Sind Apps die Zukunft der Zeitung? Taugt Mobilkommunikation als Geschäftsmodell? Im Expertenforum „Wissenschaft trifft Praxis: Chance mobile Gesellschaft?“ diskutierten Dr. Stephan Baumann vom Deutschen Forschungszentrum für künstliche Intelligenz und Martin Krieg, Medienwissenschaftler an der Universität Trier. Joachim Braun vom Nordbayerischen Kurier moderierte die Runde.
„Unser Problem ist, dass unsere Forschung in 10 Jahren zum Mainstream wird“, erklärte Baumann zu Beginn. Er verwies dabei auf eigene Forschungen aus dem Bereich Musik. So hätte vor 10 Jahren beispielsweise niemand geglaubt, dass sich das Format mp3 durchsetzen würde. Baumann macht die teils noch existierende Abwehrhaltung dafür verantwortlich: „Wir befinden uns in einer Phase des Übergangs und müssen unsere Abwehrhaltung ablegen. Es wird sowieso gemacht. Schlimmstenfalls ist man dann nicht dabei. Die Technologien sind präsent und jeder wird daran gemessen, ob er will oder nicht.“
Auch die deutsche Gesetzeslage sieht Baumann als Bremse in der Entwicklung: „Wir agieren global, sind aber nationalen Gesetzen unterworfen. Aus diesem Grund nimmt der deutsche Markt keine Fahrt auf.“
Im Zusammenhang mit den schneller werdenden Medien tauchte die Frage auf, ob dadurch nicht zwangsläufig die journalistische Qualität leiden würde. Baumann verneinte: „Eine höhere Taktung und flachere Durchdringung entspricht definitiv dem Zeitgeist. Eine gewissen Konsumentengruppe fährt darauf ab und muss bedient werden.“ Er sehe zwei Bedürfnisse – eins nach schnellen Neuigkeiten und eins nach tiefergreifender Information. Beide würden sich seiner Meinung nach nicht ausschließen.
Martin Krieg, Medienwissenschaftler von der Universität Trier, griff die unterschiedlichen Bedürfnisse auf und ordnete sie bestimmten Nutzungszeiten zu. Auf die Frage welche Funktionen eine Zeitungs-App besitzen muss, um attraktiv zu sein, sagte Krieg: „Man muss die Inhalte in dem Moment anbieten, in dem der User sie braucht. Und das variiert: Morgens stehen News im Vordergrund, zur Mittagszeit bieten sich vertiefende Informationen an.“
Baumann baute diese Idee aus: Er möchte, je nachdem, wo er sich gerade befinde, mit aktuellen Infos wie Fahrplänen und Restaurant-Öffnungszeiten versorgt werden. Er sieht hier vor allem Nachholbedarf seitens der Verlage, die von sich aus aktiver auf die Anbieter zugehen sollten.
Am Ende der Runde kehrte Braun zur Eingangsfrage zurück: Taugt Mobilkommunikation denn nun als Geschäftsmodell?
Nein, sagte Krieg, der sie als „nettes Gimmick“ bezeichnete und meinte, dass die Verlage damit nicht viel Geld verdienen würden. Finanziell interessant seien vielmehr die Mehrwertdienste.
Baumann war da weniger skeptisch: „Wenn eine technikaffine Journalistengeneration nachwächst, ist das schon möglich. Die Achtsamkeit ist da und es gibt auch keine so starke Abwehrhaltung wie damals bei der Musik.“