Rechtsextremes Gedankengut ist kein Randphänomen, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das zeigen aktuelle Studien wie „Die Mitte im Umbruch“ der Friedrich Ebert Stiftung und das bestätigen auch die jüngsten Wahlergebnisse zum Europaparlament. Für Journalisten stellt sich zunehmend die Frage, wie sie journalistisch korrekt mit rechtsextremem Gedankengut und demokratisch gewählten Vertretern rechtsextremer Parteien umgehen sollen.
Einige Antworten gab es auf der Redaktionskonferenz „Recherche Rechtsextremismus“ der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb Ende Mai in München. Die bpb legt seit langem einen besonderen Schwerpunkt auf die Aufklärung über und den Umgang mit Rechtsextremismus. Eine Berichterstattung über diesen Themenkomplex bringt Chancen und auch Gefahren mit sich, vor allem für die Lokalpresse. Die Redaktionskonferenzen der bpb werden daher, auch zu anderen Themen, immer für Lokaljournalisten und mit Lokaljournalisten organisiert.
„Sorgfalt in der Berichterstattung über Rechtsextremismus und vor allem ein kontinuierlicher Umgang mit dem Thema sind die Grundlage für guten Journalismus“, meint Berthold. L. Flöper. Der Leiter des Lokaljournalistenprogramms der bpb erinnerte zu Beginn der Konferenz daran, dass nicht nur die Sicherheitsbehörden, sondern auch der Journalismus allen Grund gehabt habe sich zu fragen, warum in der Branche die rechtsextremistisch motivierten Morde der NSU anfangs als „Döner-Morde“ abgetan wurden.
„Um solche Fehler nicht zu wiederholen, brauchen wir eine gut informierte, kritische ‚Vierte Gewalt‘. Besonders lokale Medien sind zentral bei der Aufklärung, als Frühwarnsystem und als distanzierte Berichterstatter der Szene wichtig, denn sie sind ‚nah dran‘, kennen Rechtsradikale wie Opfer oft persönlich“, sagte Flöper. Sie hätten es oft schwerer als Kollegen überregionaler Medien, die lediglich für eine „Geschichte“ in den jeweiligen Ort kommen und nach Ende ihrer Recherche wieder abreisen können. „Wer hart im Milieu arbeitet, ist gefährdet, beweist Mut und verdient Anerkennung“, so Flöper. Diese Risiken seien aber auch gleichzeitig Chancen, weil nur Lokaljournalistinnen und Lokaljournalisten einen Einblick haben, der tief genug ist, um subtile Veränderungen wahrnehmen zu können. Sie kennen den Sportverein, den NPD-Kader, den Neonazi von nebenan, möglicherweise seit Jahrzehnten. Und sie stehen mit ihren Lesern, Zuhörern und Zuschauern im kontinuierlichen Dialog.
Drei Tage lang hörten die Lokaljournalisten aus Print-, Radio- und Onlineredaktionen Vorträge von ausgewiesenen Experten zum Thema Rechtsextremismus. In drei Arbeitsgruppen wurden Konzepte erarbeitet, wie man über Rechtsradikale berichtet. ohne ihnen eine Bühne zu geben oder wie man im Internet seine Daten verschlüsselt, um nicht von Nazis entdeckt und diffamiert zu werden. Besonders wichtig war den Teilnehmern der gegenseitige Erfahrungsaustausch und die Möglichkeit zur Vernetzung, um sich in Zukunft gegenseitig zu unterstützen.