„Das ist einfach unsexy“. Margit Conrad, Europaministerin in Rheinland-Pfalz, sprach am Donnerstag auf dem Seminar „Europa lokal“ nicht über irgendwelche Trends oder Menschen, sondern über die in vielen EU-Dokumenten fast schon obligatorische Endung „zur Vollendung des Binnenmarktes“. Mit solchen Begriffen könne man keinen Wahlkampf machen. Für Journalisten dürfte es ebenso schwer sein, damit fesselnde Beiträge zu gestalten. Conrad betonte mehrfach, dass Europa sozialer werden solle; die Bürger müssten aber auch sehen, dass sich politische Forderungen unterscheiden und als solche echte Konsequenzen vor Ort haben. Ein Kernanliegen des Lokaljournalismus, Besonders sichtbar sind diese Folgen in grenznahen Regionen, in denen die Zusammenarbeit mit anderen Ländern nicht bloß graue Theorie ist.
Conrad hat selbst grenznahe gelebt und im Saarland und Rheinland-Pfalz Politik gemacht. Hier geht es an den Alltag. „Welche Sozialversicherung brauche ich? Welche Rentenansprüche habe ich? Welche Freiheit habe ich auf dem Arbeitsmarkt? Das sind wichtige Fragen in den Grenzregionen“, sagte Conrad. Und nicht nur dort, Fragen der Mobilität sind Fragen der EU. Als offizielle „Staatsministerin und Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa“ und Mitglied im „Ausschuss der Regionen der Europäischen Union“ erlebte und betreut sie einige Projekte, die sie auf dem Seminar vorgestellt hat, zum Beispiel im EURODISTRICT REGIO PAMINA. Dazu gehören Gebiete in der Südpfalz, im Nordelsass und am Mittleren Oberrhein.
Conrad verwies auf die Broschüre „ RheinlandPfalz: Europa vor Ort“, die Sie hier herunterladen können. Darunter sind der mit EU-Mitteln geförderte PAMINA-Radweg Lauteral, das grenzüberschreitend genutzte Rebmeerbad mit dem PAMINA-Nachwuchsschwimmerfest und die Europäische Rechtsakademie, die alle teils aus EU-Mitteln gefördert werden.
Manchmal zeigt sich Europa an den Grenzen offenbar nicht nur in trinationalen Studiengängen und der Privatisierungs-Diskussionen. Manchmal sind es auch eher mondäne Angelegenheiten. Abwasser zum Beispiel. Welche Kläranlagen verarbeiten was? Die Grenzregionen hätten viele neue Gesetzeslagen hervorgebracht, erläuterte Conrad. Auch auf EU-Ebene. Es entstanden Probleme, auf die es bisher keine rechtliche Antwort gab. Also wurde gehandelt, Verträge geschlossen. „Wir dachten, bald sitzen wir im Gefängnis“, scherzt Conrad. Sie hätte als Politikerin mit den kommunalen Spitzenverbänden zusammengearbeitet, mit dem Europäischen Parlament und der Kommission. Heute erlaube die Gesetzeslage, dass solche Kooperationen nicht von ganz oben abgesegnet werden müssen.