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Gesucht: Tabubrecher und Grenzgänger

85 Prozent aller Bürger interessieren sich für Wirtschaftsberichterstattung – das ist die gute Nachricht. Die nicht ganz so gute: Nur die wenigsten Lokalredaktionen schaffen es derzeit, die Themen regelmäßig so aufzubereiten, wie es ihre Leser sich wünschen würden. Das glaubt zumindest Klaus Spachmann von der Uni Hohenheim, der zum Auftakt des Modellseminars 2012 in Augsburg seine aktuelle Studie vorstellte:  „Wie Leser Wirtschaft wollen“. Vorne weg machte er den Seminar-Teilnehmern Mut: 60 Prozent der Befragten halten Journalisten für glaubwürdig. Ein guter Wert, gerade im Vergleich zu Bankern, die mit 22 Prozent ganz weit unten in der Vertrauensskala rangieren. Fast die Hälfte der Befragten informiert sich über Wirtschaft in der regionalen Tageszeitung. Auf dieser Erkenntnis können sich Lokalredakteure aber nicht ausruhen, ganz im Gegenteil. Das Privileg bringt auch eine Verantwortung mit sich. Es müsse ein Umdenken stattfinden. Journalisten sollen sich zu Grenzgängern zwischen den Disziplinen entwickeln, um der Komplexität in der Wirtschaftswelt gerecht zu werden. Gefragt sind Tabubrecher, die kritisieren und kontrollieren.

Schnurstracks ins Lokale

Das 20. Forum Lokaljournalismus steht kurz vor der Tür. Als Einstimmung können Sie vorab ein Interview aus der nächsten Ausgabe der drehscheibe lesen. Wir sprachen mit Dr. Carlo Imboden, der das Readerscan-Verfahren entwickelt hat, darüber, dass offensichtlich immer mehr Leser direkt zum Lokalteil greifen, wenn sie eine Zeitung aufschlagen.

So nutzt man Twitter und Facebook richtig!

Der Flughafen in Neustadt soll ausgebaut werden, die Ausbaupläne sind bekannt geworden –  allerdings soll nicht wie bislang favorisiert die Südbahn, sondern eine neue Nordbahn gebaut werden. Dieses Szenario hat sich gestern unsere Arbeitsgruppe ausgedacht.  Wie kann man jetzt neue Kanäle wie Twitter und Facebook einsetzen?  Ist die Info verifiziert,  sollte man sofort einen Tweet mit dem Tenor  „Flughafenausbau geht weiter“ auf Twitter und Facebook absetzen. Mit dem Verweis „In Kürze mehr dazu auf unserer Homepage“. Dahinter steckt natürlich die Philosophie „online first“ und die Tatsache, dass die eigene Zeitung die Nachricht am schnellsten verbreiten sollte. Die Konkurrenz (falls vorhanden…) erfährt es ohnehin und so gewöhnt man die User daran, dass es alle News zuerst auf xyz.de gibt. Ausgehend von dem fiktiven Fall überlegen wir uns derzeit, wie ein Workflow in der Redaktion aussehen könnte.  Erste Überlegungen: Netzwerke müssen (gerade bei Aufreger-Themen) wie jede andere Agentur permanent überwacht werden, wie jeder andere Nachrichtenticker auch. Verweis auf Onlineseite und in Printausgabe, dass die eigene Zeitung in Twitter und Facebook aktiv ist. Soziale Netzwerke als Recherchemedium verstehen …

Mercedes Bunz glaubt nicht, dass das iPad uns alle retten wird

Mercedes Bunz, ehemalige Chefredakteurin von Tagesspiegel Online und Medienexpertin, fordert dazu auf, den Wettkampf zwischen Online und Print zu beenden. Es gehe vielmehr darum, die Welt des Lesers journalistisch abzubilden, egal in welchem Medium. Bunz glaubt auch nicht daran, dass uns das iPad retten wird. Im Video-Interview beim 19. Forum Lokaljournalismus spricht sie von einer Fragmentarisierung der Medien, mit der wir leben müssen. Daher müsse man jetzt ein Modell entwickeln, um in jedem Medium so viele Leser wie möglich zu erreichen und so viele Anzeigen wie möglich zu verkaufen., d.h. es wird vom „Revenue Stream“ zum „Revenue Delta“ kommen.

Die große Aussprache: „Wissenschaft trifft Praxis“

Am Anfang steht die Warnung des Moderators: „Ich weiß nicht, wo das hier hinführen wird“, sagt Alexander Houben, Chef vom Dienst beim Trierischen Volksfreund. Denn große Routine im Austausch miteinander haben die praktizierenden Journalisten und theoretisierenden Kommunikationswissenschaftler tatsächlich kaum. Die gutbesuchte Arbeitsgruppe erinnert etwas an eine Schlichtungsverhandlung, an die große Aussprache nach dem großen Knall. Houben bringt es auf den Punkt: „Im Verhältnis von Theorie und Praxis scheint bei uns Einiges im Argen zu liegen – und da müssen wir etwas auf die Beziehungs-Couch.“ Los geht die Gesprächstherapie.