Autor: Christina Knorz

Die zehn Gebote des guten Lokaljournalismus

Von der Küste und den fünf Tage währenden Non-Stop-Gesprächen wieder in den Alltag zurückgekehrt, bleibt noch Eines hier zu tun: ein Versprechen einzulösen. Die zehn Gebote des guten Lokaljournalismus – von unserer Arbeitsgruppe zusammengehirnt – hatte ich hier ja schon angekündigt. Weil Versprechen gehalten werden müssen, sonst weinen die Kinder, aufgemerkt nun also: 1. Du sollst nicht warten, bis der Rat entscheidet! 2. Zeige dem Leser, was ihn betrifft! 3. Du sollst Emotionen wecken! 4. Du sollst Kritik nicht fürchten! 5. Du sollst über den Tellerrand deiner Gemeinde schauen! 6. Du sollst Chancen zum Handeln aufzeigen! 7. Du sollst alle Seiten beleuchten! 8. Du sollst keine Angst vor Online haben! 9. Du sollst offen bleiben und moderieren! 10. You’ll never work alone! An dieser Stelle noch einen herzlichen Dank und Gruß an diese famose Arbeitsgruppe: Fariba Sattler, Joachim Schmidt, Johann Stoll, Andreas Fuhrmann, Andreas Raith und Stefan Aschauer-Hundt. Schön war’s – und ich überlege schon fleißig, wie wir in einer Serie zusammenarbeiten können. Bis bald!

Den Braten riechen III

12. Köpfe des Elternprotest vorstellen 13. Podiumsdiskussion organisieren, in der Ankündigung in Social Media-Kanälen aufrufen, Fragen zu schicken, von der PD twittern, anschließend berichten, Stimmung transportieren, im Nachgang kommentieren. Parallel dazu als Gegenüberstellung: Wie redet der Rest der Stadt über das Thema – beim Frisör, in der Kneipe, im Waschsalon, im Bäcker: was ist zur Zeit Stadtgespräch? Ist denen das alles wurscht. 14. Die nachfolgende Berichterstattung muss sich mit den bisher aufgezeigten Methoden auf den verschiedenen Kanälen an der weiteren Entwicklung der Dinge orientieren. Falls es zum Bürgerentscheid kommen sollte, müsste man natürlich erklären, was das ist, wie der funktioniert und welche Effekte er haben kann. 15. Wird die Schule dann tatsächlich geschlossen, bringt man eine Chronologie, vielleicht auch als Grafik. Ein Kollege behält den Hut auf, was das Thema betrifft. Er soll immer mal wieder eine Geschichte bringen: Wie sind die Schüler in der neuen Schule integriert worden? Wie hat sich ds Schulwegproblem geklärt? Wie ist das arbeiten in den neuen, größeren (?) Klassen? So, gehen jetzt noch mal drüber und erstellen eine Tabelle. …

Den Braten riechen II

Wir haben erst mal die zehn Gebote des guten Journalismus aufgestellt – mei, war das lustig! Gehen noch mal drüber und veröffentlichen es später. Jetzt geht’s weiter mit unserer Grundschule, die geschlossen wird. Wir arbeiten in diesem fiktiven Fall selbstredend unter der Prämisse, dass wir mit unserer Vermutung richtig lagen, die Schule geschlossen wird und sich ein Bürgerprotest formiert. 8. Die Nachricht sickert aus dem Stadtrat: Ja, die Schule x wird geschlossen. Eine Redaktionskonferenz wird einberufen, um das Vorgehen zu besprechen. Die Meldung geht abends online, der Bericht mit Stellungnahmen von Schulleiter, Fraktionsvorsitzenden, OB und Elternbeirat kommt ins Blatt. Hinweise auf Twitter und Facebook mit Nachricht und Verweis auf Hintergründe im Blatt, plus dem Hinweis, dass die Redaktion an diesem Morgen um 8 Uhr an der Schule sein wird. „Diskutieren Sie mit“ im Forum, etc. Neue Frage der Woche im Internet: Die Schule X wird geschlossen, was halten Sie davon (A. Ich ziehe um in eine Stadt, in der Bildung noch ernst genommen wird. B. Ist mir egal. C. Besser die als eine andere. D. …

Viel Geld für nix?

Wie Oliver Märker („Wir wollen mehr Bürgernähe erreichen“, verkauft das Konzept an Kommunen) einräumte, beteiligen sich tatsächlich nur ein bis drei Prozent der Bevölkerung an Bürgerhaushalten – „aber man kann ohnenhin nur die ansprechen, die sich politisch engagieren“. Das kostet die Kommune laut Märker 77.000 Euro. CDU-Eisel hält dagegen, zu den Kosten für die Firma komme noch in Köln eine Personalstelle und so summiere es sich auf 250.000 Euro.

Erst mal zuhören

Gestern Nacht noch lange und lustig mit dem Friedenspfarrer Benedikt Schirge und Jochen Ich-bin-kein-Berufsdemonstrant Stay diskutiert (für Gastkommentare stehen die beiden übrigens ab und an zur Verfügung, kontakt@bi-freieheide.de, j.stay@jpberlin.de). Viel gelernt über die Inszenierung von Demonstrationen, damit wir Pressefuzzis auch berichten, absurde Geschichten gehört über Presseanfragen: „Sie haben eine Demo, besorgen Sie mir eine alleinerziehende Mutter aus Meck-Pom und einen Langzeitstudenten“, „Formulieren Sie das lieber so, dann können wir es besser zitieren“. Fazit: Selbstüberprüfung; nicht mit der fertigen Geschichte im Kopf zum Termin! Schönes Zitat: „Unterschätzen Sie die Macht des Papiers nicht.“ (Schirge) Jetzt sind Bürgerhaushalte Thema des Vortrags. Erst mal zuhören.

Den Braten riechen I

Das Gedankenspiel an einem Beispiel beginnt. Ziel: Lokalpolitik zum Stadtgespräch machen. Maßgabe: Möglichst lesernah. Status in der Stadt: Der Fall ist noch nicht eingetreten, es hat sich noch kein Bürgerprotest formiert, die Politik spricht das Thema nicht offen an, die Redaktion riecht den Braten – die Schülerzahlen sinken seit Jahren, die Stadt wird um eine Grund-Schulschließungen der fünf vorhandenen nicht umhin kommen. Ein Topthema, schließlich wollen wir nicht zuletzt Familien in der Relevanz unserer Berichterstattung an uns binden. Eine Redaktionskonferenz wird einberufen. 1.1: Daten sammeln – beim Kultusministerium (was sind kritische Zahlen für eine Klasse, für eine Schule?), – beim Stat. Landesamt (wie ist der prognostizierte Geburtenrückgang in den nächsten Jahren), – beim Schulamt/Einwohnermeldeamt (welche Schule in der Stadt hat welche Schülerzahlen? Wie viele Kinder kommen nach), – persönliche Kontakte (kennt jemand jemanden, der ein Kind in der Schule hat, jemanden im Elternbeirat?), – Internet (äußert sich schon jemand aus der Schule oder dem schulischen Umfeld zu dem drohenden Problem?), – Wahlprogramme und Aussagen der Politiker zu Bildung schon mal aus dem Archiv kramen 1.2: …