Uhrenvergleich: 19.26 h. MEZ. Augsburg. St.Ulrich. Modellseminar der bpb. Lutz Feierabend (Kölner Stadtanzeiger) steht auf und füllt die Reihen. 80 Prozent sind da. Auf dem Podium: Sascha Borowski, Christoph Neuberger, Gerd Horseling und Uwe Heer. Drei Anzugträger, einmal Jeans, zweimal Krawatte, dabei einmal gepunktet, einmal gestreift. Neben mir sitzt Nicole Amolsch. Wildlederstiefel, irgendwas italienisches, weiße Bluse, grauer Pullover, Minolta in der Hand, ringlos. War vor kurzem beim Friseur. Zurück zum Podium. Horseling stellt die Teilnehmer der Debatte vor, verliert sich in Details. Ist aber okay. Horseling: „Wenn wir die Überlebensstrategien schon hätten, säßen wir nicht hier.“ Heer beginnt, soll den Umbau seines Ladens skizzieren. Heer, Sympath, große Hände, geschult in Parenthese und Prozesssprache, hat anfangs ganz Deutschland bereist, um gute Lösungen für die Zeitung von morgen zu definieren. Heer: „Jede Zeitung tickt anders.“ Stichworte seines drohenden Monologs: Meßlatte, Hürde, Arbeitsräume, Plattformen, Systeme, Regioticker, Erfolgskontrolle. Heer könnte auch bei BASF im Vorstand sitzen. Wahrnehmung jetzt. Ob das bleibt? Heer (nicht O-Ton, aber Sinnlaut): 20 Prozent aller Redakteure sind für Veränderungen nicht zu haben. 80 Prozent aller Medienerlöse stammen aus dem Tageszeitungsgeschäft. Auch in 10 Jahren werden es noch 70 Prozent sein. Jetzt findet Heer etwas grausam und töricht. Auflagenverluste von 2 oder 3 Prozent sind bei der demographischen Entwicklung in Deutschland immer noch wenig. Wechsel zur Backe. An der Borowski ein Thema hat. Er geht davon aus, dass die Marken, die Zeitungen präsent sein müssen. Er spricht von sanften Wegen. Laufende Nachrichtenströme. Lokalredaktionen, die pumpen und befeuern. Der Mann muss mal bei den Stadtwerken hospitiert haben. CUT 1: Ich drehe mich um, viele Kolleginnen und Kollegen auf den Zuschauerbänken schreiben mit. Borowski will nicht gegen Spiegel online kämpfen. Horseling dankt. Neuberger spricht. Der Wissenschaftler, der Professor. Studie NRW. Social Media. Das Kultwort der Istzeit. Puuh, auch Neuberger gibt zu, keine Patentrezepte zu haben. Gott sei Dank. Ich dachte schon, jetzt kommt einer um die Ecke, der Özil, Gomez, Schweinsteiger und Neuer in einer Person ist. Ist er nicht. CUT 2: Nicole hat erstmal genug fotografiert. Riecht nach Issay Myake (hier schaue ich nicht extra bei google nach, wie das geschrieben wird). Neuberger: Tageszeitungen haben versäumt, die Redaktionen auf die Zukunft vorzubereiten. Stimmt. Zögerliche Zeitungen. Nachrichtenrecycling. Irre viel auf der Stelle getreten. Einsicht. Jetzt ist er bei Twitter. Krempelt Twitter Medien um? Nein.
CUT 3: Ich soll Absätze machen. Hier.
Schauen wir kurzerhand auf die Frisuren der Referenten: Voting: Heer vor Borowski, Neuberger und Horseling auf den Plätzen. Zurück zum Podium: Heer macht klar, dass man mit überregionalen Nachrichten keinen Traffic auf der Homepage hat. Es besteht Nachholbedarf. Viele verkennen noch die Realität. Shit, ich war gerade abgelenkt. Heer will den Ball flachhalten. Ist bei gut gemachten Anzeigenblättern. Kostenlosen Informationen. Und wundert sich über die vielen Tageszeitungen, die es noch gibt. These Heer: Weniger Leser, teure Zeitung, andere Inhalte. Heer hat nix zu verschenken.
