Alle Artikel in: Konferenz 65 Jahre Pressefreiheit

Die DNA der Demokratie: 65 Jahre Grundgesetz – 65 Jahre Pressefreiheit.
Experten aus Politik, Medien und Wissenschaft diskutieren über den Wert der Pressefreiheit in Deutschland
Konferenz veranstaltet von der bpb und dem BDZV am 3. Juni 2014 in Berlin

Diskussion: Pressefreiheit und öffentliche Aufgabe ─ Welchen Journalismus verlangt die demokratische und digitale Gesellschaft?

Sven Gösmann, dpa-Chefredakteur, greift die letzten Worte des Impulsreferats der SZ-Redakteurin Annette Ramelsberger auf: „Erstmal kapieren dann kommentieren, denn Journalismus ist schließlich mehr als ein Newsroom.“ Es gehe immer noch darum, anzurufen, hinzufahren, Journalisten dazu in die Lage versetzen. Denn die Ideenkrise sei ein Teil der ökonomischen Krise des deutschen Journalismus. Es diskutieren: Annette Ramelsberger, Gerichtsreporterin Süddeutsche Zeitung, München Markus Beckedahl, Journalist und Blogger, Gründer von netzpolitik.org, Berlin Bernhard Boll, Verleger Solinger Tageblatt und Rechmscheider General-Anzeiger, Solingen Sven Gösmann, Chefredakteur Detusche Presse-Agentur, Berlin Matthias Koch, Chefredakteur Redakteionsnetzwerk Deutschland, Verlagsgruppe Madsack, Hannover Verleger Bernhard Boll des Solinger Tagblatts erzählt von der Integrität seiner Tageszeitung, wie beispielsweise seine Redakteure drauf gekommen sind – 14 Tage vor der Kommunalwahl – dass der Bürgermeister einen Schwarzbau hat. Trotz Intervention sei der Artikel noch vor der Wahl erschienen. Der Gründer von netzpolitik.org findet, es ist eine spannende Frage, ob durch PayWalls Skandalisierungen eingedämmt werden. Was kann die dpa tun, um den Medien zu helfen Qualität zu gewährleisten, fragt Lauff im Anschluss. Gösmann erläutert den Grundgedanken der dpa – eine Gemeinschaftsredaktionen …

„Der Platz der Journalisten ist zwischen den Stühlen“ ─ auch, wenn es unbequem ist

„Die Besucherbühne ist voll wie beim ersten Tag, es gibt Beschwerden über die Reisekosten, viele Journalisten schlafen dann bei  Freunden auf Schlafsofas“. Annette Ramelsberger ist Gerichtsreporterin bei der Süddeutschen Zeitung. Sie begleitet den NSU Prozess und sagt, dass man viel von ihm lernen kann. „Die Medien machen hier sehr viel richtig, sie bleiben dran, setzen Prioritäten, kümmern sich um die Opfer, stellen den Prozess dar“. Ihre sechs Thesen für einen guten Journalismus, der seinem Wächteramt gerecht wird.

Journalisten am Gängelband? Einflussnahme von außen auf die journalistische Arbeit

„Print ist unverzichtbar“ – mit diesem Satz leitet Moderator Werner Lauff das erste Panel am Nachmittag ein. Soeben bekam das Publikum Einblick in die Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach von Leiterin Köcher. Zwei Aspekte stellte Lauff heraus: Dass Einflussnahme stattfindet und je mehr sie stattfinde, desto leichter sei die Einflussnahme. Taz-Chefredakteurin Pohl spricht vom größten Feind in den Köpfen. Natürlich gebe es einen wirtschaftlichen Druck, aber die Angst vor den Leserinnen und Lesern sei mittlerweile um einiges präsenter als die plumpen Versuche der Einflussnahmen von Seiten der Geschäftsführer und Ministerpräsidenten. Der Chefredakteur der Allgemeinen Zeitung in Mainz Freidrich Roeingh hält dagegen, dass im Regionalen und Lokalen die wirtschaftliche und politische Einflussnahme noch immer stark ist. Er spricht jedoch auch davon, dass seit Stuttgart 21 Bürgerinitativen immer stärker werden: „Sie sind oft sehr radikal mit ihren Haltungen, drohen mit Aboabbestellung, beschimpfen uns wir seien gekauft etc. Besonders jene Bürgerinitativen, die dagegen sind, haben ein hohes Maß an Professionalität.“ Neben Roeingh sitzt OB Boris Palmer aus Tübingen: „Die schärfste Waffe der Verwaltung ist immer noch das …

Studienvorstellung: „Pressefreiheit in Deutschland. Einflussnahmen von außen auf die journalistische Arbeit“

