Forum Lokaljournalismus 2025
Schreibe einen Kommentar

Praxisgespräch 3: Formate für den Kontakt zur Leserschaft

Die Runde diskutierte, wie Lokalredaktionen mit der Leserschaft in Kontakt bleiben können.

Drei Projekte, die nah an der Leserschaft sind, beschäftigten die Runde. (Foto: drehscheibe/Marcus Klose)

Wie können wir wieder in Kontakt mit den Menschen kommen? Drei Antworten auf diese Frage diskutierten im dritten Praxisgespräch Moderator Marc Rath (Chefredakteur Mitteldeutsche Zeitung/Volksstimme) und seine Gäste Annika Kasties (Aachener Zeitung), Georg Körfgen (Nürnberger Nachrichten) und Lynn Nagy (Zeitungsverlag Waiblingen). Unter dem Motto „Nah dran – Formate für den Dialog mit Menschen“ präsentierten die Medienschaffenden unterschiedliche Ideen, um den Kontakt zur Leserschaft zu stärken.

Den Auftakt machte Annika Kasties von der Aachener Zeitung. Seit einiger Zeit bringt das Blatt mit dem „AZ-Forum“ Live-Journalismus auf die Bühne. Mit der Veranstaltungsreihe wolle man die Zeitung nach außen öffnen. Am Ende jedes Forums gibt es Raum für Diskussionen. Das Konzept kommt an. Im vergangenen Jahr konnte die Zeitung bereits 25 Veranstaltungen realisieren. Ein Highlight: Das ausverkaufte AZ-Forum mit dem Fußballverein Alemannia Aachen.

Auch auf dem Forum Lokaljournalismus in Chemnitz sorgte das Projekt für positive Resonanz. „Wenn man die Ressourcen dafür freimacht, kann man auch etwas leisten“, pflichtete ein Teilnehmer bei. Derzeit ist die Veranstaltung kostenlos. Die Aachener Zeitung verdiene nichts mit dem AZ-Forum, betonte Kasties. Allerdings diskutiere man darüber, eine Gebühr von fünf Euro zu erheben.

Kontakt zur Leserschaft mit dem Bulli: Vom Redaktionsleiter zum Busfahrer

Ein Dialogformat der ganz anderen Art stellte Georg Körfgen von den Nürnberger Nachrichten vor. Körfgen ist leitender Redakteur und neuerdings Bullifahrer. Auf dem Forum Lokaljournalismus reiste er mit dem Redaktionsbus seines Verlages an. Die Redaktion will mit diesem unkonventionellen Ansatz den Kontakt zur Leserschaft stärken. Einmal in der Woche ist der Camper im Verbreitungsgebiet unterwegs: von Herzogenaurach über den Nürnberger Marktplatz bis zur Erlanger Bergkirchweih.

Insgesamt ist der VW-Bus rund 4.000 Kilometer gefahren. Mit der Anreise nach Chemnitz habe er die bisher weiteste Tour hinter sich. Das Projekt richte sich vor allem an bestehende Printleser. „Wir begeistern die junge Zielgruppe für ein Bezahlportal nicht mit einem VW-Diesel“, sagte Körfgen. Dennoch gebe es Impulse, auch die Jungen stärker anzusprechen, etwa auf Festivals, mit Fotoboxen oder Live-Podcasts.

Mit Pop-Up-Redaktionen des Kontakt zur Leserschaft stärken

Last but not least stellte Lynn Nagy die Pop-up Redaktionen des Zeitungsverlags Waiblingen vor, die den Dialog mit der Leserschaft stärken sollen. Ihr Verlag will mit Pop-up-Redaktionen den Kontakt zur Leserschaft stärken. Für vier Wochen ziehen ausgewählte Redakteurinnen und Redakteure in dünnbesiedelten Gebieten in kleine Außenbüros. Bisher habe man unter anderem in leerstehenden Fahrschulen, Blumenläden und sogar im Verkaufsraum einer Landmetzgerei gearbeitet. „Wir brauchen nur einen kleinen Raum, Strom, eine Toilette“, sagte Nagy. „Unsere Ansprüche sind nicht hoch.“ Mit den Pop-up-Redaktionen wolle man wieder vor Ort präsent sein.

Die Leserinnen und Leser sollen ein Gesicht mit der Zeitung verbinden. „Wir sind ganz nah dran an den Leuten“, erzählte Nagy. Nach zwei Jahren Pop-up-Redaktionen zog sie ein positives Resümee: Aus den temporären Außenredaktionen seien bereits neue Geschichten gekommen. Außerdem habe man die Bindung zur Leserschaft stärken können. „Wir kennen mehr Menschen und mehr Menschen kennen uns.“ Das spiegele sich auch in den Zahlen wieder. In der Ortschaft Kernen habe man im vergangenen Jahr 71 Prozent mehr ZVW-Plus-Abos verzeichnet.

Wunsch nach mehr Austausch mit der Leserschaft

Die anschließende Diskussion in der Gruppe zeigte: Die Medienschaffenden sehnen sich nach mehr Austausch mit ihrer Leserschaft. Viele empfinden den Strukturwandel in der Branche nicht nur als organisatorische Herausforderung, sondern vor allem als einen Verlust an Verbindung. Der Abbau von Redaktionen im ländlichen Raum hat Spuren hinterlassen – auch bei dem Kontakt zur Leserschaft. „Wir geben den Lesern etwas zurück, was ihnen genommen wurde“, schloss ein Zuhörer und brachte damit das zentrale Anliegen der vorgestellten Formate auf den Punkt: mit den Menschen ins Gespräch gekommen und Vertrauen wiederherstellen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert