Folo 2014

Freiheit schafft Motivation – Praxisgespräch 4

Wie kein motivierter und qualitätvoller Lokaljournalismus "in der Provinz" aussehen?

Wie kein motivierter und qualitätvoller Lokaljournalismus „in der Provinz“ aussehen?

Wie schaffe ich es, dass meine Mitarbeiter motiviert arbeiten? Wie kann ich mich und meine Redaktion neu erfinden und aus der klassischen Vereinsberichterstattung ausbrechen? 50 Prozent der Journalisten würden sich laut einer aktuellen Studie nicht für den Leser interessieren, sagte Maike Sophie Wessolowski, Leiterin der Lokalredaktion Dillenburg des Herborner Tageblatts. Angeregt und angereichert mit vielen Erfahrungen aus Redaktionen aus ganz Deutschland haben Redakteurinnen und Redakteure über das Problem der „unkreativen Frösche“ unter ihnen diskutiert.

 

Die Lokaljournalisten haben gemeinsame Lösungsansätze gesucht und sind auf fünf Thesen gekommen:

1. Freiheit schafft Motivation
Die Freiheit als junger Journalist etwas Neues ausprobieren zu dürfen, aus den alten Strukturen auszubrechen und nicht nur nach dem Terminjournalismus zu arbeiten: „Was fehlt ist, dass die Leute einfach mal laufen gelassen werden.“ Dies war ein Grundgedanke, dem viele Teilnehmer der Gesprächsrunden zugestimmt haben. Besonders auch die freien Mitarbeiter müssten geschult werden. Dazu gehöre auch, dass sie nicht nur die „Drecksarbeit“ zu erledigen haben.

2. Kommunikation innerhalb der Redaktion ist extrem wichtig
Ein Koordinatensystem: Die eine Achse steht für Relevanz, die andere für Spannung. Die Redaktionsmitglieder ordnen ihre Themenvorschläge nach diesen Kriterien ein. Schneidet ein Thema eher schlecht ab, wird über Möglichkeiten nachgedacht, damit das Thema die beiden Kriterien erfüllt. Das System ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie durch gezielte Kommunikation in den Redaktionen das Format aufgewertet werden kann. Angeführt wurden zudem Checklisten, regelmäßige Treffen, um Themen zu planen und zu sammeln und eine ehrliche Blattkritik.

3. „Bekloppte Leute“ sind gefragt
„Die Mitarbeiter müssen innerlich brennen.“ Sie müssen auch mal auf verrückte Themen kommen und einfach neugierig durch die Stadt gehen; interessiert hinter geschlossene Türen blicken – wichtige Anforderungen, auch an Lokaljournalisten.

4. Wenn ich dem Leser etwas nehme, muss ich ihm dafür etwas Neues geben
Stichwort: Vereinsberichterstattung – Die typischen Orgelpfeifenbilder und ein chronologisch verfasster Bericht über die Jahreshauptversammlung werden an die Lokalredaktionen weitergeleitet. Was kann daran verändert werden, ohne dem Leser das Gefühl zu geben, ihm etwas wegzunehmen? Hintergrundgeschichten, Interviews und Reportagen, die das Zusammenleben in den Dörfern widerspiegeln oder eine regelmäßig erscheinende Sonderausgabe mit den klassischen Vereinsberichten sind zwei der vorgestellten Lösungsansätze. Wichtig sei vor allem der Austausch mit den Vereinen. Auch diese müssten begreifen, dass mit innovativen Formen der Berichterstattung mehr Leser gewinnen und damit auch mehr Aufmerksamkeit generiert werden kann.

5. Leserbindung
Soziale Netzwerke, Leserstammtische und –anwälte: Der Leser muss an seine Zeitung gebunden werden und sich ernst genommen fühlen. Er soll verstehen, warum über die Jahreshauptversammlung der Kaninchenzüchter nicht zum zehnten Mal auf gewohnte Weise berichtet wird. Deshalb sei es wichtig, den Kontakt mit den Zeitungskonsumenten zu suchen und sich mit ihnen auszutauschen.

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