„Die überwältigende Mehrheit stuft die Pressefreiheit als gut oder sehr gut verwirklicht ein“, beginnt Prof. Dr. Renate Köcher, Leiterin des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD), die Vorstellung der neuen IfD-Studie. Dann ist ja alles klar. Oder? Nein, so einfach ist es nicht. Wenn man genauer nachfragt kommt ans Tageslicht: Journalisten fühlen sich massiv unter Druck gesetzt. Vor allem von der wirtschaftlichen Situation, Zeitmangel, PR und digitaler Schnelligkeit. Die Zusammenfassung der Studienergebnisse können Sie hier herunterladen: IfD_Einflussnahme auf Presse_Summary_3.6. In der IfD-Studie „Pressefreiheit in Deutschland: Einflussnahmen von außen auf die journalistische Arbeit“ im Auftrag der Stiftervereinigung der Presse standen Lokal-, Wirtschafts-und Politikjournalistinnen und -journalisten im Mittelpunkt. Beziehungsweise: Ihre Wahrnehmung der Dinge. Wie frei ist die Presse in Deutschland wirklich? Fühlen sie sich am Gängelband gehalten? Die große Mehrheit der Journalisten habe Einflussversuche erlebt, besonders Lokaljournalisten – und da wiederum oft in den Bereichen Sport und Musik. Der Zugang zu bestimmten Akteuren würde immer stärker eingeschränkt und häufig nur über PR-Agenturen möglich gemacht. Informationen würden bewusst gelenkt und kanalisiert, die freie Berichterstattung erschwert. Es wurde auch frustrierenden …

Wie frei ist die Presse in Deutschland? Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Nach dem Impulsvortrag vom ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier, eröffnet Moderator Werner Lauff mit der Frage an Justizminister Heiko Maas, ob denn aus grundrechtsorientierter Sicht alles in Ordnung sei? Ja, findet Maas und spricht danach das Urteil des EuGH an bezüglich der Vorratsdatenspeicherung an. Die Linie des Justizministeriums sei klar: Es ist für einen restriktiven Umgang mit dem Gesetz, aber wie es nun weitergehe, wird sich erst zeigen. „Ich bin gespannt, wie die neue Kommission und dann die Mitgliedsländer mit dem Urteil umgehen werden.“ Das zweite Thema, das angesprochen wurde, ist die Beschlagnahmung, die Ausspähung, die Onlinedurchsuchung. Herr Stennei, wie beobachten Sie das, fragt Moderator Lauff den Vorsitzenden des Trägervereins Deutscher Presserat. „Das sind sensible Bereiche, bei denen man aufpassen muss, dass die Verhältnismäßigkeit gewährt ist – da ist in den letzten Jahren einiges durcheinander geraten.“ Stennei weist darauf hin, dass zwar die großen Redaktionsstuben Pressefreiheit genießen, dass kleine, freie Pressebüros, die nicht unter Verlagsschutz stehen, aber gesetzlich außen vor stehen. „Wir brauchen eine unaufgeregte Diskussion darüber, aber auch über redaktionelle Standards und einen …

Pressefreiheit und Bundesverfassungsgericht: „Wir stehen in Deutschland relativ gut da“

Pressefreiheit? Hier würde der Gesetzgeber viel richtig machen. Aber die faktischen Voraussetzungen für ein vitales Pressewesen könne er sowieso nicht allein gewährleisten. Das meint zumindest Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, und er muss es wissen: Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgericht gibt zu Beginn der Podiumsdiskussion „Wie frei ist die Presse in Deutschland? Zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ einen Impuls zum Thema und zeigt, wo man die Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis der Pressefreiheit finden kann. Er beginnt mit der konstituierenden Funktion der freien Presse für unsere Demokratie. „Der Bürger muss sich umfassend informieren, vergleichen können.“ Presse diene als Verbindungs- und Kontrollorgan, auch in einer Zeit außerhalb des Wahlkampfes. Das könne nur von Presseunternehmen geleistet werden, die sich frei bilden können und zueinander in Konkurrenz stehen. Alles klar soweit. Aber, so fährt wer fort: „Das Recht der Meinungsäußerung, ist nicht ohne Schranken.“ Und die finde die Pressefreiheit in den allgemeinen Gesetzen. Der Staat sei berechtigt und verpflichtet, die Freiheitsrechte zu gewährleisten. Das Bundesverfassungsgericht habe jedoch, vor allem im Cicero Urteil, gezeigt, wie weit die Pressefreiheit tatsächlich auf diese …

Lammert warnt vor Infotainment

Etwas später beginnt der Präsident des Deutschen Bundestages Norbert Lammert seine Keynote für die Veranstaltung „65 Jahre Grundgesetz – 65 Jahre Pressefreiheit“ . Die Diskussion im Bundestag zu zehn Jahren Osterweiterung dauerte ein bisschen länger. Mit diesen Worten gibt Lammert bereits die Stoßrichtung seiner Rede vor – es wird um den politischen Journalismus gehen. „Wenn ich zu wählen hätte“, sagte einst Thomas Jefferson, „zwischen einem Land mit einer Regierung und ohne Zeitung und einem Land mit einer Zeitung, aber ohne Regierung, würde ich das Land mit der Zeitung nehmen.“ Zum Glück brauche man das in Deutschland nicht, sagt Lammert, schließlich zählt Deutschland zu einem jener Länder, die die vielfältigsten – in Quantität und Qualität – Medienlandschaften haben. Gleichzeitig weist Lammert aber auch auf die Veränderung im Mediensystem hin, die Konkurrenzsituation mit elektonischen Medien, die Schließungen von Zeitungen, im Speziellen Lokalzeitungen. Das führe in manchen Kommunen zu der Situation  dass es nur mehr eine Lokalzeitung gibt. Kritisch sieht Lammert auch, dass der Journalismus hierzulande gouvernemental organisiert ist – die Regierung interessiert also mehr als das Parlament. …