Die gutbesuchte Arbeitsgruppe erinnert etwas an eine Schlichtungsverhandlung, an die große Aussprache nach dem großen Knall. Houben bringt es auf den Punkt: „Im Verhältnis von Theorie und Praxis scheint bei uns Einiges im Argen zu liegen – und da müssen wir etwas auf die Beziehungs-Couch.“ Los geht die Gesprächstherapie.
Eigentlich liegen nur zwei Schritte blankes Parkett zwischen der ersten Reihe Forum-Teilnehmer und den drei Kommunikationswissenschaftlern der Expertenrunde „Wissenschaft trifft Praxis – welche Erkenntnisse können Redaktionen sofort umsetzten?“ Auf der einen Seite sitzen die Journalisten: Sie wollen sich hier „. . updaten, was in der Wissenschaft los ist, was da getrieben wird“ oder lieber noch „Endlich mal Antworten! Wir fragen uns doch alle, wie machen wir Lokaljournalismus in der Zukunft und auf welchen Kanälen!“
Auf der andern der zwei Meter Parkett sitzen die Wissenschaftler: „Sie hätten gern Antworten, auf Fragen, die Sie mir gar nie gestellt haben. Sie hätten gerne Lösungsansätze für Probleme, die Sie mir noch nie skizziert haben“, beklagt Wiebe Möhring, Professorin für Kommunikationswissenschaft an der Fachhochschule Hannover.
Ihre beiden Kollegen sehen den Fall ähnlich: Der Münsteraner Kollege, Professor Christoph Neuberger, beschreibt ein „schwieriges, gestörtes Verhältnis“. „Die Journalisten wollen es schnell haben, Reparatur wie beim ADAC – das können und das wollen wir aber nicht „, so Neuberger. Lieber möchte er eine 500-Seiten-Studie über die veränderten Nutzungsweisen von Zeitung und Internet-Angeboten vorstellen – die Journalisten gegenüber winken aber schnell ab. Motto: das kennen wir doch schon alles, was hilft uns das abstrakte Wissen in der täglichen Praxis weiter?
Auch Sonja Kretzschmar, Professorin an der Zeppelin-Universität, kennt die Problematik. Als Mitglied des bpb-Projektteams Lokaljournalismus weiß sie allerdings auch von Fällen zu berichten, in denen konkrete und akute Fragestellungen in Kooperation von Theoretikern und Praktikern erfolgreich erforscht wurden – bei einer laufenden Studie zu Crossmedia mit Orientierungsgewinn für die Praxis.
So kommen sich Theorie und Praxis ins Gespräch und sich dann doch näher über die anderthalb Stunden Diskussion: Einhellig raten die Experten abschließend den Redaktionschefs dazu, ein effektives Innovations-Management einzurichten. Neuerungen müssten, gerade angesichts des medialen Umbruchs, ermöglicht, kreativ erprobt und in ihrem Effekt wissenschaftlich bewertet werden. Mit neuen Möglichkeiten für einen weiteren Dialog von Praxis und Theorie also.