Was denkt Neuberger? Was glaubt Borowski? Borowski: „Wir kriegen die Leute.“ Crossmedial. Arrgh, schon wieder Facebook, die große Redundanz. Zugriffe. Bin ich gerade bei Sat1? Jetzt will er Leute abholen. Immer wollen Alle alle abholen. Theorien von der Stange, semantisches C&A. Neuberger biegt zur Heimat um die Ecke. Geborgenheit (69%). Ist Heimat altmodisch? Sozialwissenschaft. Neuberger sagt, dass Kultur und Lokalpolitik keine Bedeutung bei jungen Leuten haben. Weiche Themen stehen vorn. Freizeit, Freunde.
CUT 4: Sprechen die vier Männer (warum keine Frau?) nebeneinander? Oder sprechen die auch mal miteinander? Wir sind es gewohnt, das ist bei Maischberger ähnlich. Aber muss das so bleiben. Antwort: Nein. Hey, ihr vier: Macht mal Stimmung, macht mal weniger Akademie, weniger Nominalisierungen. Jetzt wirds schief, Haushaltsschieflage. Oh Mann, schon wieder einer, der was anders darstellen will. Nein. Das hilft nicht. Bitte. Es gibt Erwartungshaltungen und Klischees. Olle Kamelle. Was Lutz Feierabend als Kölner wohl über olle Kamelle denkt.
Huch. Einzelverkauf. Neue Idee. Aufbereiten. Macht doch keiner, Uwe Zimmer (früher NW Bielefeld hat dazu was in Konstanz auf dem Lokaljournalistenforum gesagt). Intermezzo. Nicht der Hype, jetzt den Ball flach halten.
CUT 5: Wo stehen wir? Keynotespeakers – was redet ihr?
Gatekeeper, Online, Zeiterscheinung, Wandel, Crossmedial. 1000 Mal gehört. Änderungen im Kopf. Bitte. Mehr Kreativität, weniger Begriffsrecycling. Danke.
Zurück zum Podium. Feierabend findet Gefallen an Neuberger, der sich seiner Meinung nach die besten Gedanken über Problem und Problemlösung gemacht hat. Jetzt redet Neuberger seit gefühlten 180 Sekunden. Zuviel. Schon mal Instrumente zur Lenkung von Aufmerksamkeit studiert. 240 Sekunden. Neuberger sagt vielleicht was Gutes über eine 500-Seiten-Studie, aber die Botschaft bleibt im Dschungel der Wortfülle hängen.
Heer knüpft an. Aber bei Borowski. Zeit. Klare Überprüfung, nicht immer draufsatteln. Weglassen. Geiler Satz. Endlich, ich bin begeistert, La-Ola-Welle für Heer. Er fragt: Mit was haben wir dem Leser über Jahre die Zeit gestohlen? Danke.
Leider wirds wieder episch. Horseling will wissen, ob die da bei Heer auch mal Bauausschüsse weglassen. Oder Kreisliga-B-Fußball. Klientel zurückdrängen. Hmmh, nicht neu. Ghetto.
20.15 Uhr. Horseling will in den Dialog einsteigen. Tut er es? Nein, er fragt wieder das Podium. Ich dachte, er will die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fragen. Borowski spricht von der Paywall (semi-geiler Begriff), sieht aber kein Geschäftsmodell. Dafür kommt hier gerade am Rande eine andere Frage auf. Soll nicht despektierlich sein: Warum glänzen hohe Stirne (vulgo: Glatzen)? Fragt mich just eine Frau, die neben mir Platz genommen hat. Antwort: Wikipedia. Ich bin für einen Moment ratlos, rastlos, jetzt noch ein Komma und ich drehe ab.
