Manche lokale Onlinemedien haben sich durchgesetzt und haben sich jenseits etablierter Verlagsstrukturen in ihrem Stadtteil, ihrem Ort oder in ihrer Region einen Namen gemacht. Ihre Inhalte sind manchmal Stadtgespräch, die Beiträge werden gut geklickt. Andere Plattformen mussten bald wieder aufgeben, weil sie nicht genügend Geld erwirtschaften konnten, um ihre Redaktionen am Laufen zu halten. Was sind also die Faktoren, die zum – auch wirtschaftlichen – Erfolg eines neuen Blogs oder Onlinemagazins auf lokaler Ebene beitragen?
Darum geht es heute und morgen auf der Redaktionskonferenz der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) zum Thema. Zu Beginn widmeten sich Prof. Dr. Wiebke Möhring und ihre Mitarbeiterin Laura Leißner vom Institut für Journalistik der TU Dortmund dem lokalen Onlinejournalismus von der wissenschaftlichen Warte aus.
„Es ist toll, dass Menschen jetzt sehr viel mehr Möglichkeiten haben, etwas über das Lokale zu erfahren“ (Prof. Dr. Wiebke Möhring)
„Lokale Medienrepertoires haben sich deutlich vergrößert und es ist toll, dass Menschen jetzt sehr viel mehr Möglichkeiten haben, etwas über das Lokale zu erfahren“, sagte Möhring in Berlin. Untersuchungen besagen, dass jeder fünfte Internetnutzer lokale Blogs besucht, gerade im städtischen Raum steige die Nachfrage nach solchen Angeboten. Warum? Es gebe einen Wunsch nach mehr Vielfalt in der lokalen Berichterstattung und teilweise auch den Wunsch nach einer Gegenöffentlichkeit zu den lokalen Platzhirschen auf dem Medienmarkt.
61 lokale, verlagsunabhängige Onlinemedien in Nordrhein-Westfalen haben Möhring und Leißner untersucht. Aufgefallen ist ihnen dabei vor allem die hohe Dichte an kurzen Beiträgen – zum Beispiel Polizeimeldungen. 20 Prozent der untersuchten Beiträge hatten 100 Wörter oder weniger. Kommentierende Beiträge waren selten., „Die vielen Darstellungsformen, die online eigentlich möglich sind, werden nur sehr selten umgesetzt“, stellte Leißner fest. Auch vorhandene Kommentarspalten wurden kaum genutzt. Inhaltlich ist – wissenschaftlich betrachtet – also durchaus noch Luft nach oben.
Folgende Thesen haben die beiden Wissenschaftlerinnen mit nach Berlin gebracht.
- Auch im digitalen Zeitalter braucht die Gesellschaft guten und vielfältigen Lokaljournalismus.
- Der lokale Kommunikationsraum ist heute durch eine hohe Angebotsvielfalt und Dynamik geprägt.
- Unabhängige lokale Onlinemedien entwickeln sich zu einem festen Bestandteil lokaler Informationsrepertoires.
- Sowohl die Betreiber und Autoren, die Inhalte als auch die publizistischen Leistungen unabhängiger lokaler Onlinemedien sind äußerst divers.
- Viele der unabhängigen Onlinemedien schöpfen ihre Potenziale noch nicht umfassend aus.
Auch Tipps für die redaktionelle Arbeit gab es:
1. Qualität statt Quantität! Kurze Meldungen zu aktuellen Ereignissen haben heute viele – vor allem in den Sozialen Netzwerken. Versuchen Sie daher einen Mehrwert zu bieten und konzentrieren Sie sich auf die Hintergründe und Konsequenzen eines Ereignisses.
2. Setzen Sie eigene Themen! Orientieren Sie sich nicht nur an den Terminen, die Politiker, Vereine oder Interessenvertreter vorgeben. Suchen und recherchieren Sie die spannenden, vielleicht bisher noch unbekannten Geschichten vor Ort und setzen Sie so eigene Schwerpunkte.
3. Nehmen Sie Ihre Leser ernst! Guter Journalismus braucht die Interaktion mit dem Publikum. Einerseits bieten Soziale Netzwerke vielfältige Möglichkeiten, um ein direktes Feedback der Leserinnen und Leser zu erhalten. Nutzen Sie diese! Andererseits können Bürgerinnen und Bürger selbst Teil des Produktionsprozesses werden, indem sie Themenvorschläge einreichen, an der Recherche beteiligt werden oder auch eigene Beiträge verfassen.
4. Schreiben Sie kreativ und mitreißend! Selbstverständlich gehört die Trennung zwischen Nachricht und Kommentar zu den Grundnormen eines guten Journalismus. Jedoch muss die Sprache nicht immer nüchtern sein. Seien Sie kreativ und fesseln Sie Ihr Publikum mit Ihren Texten.
5. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Kernkompetenz: das (Hyper-)Lokale! Aufgrund der zunehmend größer werdenden Gebiete, die einzelne Redaktionen traditioneller Lokalzeitungen abdecken müssen, fehlt dort oft die Zeit und der Raum für bestimmte Orte und Themen. Suchen Sich also diese lokalen Nischen und wenden Sie sich Ihrer Nachbarschaft zu.
6. Nutzen Sie die Chancen, die das Arbeiten online bietet! Die technischen Möglichkeiten des Online-Journalismus werden häufig nicht ausgeschöpft: Text, Bild, Audio – nutzen und kombinieren Sie die Vielfalt dieser Kanäle. Natürlich fordert gerade audiovisuelle Berichterstattung einen großen Ressourceneinsatz. Bei der richtigen Planung kann sich das aber lohnen.
7. Vernetzen Sie sich vor Ort – online und offline! Um sich langfristig als lokales Informationsangebot zu etablieren, brauchen Sie den Kontakt zu relevanten Persönlichkeiten und Meinungsführern vor Ort. Vernetzen Sie sich daher in Ihrer Region und lernen Sie Ihr Publikum kennen.
Mehr Informationen zu Prof. Dr. Wiebke Möhring und ihrer Arbeit gibt es hier.