Zu Beginn des zweiten Tages des Forums Lokaljournalismus spricht Torry Pedersen über: „Multimedia bringt Gewinn – innovativer Desk und Lesernähe“. Imke Emmerich, Volontärin der Bundeszentrale für politische Bildung, sprach im Vorfeld mit dem Herausgeber und Geschäftsführer der Norwegischen Verdens Gang über neue Chancen durch Multimedia, Newsdesks und Lesernähe.
Auf dem Forum Lokaljournalismus sprechen Sie über innovative Newsdesks und Chancen stärkerer Lesernähe durch Multimedia: Was sollten Verlage mit innovativen Desks verfolgen und welchen Nutzen bieten sie ihnen?
Traditionell war das Verlegen einer Zeitung eindimensional – sowohl in der Kommunikation mit den Lesern als auch in der Art und Weise wie Geschichten erzählt wurden. Die Digitalisierung hat diese Kommunikationsform dramatisch verändert: Verleger sollten an Newsdesks das geballte Wissen der Leser in Echtzeit einsammeln, es ihnen erleichtern, sich gegenseitig auszutauschen, die entstehenden Geschichten über Soziale Medien verbreiten – und sich einer breiten Palette an Storytelling-Techniken bedienen. Das Wichtigste bei alledem: Digitale Medien machen es möglich, den Journalismus besser zu machen. Es ist genug Raum für Optimismus, nicht aber für Weltuntergangsstimmung.
Verdens Gang hat Print und Online zehn Jahre lang strikt getrennt, Sie haben beide als zwei komplett verschiedene Disziplinen betrachtet. Im Frühjahr 2011 haben Print und Online redaktionell verschmolzen. Warum?
Unsere größten Werbekunden haben einen ganzheitlichen Werbeansatz aus unserer Marke heraus erwartet. In dieser Hinsicht war die Fusion ein großer Erfolg. Die Einnahmen aus digitaler Werbung haben die aus analoger in diesem Frühjahr übertroffen. Redaktionell benötigten wir damals immer mehr Ressourcen für Online und sahen das Konzept unseres „Tandem-Newsrooms“ als nicht mehr tragfähig an. Wir sind immer noch in der Phase, das Ganze zu optimieren: Denn auch ein integrierter Newsroom braucht Spezialisten, die mit Leib und Seele für eine der Plattformen arbeiten – Print oder Online.
Sie verdienen mehr Geld mit Online- als mit Printanzeigen?
Unsere Online-Aktivitäten haben eine besondere Stellung im norwegischen Markt erreicht. Wir haben über eine Million Online-Leser mehr am Tag als wir Zeitungsleser haben. Gerade vor ein paar Tagen haben wir erlebt, wie in den Morgenstunden mehr Menschen Verdens Gang an ihren Mobiltelefonen als an ihren Computern lasen. Insgesamt können wir also einen sehr attraktiven Marktplatz für Anzeigenkunden im Onlinebereich anbieten, und bisher verzeichnen wir dort dieses Jahr einen nachhaltigen Einkommenswachstum. Gleichzeitig haben sich die Gesamteinnahmen aus dem traditionellen Zeitungsgeschäft in Norwegen um 17 Prozent verringert. Sogar wenn Verdens Gang ein besseres Ergebnis als dieses erzielt hätte: Das Kräfteverhältnis zwischen digital und analog hat sich verändert. Einnahmen aus dem digitalen Anzeigengeschäft machen 53 Prozent unseres Umsatzes aus.
Bei allen multimedialen Plänen: Verlieren Sie nicht den Bezug zur Herkunft von Verdens Gang die Zeitung als materielles, journalistisches Produkt?
Unsere Herausforderung besteht darin, dem digitalen Seitenarm genügend Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Der Zeitung widmen wir aber weiterhin die meisten Mitarbeiter und Gelder.
Wird sich das in Zukunft ändern?
Es muss sich ändern. In den letzten zehn Jahren hat unsere Zeitung, wie viele andere, an Auflage verloren. Wenn wir es nicht schaffen unseren Ressourcen- und Personaleinsatz zu optimieren, werden wir nicht überleben. Deshalb haben wir angefangen den Newsroom umzustrukturieren und verlassen den traditionellen Weg, unsere Angestellten in Abteilungen zu organisieren. Wir glauben, dass wir besseren Journalismus produzieren werden, wenn wir eine starke, integrierte Nachrichtenorganisation werden. Und können der Zeitung aus Papier dann – hoffentlich – ein längeres Leben bescheren.
Wohin geht die Reise von Verdens Gang in den nächsten Jahren, haben Sie große Träume?
Unser größtes Ziel ist es, den Übergang von analog zu digital zu meistern. Das Geschäftsmodell wird sich von den zwei großen Töpfen – Anzeigen und Abonnements – hin zu einer Vielzahl von Einnahmequellen entwickeln.
Woraus bestehen diese Einnahmequellen konkret?
Aus sogenannten Klub-Konzepten für Leser, Spiele-Entwicklungen und natürlich aus Paid Content. Wir konnten schon Erfolg verbuchen mit einem Klub-Konzept namens „Vektklubb.no“ (Plattform für Fitness, Training und Diät), in Kürze eröffnen wir einen Klub für Tierbesitzer. Wir planen außerdem ein neues Gaming-Konzept. Aber vor allem schauen wir auf das Problem Paid Content: Daran arbeiten verschiedene Projektgruppen und Entwickler, vor zwei Wochen haben wir zum Beispiel ein einfaches Bezahlsystem fertiggestellt, dass es ermöglicht, kleinere Beträge abzubuchen – funktioniert im Prinzip wie ein App-Store. Jetzt müssen wir herausfinden, wie viel die Leser bereit sind zu zahlen. Ideen haben wir viele…
Von Imke Emmerich