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Neue Zeiten, neue Strukturen

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Markus Kater und Christine Kröger

Wie innerhalb des Verlags auf den Medienwandel reagieren? Auf dem Forum Lokaljournalismus wurden neue Strukturmodelle aus drei Verlagen vorgestellt. „Neue Redaktionsstrukturen für die Lokalzeitung“ lautete der Titel des Workshops, in dem Wolfram Kiwit (Ruhr Nachrichten), Christine Kröger (Redaktion Ausbildung und Recherche beim Weser-Kurier, im Bild rechts) und Markus Kater (Lokalchef Nordsee-Zeitung, im Bild links) von Neuerungen aus ihren Verlagen berichteten.

Christine Kröger berichtete von der Redaktion Ausbildung und Recherche in ihrem Verlag. Ausgangspunkt sei die Erkenntnis gewesen, dass es immer wieder Themen gebe, „die mehr Zeit brauchen jenseits des Tagesaktuellen“. Sie erinnerte an einen der bekanntesten Recherche-Journalisten Deutschlands: „Leute wie Leyendecker sind vor allem wahnsinnige Arbeitstiere“, sagte sie anerkennend. Ihr Verlag legt nun besonderen Wert auf die Ausbildung in Sachen Recherche. „Wir wollen vermitteln: Es reicht nicht zu googlen und Pressemitteilung abzuschreiben.“

In dem Ausbildungsressort arbeitet Kröger zusammen mit einem weiteren Redakteur, der eigens dafür eingestellt wurde. Ein Volontär durchläuft das Ressort in etwa zwei bis drei Monaten. Das Projekt ist erstmal auf zwei Jahre befristet. Man wolle sehen, ob es sich bewährt.

Tipps zu Recherchen kommen beispielsweise auch aus den Regionalredaktionen. Die Einrichtung des Rechercheressorts bedeutet aber nicht, dass die anderen Kollegen nun gar nicht mehr recherchierten. „Es liegt am jeweiligen Kollegen. Oder an der Kapazität des Ressorts“, erläuterte Kröger. Sie selbst ist völlig von der tagesaktuellen Produktion entbunden. Allerdings muss sie sich mit den anderen Ressorts absprechen, wann Texte erscheinen etc.

Wann eine Geschichte ausrecherchiert ist, liegt letztlich in ihrer eigenen Entscheidung. Viele Geschichten krankten auch am „Todrecherchieren“. Das neue Ressort behalte einen Blick darauf. Insgesamt sei das Modell auch anderen Verlagen sehr zu empfehlen.

Markus Kater schilderte eine Neuerung aus seinem Verlag, die seit eineinhalb Jahren existierende Akademie. Weil manche Kollegen nicht mehr alle Stilformen beherrschten, habe man eine interne Fortbildung mit externen Referenten eingeführt. Diese findet zwei Mal im Jahr statt und dauert jeweils eine Woche. Der normale Produktionsablauf wird nicht gestört. Vor allem ein „Reset des Handwerks“ stehe dabei auf dem Programm, sagte Kater. Es gehe um Stilformen und journalistische Techniken. Aber auch Probleme wie Zeitmanagement würden behandelt. Demnächst werde es auch Kurse zu den soziale Netzwerke geben: Was bringen Facebook, Twitter, wozu können sie dienen?

Nachhilfe für die Kollegen? Kater räumt ein, dass es anfangs großes Gemurre gegeben habe, weil viele dachten, sie würden die Formen noch beherrschen und hätten keine Fortbildung nötig. „Es gibt immer Widerstand, Leute, die weitermachen wollen wie bisher.“ Viele hätten aber während der Fortbildung ihre Meinung geändert.

Kater berichtete auch vom Reporter-Editor-Modell bei der Nordsee-Zeitung, von der Unterscheidung zwischen Blattmachern und Reportern. „Die einen produzieren, die anderen schreiben“, erklärte er. Die lokale Einheit wurde hierfür aufgehoben, der Lokalchef sitzt am Desk. Für Kater eine Struktur, an der kein Weg mehr vorbei führt.

Dies sieht auch Wolfram Kiwit von den Ruhr Nachrichten so. Auch in seinem Verlag gibt es in der Lokalredaktion das Reporter-Editor-Modell mit regionalen Newsdesks. „Am Desk sitzen die Editoren, in den Lokalredaktionen Reporter und Chefreporter. Das Desk führt die Ausgabe, an der Spitze der Newsdeskmanager.“ Der große Vorteil: „Wir produzieren aus diesen Strukturen heraus crossmedial. Auf der Homepage der Ruhr Nachrichten steht morgens um sieben zum Beispiel, welche Straße gesperrt ist – und auch, wann sie wieder frei ist. Wir arbeiten online aktuell. Wir leben von lokalem Content, der für verschiedene Kanäle aufbereitet wird. Die Reporter bleiben vor Ort und können von überall her arbeiten.“

Da die Redakteure im Wandel geschult werden müssten, habe man auch ein Akademie-Modell eingeführt. Das Akademie-Programm stehe das ganze Jahr über im Intranet.

Fazit: Es gibt weiterhin viel zu tun. Und der Journalist lernt niemals aus.

1 Kommentare

  1. Gerd Backenköhler sagt

    Ich werde den Eindruck nicht los, dass die Zeitungen einfach viel zu weit weg von ihren Lesern sind. Langenbuchers „Der missachtete Leser“ gilt noch immer. Da helfen auch nicht alle möglichen Pseudokonzepte und Lobhudeleien. „Ran an den Leser“ muss es einfach heißen – und der „Weser-Kurier“ von heute war auch mal wieder nicht besonders spannend und von News geprägt.

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