Das erste Podium des letzten Tages widmete sich ganz den digitalen Erzählformen. Im ersten Teil des Panels sollte es um das Thema Visual Storytelling gehen, im zweiten Teil um den Bereich Datenjournalismus. Geladen waren Bernhard Rentsch, Chefredakteur des Bieler Tageblatts, und Philipp Ostrop, Leiter der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Moderiert wurde das Panel von den Journalistinnen Gabi Pfeiffer und Inge Seibel.
„Im Zweifelfall aufs Bild setzen“
Den Anfang machte Bernhard Rentsch. Was er unter Storytelling verstehe, wollte Moderatorin Pfeiffer von ihm wissen. „Wir versuchen, den Leser Botschaften immer mit Bildern zu vermitteln – seien es Fotos oder Grafiken“, sagte Rentsch. Es gelte die Regel: Ein großes Bild pro Aufmacherthema.
Als Beispiel präsentierte Rentsch die Berichterstattung seines Blattes über den Bau der Autobahn, über Gastarbeiter, über historische Ereignisse der Stadtgeschichte aber auch über andere umstrittene Bauprojekte der Stadt. Diese größeren Projekte würden im Schnitt zwei bis drei Wochen in Anspruch nehmen.
„Bei der Planung überlegen wir immer, wie wir das Thema visuell aufziehen können. Wenn wir uns aus Platzmangel zwischen Grafik und Text entscheiden müssen, würden wir im Zweifelsfall immer auf das Bild setzen“, sagte Rentsch. Dennoch arbeite er – notgedrungen – mit „bescheidenen Mitteln“. Er beschäftige einen Grafiker und 5 Layouter, die im Haus auch geschult werden. Damit ließen sich große Projekte „natürlich nicht regelmäßig stemmen“.
„Viel Kaffee trinken gehen“
Sie treffe ihn hier zum ersten Mal persönlich, kenne ihn aber schon lange über twitter – so führte Inge Seibel den zweiten Gast des Podiums, Philipp Ostrop von den Ruhr Nachrichten, ein.
Zunächst versuchten beide, eine gültige aktuelle Definition des Begriffes Datenjournalismus zu finden. „Datenjournalismus muss digital und interaktiv sein, die Quellen müssen transparent und die Daten frei verfügbar sein“, sagte Ostrop. Seine Zeitung habe vor drei Jahren erstmals mit Datenjournalismus experimentiert – mit einer Grafik über die Raubüberfälle in der Stadt Dortmund. Weitere Beispiele, die Ostrop präsentierte, befassten sich mit Themen wie der Arbeitslosigkeit in der Stadt.
Detaillierter ging Ostrop auf ein Projekt zum Ausbau des Mobilfunknetzes ein. Dabei waren auf einer Karte alle Mobilfunkmasten in der Region eingezeichnet. In einem Extrakasten konnten die Benutzer ihre Adresse eintippen und sich anschauen, wo der nächste Mobilfunkmast steht. Die Erhebung der Daten führte zudem zu einer weiteren Geschichte in der Zeitung: „Es gibt eine bestimmte Pufferzone, die zwischen den Masten und Schulen und Kitas gewahrt werden muss. Im Zuge unserer Recherche haben wir herausgefunden, dass diese Pufferzone an mehreren Stellen unterschritten wurde. Das haben wir dann im Blatt aufgegriffen“, sagte Ostrop.
Wie man an die Daten komme, wollte Seibel wissen. „Man muss viel Kaffee trinken gehen mit den Leuten, die die Informationen haben. Man muss zu Ämtern, mit Pressesprechern reden und so weiter.“ Deutschland hinke in dieser Hinsicht nach deutlich hinterher, sagte Ostrop.
Und wie verarbeitet man die Daten? Seine Zeitung nutze vor allem zwei Tools – Datawrapper, eine kostenlose und „idiotensichere“ Möglichkeit, und das etwas anspruchsvollere Google Fusion Tables.
Wie die Resonanz der Leser sei, wollte ein Gast wissen. „Wir haben hohe Klickzahlen“, sagte Ostrop. Zudem lohne sich Datenjournalismus, da die Daten und Karten immer wieder aktualisiert würden und die Artikel somit auch auf lange Sicht von Interesse seien.
Gäbe es mehr Daten bzw. würden diese Daten öffentlich zugänglich gemacht werden, dann gäbe es auch mehr datenjournalistische Projekte, glaube ich. Aber hier existiert in Deutschland einfach eine Ladehemmung. #Privatsphäre #Datenachutz