Autor: Sabrina Gaisbauer

Seminardokumentation „Gekommen, um zu bleiben“

Vor einem Monat ging das bpb-Seminar für lokale Onliner in die zweite Runde. Fazit: Unabhängiger Lokaljournalismus bietet viele Möglichkeiten, aber es bleibt kompliziert. Journalistinnen und Journalisten mit einem eigenen lokalen Onlinemedium brauchen Mut, Ideen, Durchhaltevermögen und Geld, um weitermachen zu können. Wie man langfristig dazu kommen und frische Ideen entwickeln kann, zeigt die Dokumentation: Seminardokumentation „Gekommen, um zu bleiben“

Ergebnisse der AG 2: Wer finanziert mich – und wenn ja wie viele?

„Wir haben uns mit der Frage beschäftigt, wie wir alle ganz schnell reich werden“: Als Jan Hildebrandt von den Eimsbütteler Nachrichten die Ergebnisse der Arbeitsgruppe 2 vorstellte, wurde schnell klar: Ein Patentrezept für alle gibt es nicht. Vor allem keines, das innerhalb eines Tages entwickelt wird. Doch ist dies kein Grund zur Resignation, sondern Teil der Erkenntnis: Bevor ich weiß, wie ich mich dauerhaft in der Medienlandschaft verankern kann, muss ich erst definieren, wer ich selbst bin. Jedes noch so kleine Medium braucht ein scharfes Profil, ein gutes journalistisches Angebot, um Menschen zu finden die bereit sind, in Abos, Premiummitgliedschaften, Paywalls oder auch Werbeanzeigen zu investieren. Daher entwickelte die Arbeitsgruppe ein ausgefeiltes Konzept, das Antworten auf Fragen rund um „Wer bin ich?“, „Moneratisierungsmöglichkeiten“ und „Folgefragen“ in drei Schritten verbindet. Es lässt sich hier herunterladen: bpb_ag2_monetarisierung Zuerst wurde analysiert, wie man inhaltlich starke Angebote zugeschnitten auf sein Verbreitungsgebiet aufstellen kann. Mittel wie Leserfinanzierung wie Premiummitgliedschaften, Abofinanzierung und Crowdfunding wurden ebenso diskutiert wie Sponsoring, Ladenlokale, die Wichtigkeit der Kennzeichnung von Werbeinhalten und die richtige Rechtsform. Die Gruppe …

Ergebnisse der AG 1: #esistkompliziert, aber neun Thesen waren drin

Berichterstattung über Migration und Integration, ja klar, aber wie kann man es vermeiden Hetzern in die Hände zu spielen? Und wie lassen sich Prozesse verantwortungsvoll und aufmerksamkeitsgenerierend zugleich begleiten? Unter dem Motto „Haltung zeigen, Klickjagd ist nicht alles“ hat die erste Arbeitsgruppe unter der Leitung von Stefan Aigner Thesen für den Arbeitsalltag entwickelt, und unter anderem den Pressekodex und den Umgang mit Hatespeech diskutiert. Neun Thesen der Arbeitsgruppe zum verantwortungs- und selbstbewussten Umgang mit reichweitenstarken Themen: 1. Ziffer 12 des Pressekodex zum Schutz vor Diskriminierungen stellt keinerlei Hilfestellung dar und ist nicht mehr zeitgemäß. Die Neufassung hat – wenn überhaupt zu etwas – zu einer Verschlimmbesserung geführt. 2. In Zeiten, wo Ermittlungsbehörden – die nicht an den Pressekodex gebunden sind – eigene Kanäle bespielen und in denen Rechtspopulisten, Neonazis und Wutbürger „Lügenpresse“-Propaganda betreiben, stellt sich allenfalls bei der Wahl der Schlagzeile noch die Frage, ob man Ethnie, Nationalität oder Flüchtlingseigenschaft von Straftätern nennen soll oder nicht. 3. In den Berichten selbst ist es wesentlich zielführender und sinnvoller, Abwägungen zu treffen, wie man die – in …

Nicht totdiskutieren, machen!

