Redaktionskonferenz Recherche Rechtsextremismus 2014

Kurzinterview mit…. Robert Kiesel, Innenpolitik-Redakteur beim Nordkurier und Landesmedienpreisträger 2013 von Mecklenburg-Vorpommern

Robert-Kiesel-1Herr Kiesel, seit wann recherchieren Sie zur rechtsextremen Szene?

Ich habe mich schon während meines Politikstudiums in Berlin mit den Themen ausgehend vom Nationalsozialismus bis hin zu Rechtsextremismus beschäftigt und war oft auf Demonstrationen gegen Nazis unterwegs.

Schon mal Angst gehabt?

Ja, ich hatte eine beängstigende Situation letztes Jahr in Magdeburg, wo die ganze Stadt wegen eines Naziaufmarsches im Ausnahmezustand war. Ich wollte darüber berichten, wie die Stadtbewohner damit umgehen und wie sich das für sie anfühlt. Bei der Rückfahrt bin ich dann in einen Zug gestiegen, in dem 50 Nazis in einem Triebwagen saßen. Es gab keinerlei Polizeibegleitung und die waren auf Provokation aus. Da rutschte mir schon das Herz in die Hose, aber zum Glück hat mich keiner von der Demo erkannt.

Im vergangenen Jahr bekamen Sie den Landesmedienpreis von Mecklenburg-Vorpommern für Ihr journalistisches Engagement gegen Rechtsextremismus. Wahrscheinlich sind Sie jetzt der Nazi-Beauftragte der Redaktion?

So kann man das nicht sagen. Ich bin kein Spezialreporter, sondern arbeite im Ressort für Landespolitik, worüber ich auch sehr froh bin. Ich könnte nicht die ganze Zeit nur Nazi-Geschichten machen. Wenn also neben meiner regulären Arbeit noch Zeit bleibt, recherchiere ich zum Rechtsextremismus. Ich fände es aber sehr wichtig in unserem Verbreitungsgebiet einen Redakteur zu haben, der sich ausschließlich mit dem Thema befasst, weil man das nicht einfach nebenbei machen kann. Es gibt ja im Lokalen das Problem, dass man wegen mangelnder Aufklärung die Problematik oft nicht sieht.

Inwiefern?

Ich bin für mein Volontariat von Berlin nach Mecklenburg-Vorpommern gezogen. Plötzlich sollte das jährlich stattfindende Pressefest der „Deutschen Stimme“ in der Region steigen. Ich habe darauf gedrängt, doch etwas darüber zu machen. Schließlich kamen in den vergangenen Jahren stets mehrere Tausend Nazis zu diesem Fest. Mir war bewusst, dass alle großen Medien da sein und mit dem Finger auf unsere Region zeigen werden. Ich hatte den Rückhalt der Redaktion und wir haben den Leuten dann von Anfang an erklärt, was sich da entwickelt. Mit „wir“ meine ich nicht nur den Nordkurier, sondern auch das Ordnungsamt, die Polizei… Am Ende waren dann trotzdem 1000 Nazis da, aber viel mehr Leute auf den Straßen, die das eben nicht haben wollten.

Klingt nach einem großen Erfolg. Wir organisieren Sie Ihre Recherche in dem Themenbereich eigentlich?

Es ist eine Mischung aus selbst gucken – im Netz, im Gespräch mit bestimmten Leuten und Behörden – und auf Hinweise aus anderen Lokalredaktionen zu hoffen. Mittlerweile arbeiten wir aber medienübergreifend zusammen. Das passiert dann nicht offiziell über die Häuser, sondern auf einer persönlichen Ebene.