Das Fußballmagazin 11 Freunde erzählt am liebsten Storys abseits des Rasens und ist damit sehr erfolgreich. Wie die Redaktion arbeitet, erzählte Redakteur Uli Hesse beim Kaminabend der Redaktionskonferenz Sport.
Wer verstehen will, wie die Redaktion von 11 Freunde tickt, muss zurück in die 80er und 90er Jahre blicken. „Damals ging es in der normalen Sportberichterstattung um die Spieler, um die Ergebnisse“, erklärt 11 Freunde-Redakteur Uli Hesse. „Aber dass um das Spiel, um den Sport herum eine Kultur entsteht, das war nie wirklich Thema. Höchstens bei negativen Auswüchsen wie den Hooligans, was in den 80ern ein großes Problem war.“ Als die erste Ausgabe des Magazins im Jahr 2000 erschien, war das Ziel also klar: Ein Fußballmagazin von Fans für Fans über Fans, schließlich stammten die Redakteure aus der Fanzine-Szene. „Die 11 Freunde-Senioren, zu denen auch ich gehöre, sind alle reingerutscht, weil wir gewisse Themen in den Mainstreammedien nicht repräsentiert sahen und deswegen unser eigenes Magazin geschaffen haben.“
Besondere Bildsprache, Reportagen und viel Ironie
Im Laufe der Zeit entwickelte das Magazin seinen ganz eigenen Stil. Der wird vor allem durch eine besondere Bildsprache geprägt. Spielszenen werden nur in Ausnahmefällen gezeigt, davon gebe es einfach keine guten Fotos. Anders als in vielen Lokalzeitungen spart 11 Freunde nicht am Fotografen, betont Hesse.
„Die erste Frage von unserem Chefredakteur Philipp Köster ist immer: Können wir das fotografieren? Wenn die Antwort nein ist, dann nehmen wir die Geschichte in sieben von zehn Fällen nicht. Wir kaufen keine Agenturfotos.“
Die Bilderstrecken begleiten viele Reportagen, das zweite wichtige Element des Magazins. Die Redakteure erzählen darin gern skurrile Geschichten. Die Leser freut das. Sie lesen lieber eine Geschichte über einen Platzwart in England, der seinen Rasen mähen darf wie er will – in Deutschland gibt eine strenge Platzordnung das Muster vor – als einen Artikel über einen Superstar. „Es muss nicht Ronaldo sein“, resümiert Hesse deswegen. „Wir haben noch nie so viele verärgerte Leserbriefe bekommen wie mit Lewandowski auf dem Cover. Dabei waren wir so stolz darauf.“
Die Leser suchen bei 11 Freunde den etwas anderen Journalismus. Deswegen funktioniert dort Ironie auch so gut, das dritte Element des Magazins. „In einer der letzten Ausgaben haben wir einen Bericht gemacht, wie jemand auf Sylt einen Bundesligaverein installieren würde“, erzählt Hesse.
„Das Ganze begann, als Niko Kovac, noch als Trainer von Eintracht Frankfurt, ein Spiel gecoacht hat und am Zaun ein Zettel hing: ‚Niko gib mir deinen Syltwichserpulli“ (Anm. d. Red. Kovac trägt den Pullover öfters, an den Ärmeln geknotet, über den Schultern. Ein Look, der auf Sylt angeblich weit verbreitet ist und von den Fans als Anspielung verstanden wurde, dass Kovac sich optisch schon auf seinen neuen Verein, den FC Bayern München, vorbereitet.). Irgendwie ist da was in Gang geraten. Wir haben uns vorgestellt, wie wäre das auf Sylt, wie sähen die Fans aus. Und dann haben wir es durchgezogen: Wir haben Leute gecastet, die Trikots der Mannschaft hergestellt, wir haben eine Fotostory gemacht.“
Viel Ironie findet sich auch auf der Website von 11 Freunde, vor allem der Liveticker zu wichtigen Fußballspielen erfreut sich großer Beliebtheit. Doch manchmal ist die spitzbübische Art der Website auch ein Nachteil. „Das große Problem ist, dass die Leute Magazin und Website in einen Topf werfen. Es passiert oft, dass wir ein Interview nicht bekommen, weil jemand sagt, sie würden nicht mehr mit uns reden und wir wüssten ganz genau warum. Das bedeutet fast immer, dass irgendwas auf der Website war, mit Sicherheit im Liveticker. Der ist ja ein total ironisches Element, aber die Leute nehmen das total ernst.“
11 Freunde to go
Abseits des Magazins und der Website bieten die 11 Freunde aber noch andere Angebote an. Zur WM gab es z.B. neben dem WM-Sonderheft jeden Wochentag einen Podcast und drei Public Viewings in Berlin. Im normalen Saisongeschäft gehen die Redakteure immer wieder raus zu den Fans: In Berlin gibt es regelmäßig ein Kneipenquiz, die Lesereise zieht durch Deutschland. Klingt nach Leserbindung, oder? Hesse wiegelt ab. „Ich weiß gar nicht, ob da so viel Strategie dahinter ist oder wir da einfach Bock drauf haben.“
Aber auch das ist ja eine Erkenntnis, die sich mit in den Lokalsport nehmen lässt. Einfach mal öfter das machen, worauf man Lust hat – wenn es nicht funktioniert, kann man es später immer noch wieder sein lassen. Zuerst aber frei denken und rumspinnen. Oder wie Hesse es sagt: „Wir sind ernsthaft chaotisch.“