Uwe Renners, Ressortleiter Digital beim Nordbayerischen Kurier, sprach gestern auf Konferenz Lokaljournalismus 4.0 über Kommunalpolitik auf allen Kanälen und heute über iPhone at its best. Schon vorher haben wir mit ihm über digitale Dos and Don’ts und ihre Chancen für den Lokaljournalismus gesprochen. Alle Kanäle zu bedienen galt lange als nerdig, heute gehört es zu jedem Volontariat. Was muss denn der einzelne Journalist wirklich können und was ist nur gehypt? Das Wichtigste ist, anders zu denken. Es ist ein Problem, wenn die Leute mit einem Text von einem Termin wiederkommen, und ihnen erst später auffällt, dass man noch eine Grafik machen könnte. Lohnt es sich ein Video zu machen? Brauche ich Daten als Excel-Datei? Wichtig ist, sich diese Fragen rechtzeitig zu stellen, und an alle Kanäle zu denken. Dann sucht man sich zum Beispiel jemanden aus der Redaktion, der Ahnung von Datenjournalismus hat, und kann zusammen aus der 25-seitigen Pressemappe mit Polizeistatistiken die Unfallzahlen nehmen und ganz neu darstellen. Plötzlich sieht man, die Parkplätze bei Real und Aldi sind tiefrote Unfallpunkte. So kann eine ganz …

Mehr Mut im Lokalen

Horst Seidenfaden, Chefredakteur bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeine (HNA) in Kassel, ist ein Veteran des Lokaljournalismus. Auf zahlreichen bpb-Foren hat er den Wandel der Branche begleitet und kommentiert. Mit einem herausfordernden Grinsen, perfekt sitzendem Jackett und schlohweißem Haar betritt er an diesem Morgen die Bühne. Sein Redemanuskript besteht lediglich aus ein paar zusammengekritzelten Notizen. Er braucht sie nicht. Seinen Appell hat er verinnerlicht. „Mut ist für mich Mut zur Veränderung.“ Und in den letzten 20 Jahren hat sich bei Lokalzeitungen viel verändert. Die Optik ist neu, aber auch Darstellungsformen und Konzepte. Über Ratssitzungen wird heute lebendiger berichtet als noch 1996. Aber auch besser? Eine schwierige Frage. „Alles was für tun beruht zu 95% auf Berufserfahrung, Lebenserfahrung und journalistischem Instinkt“, sagt Seidenfaden. Gerade in Print sind Erfolg und Misserfolg schwer zu erkennen. Rückmeldungen gibt es nur wenige, und Leserforschung ist teuer – und hat sich auch erst in den letzten Jahren etabliert. „Ich kenne keine Branche, in der auf Marktanalyse so konsequent verzichtet wird wie in der Zeitungsbranche.“ Dies liege daran, dass die Verlagsbranche über Jahrzehnte hinweg …

„Wir dürfen Fehler machen. Wir sind keine Atomkraftwerke.“

Nichts weniger als die vierte Gewalt der Demokratie sollen „die Medien“ sein. Dieser hohe Anspruch ist journalistische Leidenschaft, Verantwortung und Herausforderung zugleich. Doch in Zeiten, in denen so mancher Studie zufolge rund die Hälfte der Befragten wenig oder gar kein Vertrauen in Massenmedien hat und der Begriff Lügenpresse von rechtsradikalen Hetzern missbraucht wird, scheint es schwer, ihn einzulösen. Oder wird die Glaubwürdigkeitskrise künstlich aufgeblasen? Erklärer, Aufklärer, „Lügenpresse“: Was soll und kann die Rolle der Medien in der Demokratie sein? Annette Binninger, Ressortleiterin Politik/Wirtschaft bei der Sächsischen Zeitung in Dresden, Ekkehard Rüger, Lokalredakteur bei der Westdeutschen Zeitung in Burscheid, Henning Noske Lokalchef bei der Braunschweiger Zeitung und David Schraven, Leiter des Recherchebüros Correctiv diskutieren. Sabine Schicke, stellvertretende Lokalchefin der Nordwest-Zeitung in Oldenburg moderiert. Als Alleinredakteur wie Rüger ist man nicht nur dem Medienhaus verpflichtet. Man ist sozusagen das Medienhaus vor Ort. „Glaubwürdigkeit ist das höchste Gut, das ich habe“, sagt Rüger. Man begegne den Leuten in der Gemeinde in so vielen Funktionen, als Journalist, aber auch privat. Da sei es schwierig, Grenzen zu ziehen, unvoreingenommen zu …