Zwei Männer, zwei Städte, zwei Zeitungen, zwei Situationen, zwei Strategien. In der Ecke Altena steht Thomas Bender voller Tatkraft bereit, in der Ecke Ibbenbüren brennt Klaus Rieping auf neue Aufgaben.
Mann Nummer 1
Name: Thomas Bender
Zeitung: Altenaer Kreisblatt
Position: Redaktionsleiter
Situation: Altena ist eine Stadt, die besonders vom demografischen Wandel betroffen ist. Hatte Altena 1969 etwa 32.000 Einwohner, waren es im Jahr 2014 nur noch 17.270. Die Zahl der potentiellen Kunden der Zeitung ist um etwa 16.000 gesunken. „Es gibt Tage, da gibt es in Altena keinen einzigen Termin, zu dem wir gehen“, berichtet Bender. Die Konsequenz sei, dass bei einem gleichbleibenden lokalen Umfang (mindestens vier Seiten) mehr eigene Geschichten geschrieben werden müssten.
Kampfansage könnte etwa so lauten: Demografie, Du machst uns nicht fertig!
Strategien für die weitere Arbeit:
– ohne Serien kommt man in bestimmten Zeiten nicht aus
– Glosse als Darstellungsform, die sich besonders zur Leser-Blatt-Bindung eignet
– den demografischen Wandel als Themenschatz nutzen
– kann man eine Stadt „kleiner“ machen? Beispiel Abwassernetz. „Das ist bei uns mit am teuersten, weil es riesig ist. Aber wir brauchen es in dem Umfang eben nicht mehr“, berichtet Bender
– Wie viel Verwaltung brauchen wir? (Achtung, Demografiefalle! Die Arbeitskräfte in der Verwaltung sind im Durchschnitt 50 Jahre alt, aber Nachwuchs ist nicht in Sicht)
– Potenzial von Senioren für die Stadtgesellschaft nutzen
– potenzieller Arbeitskräftemangel
– Zuwanderung (Im Sommer 2015 bittet die Stadt Altena darum, ihr 100 Flüchtlinge „über Plan zuzuweisen“)
– Wie reagiert die Politik auf die Situation?
Mann Nummer 2
Name: Klaus Rieping
Zeitung: Ibbenbürener Volkszeitung
Position: Geschäftsführer Redaktion und Medien
Situation: Die Print-Auflagenverluste liegen bei zwei Prozent pro Jahr und es gibt deutliche Rückgänge der Werbemärkte. Zudem gebe es nur ein räumlich begrenztes Zeitungsgebiet mit einer geringen Reichweite (max. 100.000 Einwohner). Die Werbeerlöse durch Onlinevermarktung seien auch gering. Die Konsequenz ist: „Bei uns gibt es nur ein einziges Abo. Egal, ob Sie nur Print wollen oder beides, Print und Online. Entweder ist man zahlender Kunde und bekommt alles oder man ist kein Kunde und bekommt nichts“, erklärte Rieping. Der Preis für das Abo liegt bei 36,90 Euro und sei damit der höchste in NRW.
Kampfansage könnte etwa so lauten: Ich zieh mein Ding durch und die Redaktion zieht mit.
Strategien für die weitere Arbeit:
– nicht mehr nach Orten arbeiten, sondern nach Themen: Einzelauswahl in acht lokale Themenwelten. Dadurch sollen die individuellen Lebenswelten der Menschen erreicht werden
1) Lokale Wirtschaft, Bauen und Wohnen (Ratgeber, Energie, Finanzen, Vorsorge, Sicherheit)
2) Schule, Erziehung, Bildung, Familie
3) Lokaler Sport
4) Auto und Verkehr („Blaulicht“, Feuerwehr, Polizei, Sicherheit)
5) Internet, Multimedia, Social Media, Mitbestimmen
6) Lifestyle, Wohnen, Reisen, Natur und Garten, Landlust, Gesundheit, Wellness, Fitness, Essen und Trinken
7) Jugend
8) Gesellschaft, Politik, Soziales, Integration
– Es gibt dann Redakteurinnen und Redakteure, die gezielt für die einzelnen Themenwelten zuständig sind: „So können sie sich richtig in die Themen einarbeiten und dadurch auch besser neue, andere Aspekte entdecken“, erklärt Rieping.
– Jede Themenwelt kann jeweils für drei Euro abonniert werden, alle Themenwelten zusammen kosten also 15 Euro: „Für 15 Euro bekommen Sie die komplette Multimedialität unseres Hauses, aber eben nicht die Zeitung. Zeitung und Multimedialität gibt es für 36,90 Euro“, verkündete Rieping.