Modellseminar Web 2.0 2010

Geborgte Euphorie

Donnerstagabend, 2130 MEZ. Twitter, Facebook, Stayfriends und Konsorten liegen in den letzten Zügen. Von der Be- und Verarbeitungswonne her. Erinnerungen werden wach. Damals, rund 1000 Tage her. Sie nannten es Second Life. Und einige meiner früheren Redaktionskollegen wähnten sich als Giganten, mindestens als Stützpfeiler und Geburtshelfer einer neuen Welt.
Alles binnen zwei Jahren pulverisiert.
Und keine Trauer nirgends. Andere Säue, andere Dörfer. Längst. Irgendwas gelernt? Tempo frisst Bedeutung. Maybe. Was wird aus dem 140-Zeichen-Hype? Schon mal jemand einen Schritt zurück getreten? Tageszeitungen würden nicht das erste Mal dem Versuch erliegen, coole Trends rechts zu überholen. Über das Verbot (StVo) will ich hier nicht maulen, indes, hat es je geklappt? Kann die Kopie cooler sein als das Original? Seltenheitswert. Nicht mal WM-Torschützenkönig Thomas Müller (Bayern) ist cooler als sein Namesvorgänger Gerd Müller (bekannt als „kleines dickes Müller“).
Sodann, was soll die Jagd auf die Gesichtsgebückten (Achtung, Hier leichte Verfälschung der Anglizismen)? Die Medienseiten in Tageszeitungen sind schlechter als im Computermagazin, die Musikseiten schlechter als bei Spex, die Jugendseiten schlechter als bei Bravo und die Sporthintergründe schlechter als bei 11 Freunde.
Und sie tun es doch immer wieder.
Dabeisein. Olympischer Gedanke. Schweißperlen auf der Oberlippe. Die Zunft wirkt in diesen Momenten der ungebremsten Ausfahrten ein wenig wie der Mann bei Watzlawick, der den verlorenen Haustürschlüssel unter einer Laterne sucht. Auf die Frage, warum dort und ob er sicher sei, dass er ihn dort verloren habe, antwortet er: „Nein, aber hier ist mehr Licht.“