Wenn Journalisten zu Ermittlern werden, decken sie auch mal einen Kriminalfall auf – so wie Wolfgang Kaes, der Chefreporter des Bonner General-Anzeigers. In Gummersbach erzählte der Krimiautor von seiner im wahrsten Sinne des Wortes spannenden Arbeit.
Der Beruf des Kriminalkommissars ist dem des investigativen Journalisten in manchen Bereichen sehr ähnlich. Beide ermitteln und recherchieren im Idealfall akribisch. Und beide decken im Idealfall Missstände oder Verbrechen auf. Und so konnte sich Wolfgang Kaes zu Beginn seines Berufslebens auch nicht so einfach entscheiden, welchen Weg er denn einschlagen wolle. Schließlich wurde er Journalist – und deckte als solcher unter anderem einen 16 Jahre alten Vermisstenfall auf – den Fall einer Arzthelferin, die 1996 erstickt und im Wald verscharrt worden war. Für die „außergewöhnliche Rechercheleistung“ wurde Kaes 2012 vom MediumMagazin zu einem der „Journalisten des Jahres“ gekürt, auch den Henri-Nannen-Preis erhielt er.
Doch wie kam es dazu? Der Weg zum lokalen Star-Reporter jedenfalls war lang und steinig – das erfuhren die Teilnehmerinnen un Teilnehmer der Redaktionskonferenz Lokaljournalismus 4.0 am Mittwochabend in Gummersbach aus erster Hand. Um sein Studium zu finanzieren, hatte sich Kaes unter anderem als Waldarbeiter und Lastwagenfahrer, als Hilfskraft im Straßenbau und als Taxifahrer in der Nachtschicht verdingt. „Diese Jobs halfen mir dabei, Zugang zu finden zu Leuten aus ganz unterschiedlichen sozialen Schichten“, erzählte Kaes. Moderator und Westfalenpost-Chef Jost Lübben nannte es den „enormen Spannungsbogen“ in Kaes‘ Leben, dass all diese ungewöhnlichen Stationen und das Studium der Politik Kaes letzten Endes zum Posten des Chefreporters des Bonner General-Anzeigers geführt haben. Und damit auch zu den Enthüllungen. Und nicht nur das: Seit 2003 veröffentlicht Kaes auch noch erfolgreich Kriminalromane bei großen Publikumsverlagen.
„Wolfgang Kaes ist ein journalistisches Schwergewicht. Er hat Fälle aufgeklärt, von denen man als normaler Mensch denkt: Das gibt es doch gar nicht!“ (Jost Lübben, Chefredakteur Westfalenpost)
Man könnte es so sagen: Kaes setzt den Stoff aus dem realen Leben in Fiktion um – und so sind die Leser im wahrsten Sinne „nah dran“ am Kriminalgeschehen. Aber wie kommt ein Lokalredakteur überhaupt darauf, so viel Arbeits- und Lebenszeit in die Recherche eines uralten Kriminalfalls zu stecken? Irgendwann, nachdem er auf den Fall gestoßen war, so versuchte Kaes es am Mittwoch zu erklären, ließ ihn eine Frage einfach nicht mehr los: „Gibt es in Deutschland Menschen, die einfach so verschwinden?“ Schon ein Blick in die Kriminalstatistiken zeigte ihm: Ja, die gibt es. Und zwar gar nicht so wenige. Eine „journalsitisch getriebene Recherche“, wie Kaes es bezeichnet, nahm ihren Lauf.
Doch wie bei einer polizeilichen Ermittlung ist es eben auch im Journalismus mit der „reinen Wahrheit“ oft nicht so einfach. Gründliche Recherche ist harte Arbeit. Kaes hatt Glück, erzählte er am Mittwochabend jedoch auf Nachfrage: Denn sein Chef ließ ihm die nötige Zeit zur Recherche. Der Grund für seine gewissenhafte Arbeit sei aber vor allem ein „starkes Gerechtigkeitsgefühl“, so Kaes. Der Journalist als – im besten Sinne – Spürhund also.
Und Kaes macht weiter, beißt sich weiter in vertrackte Fälle. Momentan ist er an den Umständen des Todes eines jungen Mannes dran. „Ich glaube er ist umgebracht worden“, sagte Kaes am Mittwochabend. Und: „Ich bin fest davon überzeugt“. Er wird auch hier nicht lockerlassen.
Mehr lesen? Wir haben da was: „Wolfgang Kaes auf dem Modellseminar Tatort Deutschland“ (Rostock, 2013)