Neuer Input von hinten: Emma, der Seminarhund schüttelt sich. Heer räsonniert über Landräte und das ist Körperverletzung. Heer: „Monats-Abo für 3,99 Euro“ Heer macht den Takko-Mann im Medienbereich. Aja, 3,99 Euro für Inhalte auf dem ipad. Ok.
20.25 Uhr. Finden sich Dialogpartner? Ja, Lutz aus Köln macht los. Er will was von Neuberger. Was müssen wir tun? Innovationsmanager. Frage an Nicole Amolsch: Was hast du zuletzt innovatives getan? Amolsch gegenüber dpa: „Triathlon, für mich war es innovativ.“ Schwimmen, Radfahren, Laufen: Gesamtzeit: 1.39 Stunden.
Sowas geht nur hier im Blogg. Cool. Metaebene, Master of Ablenkung, Funktionalitäten von Irgendwie. Neuberger nimmt viele Substantive in den Mund. Feierabend bleibt ratlos zurück.
Voting des Abendes. Hier werden Bericht und Kommentar leicht gemixt. Wie Dimix, Bier und Cola. Das ist jetzt en vogue. Also. Heer: Ordentliche Performace, etwas viel Pathos an den falschen Stellen. Solide. Horseling: Ausreichend, ausgleichend, blieb aber zu oft hinter den Erwartungen zurück. Neuberger: Ja. Ahnung, aber bisweilen espritfrei, kann mehr. Borowski: Konfliktscheu. Unnötig defensiv, ab ins Trainingslager. Schienbeinschoner einpacken.
Okay, hier steige ich noch einmal ein. Hatte gerade 3-4 Minuten Pause. Susanne Koch fragt nach dem Einzelverkauf. Will, dass Borowski was nachliefert.
RSS-Feeds. Netz-Avantgarde, Nachrichten. Nicole meint, ich würde mir hier richtig Freunde machen. Ohoh. Etwas Humor erscheint mir angemessen, gleichwohl versteht nicht jeder den meinen. Ergo: die Rezipienten mögen Gnade vor Recht ergehen lassen. Danke im Voraus.
Jetzt läuft Bibel TV: Der Pastor konnte nach Gutenberg nicht mehr alles von der Kanzel erklären. Ist wie heute: Nach der Ausbreitung des Internets können auch Zeitungen nicht mehr alles erklären.
Lutz packt sein iphone aus. Ich dachte kress-report. Nein. Spielt Deutschland schon gegen Schweden. Hoffentlich mit Großkreutz, Götze, Hummels und Schmelzer. Ich bin latenter Klopp-Fan.
Zurück in den Saal. Ah, wieder zögerliche Zeitungen (Neuberger). USA, einzelnde Beispiele. Ein Institut in Florida (Poynter). Qualitätsverbesserungen im Journalismus. Zeit. Da war sie wieder. Willen beim Verlagsmanager.
Angst vor langen Texten? Geben Augsburg und Heilbronn vor. Heer: „Ein guter Text kann lang sein, ein langer Text muss nicht gut sein.“ Heer scheint ungefähr so alt wie ich.
Neue Substantive: Trägheit, Zug, Platzhirsche, Trendscout. Fehler, es ist noch Zeit, zu korrigieren.
Raum: Zu warm, die Luft ist dick, es mangelt an wagemutigem Klima. Kann mal jemand einen Sturm simulieren. Frage.
Aus. Das Spiel ist aus. Deutschland ist Weltmeister!!!
Tschüss. 21.05 h.
Veröffentlicht am 17. November 2010
Da war ich nun tatsächlich dabei, hier in Wolfratshausen. Wegen der neuen Medien. Boah. Danke Axel. Ich nehme an, wie immer Sweatshirt, cooler Schal, smartes Auftreten und millisekundenschnell im Taxieren der Umgebung.