Redaktionskonferenz II Wahlen 2017, "Jede Stimme zählt"

Auf ein Gespräch mit den NutzerInnen

Wie können Zeitungen Hassern und Extremisten begegnen und eine offene Gesprächskultur im Netz etablieren? Carline Mohr, Chefin vom Dienst Audience Development Spiegel Online, und Marcel Wolber, Leiter digitale Inhalte und Produkte des Bonner General-Anzeigers, haben von ihren Erfahrungen berichtet und Tipps gegeben.

Ein erster Schritt müsse nach Meinung Carline Mohrs sein, dass sich jedes Medienhaus die grundsätzliche Frage stellen muss, wie weit es die Meinungsfreiheit fasst. Wo hat sie ihre Grenzen? Was soll gelöscht, was kommentiert werden? Was wird an die Rechtsabteilung weitergeleitet? „All diese Fragen sollten zu Beginn anhand von Beispielen geklärt werden. Jedes Medienhaus sollte sich dafür ausgiebig  Zeit nehmen“, plädiert Mohr. Auch Marcel Wolber betont die Wichtigkeit eines solchen Leitfadens: „An diesem können sich alle MitarbeiterInnen orientieren und niemand steht alleine mit den Problemen dar.“ In diesem Zusammenhang weisen beide zudem darauf hin, dass es bisher eigentlich immer gut ankam, wenn sie ihre Arbeit transparent machen und öffentlich darlegen, warum sie wie handeln. Auch dafür sei der angesprochene Leitfaden eine wichtige Grundlage.

Darüber hinaus betont Wolber wie Mohr, dass es ihrer Meinung nach wichtig ist, den Teil der Community zu pflegen und zu unterstützen, der konstruktiv Kritik übt und den Hatern in den Kommentaren mit Argumenten begegnet. „Sie nehmen uns ja zum Teil die Arbeit ab“, wie ein Kollege aus dem Plenum untermauert. Diese Menschen sollten das Gefühl haben, dass ihre Meinung wahrgenommen wird. Dass die Redaktion in der Community sichtbar ist, sei auch für den schweigenden Teil von Bedeutung. „Denn der liest ja auch mit und ist an Fakten interessiert. Im besten Fall werden die Menschen durch Kommentare der Redaktion dazu ermuntert, auch mitzureden“, sagt Mohr.

Eine weitere Hilfestellung impliziert das Stichwort „affirmativ diskutieren“:  „Man sollte aufpassen nicht immer wieder die gleichen Frames zu verwenden“, erklärt Mohr und veranschaulicht dies am Beispiel der Aussage „Obama ist Moslem“. Es sei wichtig derartige Äußerungen nicht zu wiederholen („Nein, Obama ist nicht…“) und damit prominent zu machen, sondern stattdessen darauf hinzuweisen, was Obama tatsächlich ist.

Wer sich noch intensiver mit dem Thema auseinandersetzen möchte, der kann entweder hier www.drehscheibe.org/interview/es-besteht-ein-virtuelles-hausrecht.html oder hier www.drehscheibe.org/internetwerkstatt-detail/umgang-mit-hasskommentaren.html lesen. Oder sich zum Beispiel dieses Buch der österreichischen Journalistin Ingrid Brodnig kaufen www.brandstaetterverlag.com/buch/hass-im-netz