidung, Erbfolge, Sorgerecht werden von den Scharia-Gerichten behandelt und von dem islamischen Familienrecht entschieden.“
„Vor Gott seien Mann und Frau gleich sagen Muslime. Im Diesseits jedoch ist die Frau unter der Obhut des Vormundes und dieser ist ein Mann.“
Diese Regeln halten nach Kelek die Gesellschaften in allen 57 islamischen Staaten zusammen, egal ob es sich um eine Monarchie, Kalifat, Diktatur oder Demokratie handelt. Das Problem dabei: „Vor Gott seien Mann und Frau gleich sagen Muslime. Im Diesseits jedoch ist die Frau unter der Obhut des Vormundes und dieser ist ein Mann: Der Vater, der Bruder oder der Ehemann. Sie entscheiden über die Bildung der Frau, ihre Freizügigkeit, ihre Ehepartner, ihre Scheidung und behalten immer die Kinder bei sich.“ Die Frau gelte als verführerisches sexuelles Wesen, das die Männer bedrohe und Chaos schaffe. Deswegen werde sie verschleiert und im öffentlichen Raum verhüllt.
Kritik an Islamverbänden nötig
Kelek fordert deswegen beispielsweise ein Kopftuchverbot, weil das Kopftuch ein Teil des Familienrechts sei und die Herrschaft des Mannes über die Frau manifestiere. Überhaupt sei mehr Kritik an den muslimischen Verbänden nötig, deren Agenda mit Forderungen nach Geschlechtertrennung oder Kinderehe sich aus dem islamischen Familienrecht speise. „Sie üben in ihren Parallelgesellschaften enormen Druck auf Muslime aus, vor allem säkulare Muslime. Die Moscheevereine, die ich islamische Zentren nenne, bieten Beratung auf Basis der Scharia an. Diese Trennung nach Männern und Frauen wird dort gelebt, Frauen haben keinen Zugang zu dieser Predigerwelt und zur muslimischen Männerwelt.“
Wie kann Integration gelingen?
Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen, sei richtig – gleichzeitig gelte es aber, auf die Strukturen in ihren Heimatländern einzugehen und Menschenrechtsverletzungen klar zu benennen. „Integration kann nur gelingen, wenn Grundwerte und Grundrechte für alle gelten. Das muss vermittelt werden in Schulen und Universitäten, aber auch in den Medien. Medien sollten über Menschenrechtsverletzungen berichten, wenn z.B. klar wird, welche Gewalt eine Frau in einer Stadt erlebt hat, und dann kurz darüber berichten, wie der Mann sozialisiert war. War das ein Cousin, waren sie verheiratet? Das kann man in einer Nebenskizze aufzeigen.“ Für Deutsche sei die Offenlegung dieser Machtverhältnisse vielleicht erschreckend, könne aber für Muslime sehr positiv sein, weil die Strukturen in der Gesellschaft bekannt würden.
Schreiben für eine offene Gesellschaft
„Es gibt nur eine Möglichkeit, dass diese sehr traditionellen, konservativen Menschen in einer offenen Gesellschaft ankommen: Indem man sich einmischt, indem man Fragen stellt, indem man für sie schreibt, indem man über sie diskutiert und sich mit den einzelnen Fällen auseinandersetzt, sodass wir dann aufeinander zugehen und uns gemeinsam finden werden. Ansonsten werden wir nebeneinander stehen.“