Joachim Braun, Chefredakteur des Nordbayerischern Kuriers aus Bayreuth, meinte: „Lokalpolitiker werden von Lokaljournalisten als Störenfriede betrachtet. “ Andersherum werde Politik von Lokaljournalisten, besonders auch von jungen, als etwas Negatives angesehen. „Man will sich mit niemandem streiten“, meinte Braun. Und die Leser, also die Bürger? „Viele verstehen Politik nicht mehr. Auch lokale Politik ist vom Bürger weggerückt.“
Peter Pauls, Chefredakteur des Kölner Stadt-Anzeigers, sagte, Journalisten im allgemeinen würden als „Hohepriester einer Politik verstanden, die keiner versteht.“ Das Lokale habe aber „gegenüber übergeordneter Politik den Vorteil, dass es näher und erfassbarer ist.“ Lokaljournalisten fielen dabei neue Aufgaben zu. „Es ist an uns, Vertrauen zu erwerben. Wir müssen heute im Wettbewerb zeigen, dass wir eine Plattform für Informationen bieten.“
Entideologisierte Handwerkergeneration?
Pauls sagte, er erlebe eine Entideologisierung unter dem Nachwuchs. „In meiner Generation hatten Journalisten noch eine Mission, das erkenne ich bei den jungen Leuten heute nicht mehr.“ Er sehe viele junge Journalisten, die sehr erfrischend ideologiefern und an der Sache orientiert an die Themen herangingen. „Heute haben wir eher den Handwerkerjournalist, der sich als Dienstleister begreift.
Braun betonte, es gehe im Lokalen darum, dass man die Dinge hinterfrage. „Das ist in erster Linie Aufgabe von Politikberichterstattung.“ Dafür brauche man jedoch Grundwissen: „Wie arbeitet so eine Stadtrat? Da mangelt es vielen schon an Interesse.“ Auf die Frage, welche Konsequenzen sein Verlag aus dem Befund ziehe, meint er ironisch: „Wir versuchen in der Volontärsausbildung zu zeigen, wie schön Politik ist.“
Lokaljournalismus und die Kritik an den Eliten
Pauls betonte, dass durch die Digitalisierung andere Möglichkeit entstanden seien. Seine Redakteure würden zum Beispiel aus Stadtratssitzung twittern, aber nur, wenn es von Bedeutung sei. Menschen besser zu informieren, als es heute der Fall sei, das sei die Aufgabe des Lokalen.
Braun indes wollte „stärker davon sprechen, wo wir inhaltliche Akzente setzen“. Er berichtete von seinem Blog „Ankommen in Bayreuth“, auf dem er Lokalpolitik kommentiert – zuweilen sehr bissig. „Wenn ich im Internet schreibe, schreibe ich lockerer und freier als für die Zeitung“, sagte er. „Der Blog hat die politische Kaste im Verbreitungsgebiet aufgerüttelt.“ Die Bevölkerung nehme ihn aber gar nicht so wahr. Erst durch Hereinnahme der Themen in die Zeitung erreiche man auch die Mitbürger.
„Lokaljournalisten sollten sich mit Eliten anlegen und ihnen auf die Finger hauen“, hob Braun hervor. Man dürfte sich dabei auch irren. Aber Politik müsse spannend sein und Spaß machen. Man solle die Kritik aber nicht zu sehr auf die politischen Protagonisten beziehen, das sei eine Gratwanderung. Braun wies auch daraufhin, dass die Bürger im Lokalen kein Interesse an ironisierenden Formaten hätten. Hier zähle noch so etwas wie Anstand. Ein satirisches Format wie die „Heute-Show“ würde im Lokalen nicht akzeptiert.
Auch Pauls betonte, er sei für Meinungsäußerung im Blatt. Er kritisierte aber den Typ von Journalisten, der nicht in de Lage sei, eine Nachricht zu schreiben, aber zu allem eine Meinung habe. Dieser Typ sterbe aber aus.
Pauls sagte: „Wir brauchen Journalisten, die Eliten auf die Finger klopfen, und Verleger, die das aushalten.“ Man brauche aber auch Verleger, die auf das Finanzielle guckten. Die Branche stehe vor gewaltigen Umbrüchen. Er wünsche sich ein gemeinsames Vorgehen von Verlagen und Journalisten, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern.