Vor zweieinhalb Jahren startete Isabella David den Lokalblog Hamburg Mittendrin, um „lokal, kritisch und auf den Punkt“ über aktuelle Nachrichten und Reibungspunkte des Hamburger Bezirks Mitte zu berichten. Die Politik-Master-Studentin ist mir ihrem Start-Up erfolgreicher als sie sich hätte träumen lassen. Ihr Erfolgsrezept hat sie beim Seminar „Challenge accepted“ vorgestellt.
„Viele Stadtteile werden in Hamburg in der Lokalberichterstattung sehr oberflächlich abgespeist“, so Isabella David. Das wollten sie und ihr Kollege Dominik Brück nicht hinnehmen. „Uns war es ein Bedürfnis, Transparenz im Lokalen zu bieten, auf dem Spielfeld des Digitalen.“
Das Herzstück des Blogs ist die Lokalpolitik des Bezirks Hamburg Mitte. Den Entscheidungsträgern im Lokalen auf die Finger gucken und Intransparenz und Hinterzimmer-Politik entgegenwirken – das wollen David und Brück mit ihrem Blog leisten. „Oft hören wir, ‚Politik? Das liest doch eh keiner!‘ Es kommt aber darauf an, wie man zum Teil dröge Themen interessant rüberbringt“, so David. Bei ihr würden die politischen Artikel am besten geklickt.
„Unterschätzt eure Zielgruppe nicht“
Das gehe zum Beispiel sehr gut durch Live-Berichterstattung und viel multimedialer Vor- und Nachbereitung. „Wir sind davon überzeugt, dass eine Bildergalerie zwischendrin oder ein kleines Video viel ansprechender auf den Leser wirken, als wenn er immer nur eine Textflut vor sich hat“, so David.
David und ihr Team berichten per Live-Ticker oder Live-Stream direkt aus den tagenden Gremien. „Viele freuen sich einfach, wenn lokalpolitischer Arbeit endlich Beachtung geschenkt wird“, erzählt David. Bei einem Live-Stream müsse allerdings jeder Teilnehmer des Gremiums zustimmen, dass die Sitzung gefilmt und live übertragen wird. Das stelle manchmal auch eine Hürde dar.
Den Leser einbinden
„Diese Live-Berichterstattung bindet den Leser sehr stark – das merken wir ganz deutlich.“ Politische Themen haben laut David oft einen sehr unmittelbaren Bezug, die jeden betreffen. „Und wenn es nur um den Park nebenan geht“, so David. Wenn zu solchen hyperlokalen Themen gute und kritische Stories, Fotos und Videos geliefert werden, kommen die User auch immer wieder auf die Seite, meint David.
Außerdem sei die Live-Berichterstattung auch eine gute Möglichkeit, um Leserkommentare zu generieren und Diskussionen zu erzeugen. Hier werde nicht nur ein spannender Austausch erzeugt, es entstehe auch die Chance, den Leser an den Blog zu binden.
Dennoch müssten sich hyperlokale Medien ihre lokalpolitische Kompetenz immer erst erarbeiten, um glaubwürdig zu wirken und ernstgenommen zu werden. „Je kleiner das Dorf über das man berichtet, desto schwerer ist es, das Vertrauen der Leser zu gewinnen.“
Problem: Exklusive Infos gehen nur an große Redaktionen
Ärgerlich sei, dass exklusive lokalpolitische Informationen oft nur an etablierte Kontakte klassischer Medien weitergegeben werden. Isabella David findet aber: „Dranbleiben lohnt sich!“ Wer kritisch, aber nicht parteiisch berichte, der werde mit der Zeit auch akzeptiert.
Neben multimedialer Berichterstattung bietet das Online-Magazin Hamburg Mittendrin seinen Usern noch ein ganz besonderes „Schmankerl“ der hyperlokalen Berichterstattung: Mit dem Tool „Call a journalist“ können Hamburger die Hamburg Mittendrin-Reporter ganz einfach direkt zum Ort des Geschehens rufen. Das Online-Tool funktioniert per Knopfdruck: Per Ortungsfunktion können User anonym ihren Standort melden, wenn etwas Berichtenswertes passiert. Die Redaktion entscheidet dann, ob sie einen Redakteur losschickt und gibt dem jeweiligen User Rückmeldung.
„Weil die Leute ja ihren Standort preisgeben, waren wir am Anfang etwas skeptisch“, erzählt David. Dennoch machten viele User mit und fanden es auch „echt cool“, wenn dann wirklich jemand aus Redaktion aufgetaucht ist. Den User einbinden und als Informationsquelle nutzen, das müsse man sich bei hyperlokalen Onlinemedien einfach immer hinter die Ohren schreiben.