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Von Print emanzipieren

„Fangen Sie jetzt an, sich von Print zu emanzipieren.“ Mit dieser Botschaft setzte Meinolf Ellers den Schlusspunkt des Kamingesprächs. „E-Publishing wird Print ablösen“, ist er überzeugt. Für ihn ist es nur noch eine Frage der Zeit. Deswegen sollten die Verlage von ihrer Ein-Produkt-Philosophie abkommen und in ihren Redaktionen Produktionsabläufe entwickeln, die medienneutral aufgebaut, aber multikanalfähig sind. Vom herkömmlichen Printmodell aus gesehen sind Plattform und Verpackung nicht mehr zukunftstauglich. Zuversicht für die Tragfähigkeit neuer Geschäftsmodelle bezieht er aus den zwei Assets, quasi dem Vermögen und der Kernkompetenz von Regionalzeitungen: Sie verfügen zum einen über die Beziehungen zu den Lesern und Kunden, die in der lokalen Lebenswelt verankert sind, zum anderen über ihre Marken, mit denen Vertrauenskapital verbunden ist. Ellers: „Daraus kann man was machen, wenn man nicht papierhörig ist.“ Voraussetzung ist aber auch: „Näher ran an die Menschen, Leser wie Kunden.“

Von Print emanzipieren

„Fangen Sie jetzt an, sich von Print zu emanzipieren.“ Mit dieser Botschaft setzte Meinolf Ellers den Schlusspunkt des Kamingesprächs. „E-Publishing wird Print ablösen“, ist er überzeugt. Für ihn ist es nur noch eine Frage der Zeit. Deswegen sollten die Verlage von ihrer Ein-Produkt-Philosophie abkommen und in ihren Redaktionen Produktionsabläufe entwickeln, die medienneutral aufgebaut, aber multikanalfähig sind. Vom herkömmlichen Printmodell aus gesehen sind Plattform und Verpackung nicht mehr zukunftstauglich. Zuversicht für die Tragfähigkeit neuer Geschäftsmodelle bezieht er aus den zwei Assets, quasi dem Vermögen und der Kernkompetenz von Regionalzeitungen: Sie verfügen zum einen über die Beziehungen zu den Lesern und Kunden, die in der lokalen Lebenswelt verankert sind, zum anderen über ihre Marken, mit denen Vertrauenskapital verbunden ist. Ellers: „Daraus kann man was machen, wenn man nicht papierhörig ist.“ Voraussetzung ist aber auch: „Näher ran an die Menschen, Leser wie Kunden.“

Lob der Unbehaglichkeit

Es irrt, wer meint, er könnte seinen behaglichen Redaktionsalltag beibehalten und gleichzeitig Leser binden – meint Meinolf Ellers, Geschäftsführer von dpa-infocom. Im Kamingespräch im Modellseminars „Das Netz ist lokal“ machte er klar:  Es muss mehr drin sein. Ein Medienkanal alleine, sprich die Zeitung, erreicht nicht alle potenziellen Leser. Vor allem nicht dann, wenn sie erreicht werden wollen. Wenn sie Zeit und Muße  haben, die fraglos intelligent recherchierten Informationen aufzunehmen.

Klar, der Nachbar, der morgens eine Dreiviertelstunde mit dem Zug zur Arbeit fährt, liest zwischen Aalen und Stuttgart, was morgens um halb fünf ins Haus geflattert kam. Auch die alte Dame im Pflegeheim wartet noch immer jeden Morgen aufs Blatt, liest die Zeitung von hinten bis vorne: Todesanzeigen, Sport (wird beiseite gelegt), Lokales, Vermischtes und dann noch Politik.

Aber schon in der Mittagspause ändern sich die Wünsche der Leser. Der Nachbar mit dem langen Arbeitsweg, die berufstätige Mutter, sie lassen um Punkt 12.20, wenn sich grad das Schnitzel Hawaii aus der Kantine im ersten Stadium der Verdauung befindet, den Browser hochschnalzen, gehen surfen. Da müssen jetzt Infos her. Unterhaltsam, bissig und habhaft. Die alte Dame interessiert das nicht, sie ist mit einem Kaffee zum Nachtisch zufrieden.

Und wer moderne Familienmütter und – väter ansprechen will, verschleudert seine Kapazitäten, wenn er ihnen morgens zwischen Zähneputzen und Kita auf frisch bedrucktem Papier das  Neusten vom Neusten präsentieren will. Besser sieht’s zu einem anderen Zeitpunkt aus. Wenn die Sprösslinge mit dem abendlichen Wursbrot versorgt sind, noch eine Runde mit Puppe oder Bauklötzen spielen und die Tagesschau auf sich warten lässt – dann hat das Stündlein des wissbegierigen I-Pad-Users geschlagen: Ab mit dem Gerät aufs Sofa. Dann ist Zeit für die Lektüre der möglichst personalisierten und gerne auch lokale Nachrichten: Fußballclub, Neues aus dem Gemeinderat, der Streit ums neue Spaßbad zwei Straßen weiter.

Das heißt: Liebe Redakteure, schüttelt Gewohn- und Bequemlichkeiten ab. Denkt nicht mehr nur an die Druckerpresse. „Der Andruck versaut das Denken“, sagt Ellers und hat recht. Der Journalist an sich ist Dienstleister – und dies nicht nur an der Rotation. Nachrichten auszuwählen, zu werten, zu kommentieren – braucht keine Druckerschwärze.  Auch Pixel und der richtige Moment lassen Infos da ankommen, wo sie hin sollen. Zum medienaffinen Kunden. Und der Dienstleister muss liefern, wenn jener ihn braucht. Wer Hunger auf Informationen hat, soll ihn stillen können.  Was bringt mir schließlich der Senf, wenn die Wurst schon längst gegessen ist?

Lob der Unbehaglichkeit

Es irrt, wer meint, er könnte seinen behaglichen Redaktionsalltag beibehalten und gleichzeitig Leser binden – meint Meinolf Ellers, Geschäftsführer von dpa-infocom. Im Kamingespräch im Modellseminars „Das Netz ist lokal“ machte er klar:  Es muss mehr drin sein. Ein Medienkanal alleine, sprich die Zeitung, erreicht nicht alle potenziellen Leser. Vor allem nicht dann, wenn sie erreicht werden wollen. Wenn sie Zeit und Muße  haben, die fraglos intelligent recherchierten Informationen aufzunehmen.

Klar, der Nachbar, der morgens eine Dreiviertelstunde mit dem Zug zur Arbeit fährt, liest zwischen Aalen und Stuttgart, was morgens um halb fünf ins Haus geflattert kam. Auch die alte Dame im Pflegeheim wartet noch immer jeden Morgen aufs Blatt, liest die Zeitung von hinten bis vorne: Todesanzeigen, Sport (wird beiseite gelegt), Lokales, Vermischtes und dann noch Politik.

Aber schon in der Mittagspause ändern sich die Wünsche der Leser. Der Nachbar mit dem langen Arbeitsweg, die berufstätige Mutter, sie lassen um Punkt 12.20, wenn sich grad das Schnitzel Hawaii aus der Kantine im ersten Stadium der Verdauung befindet, den Browser hochschnalzen, gehen surfen. Da müssen jetzt Infos her. Unterhaltsam, bissig und habhaft. Die alte Dame interessiert das nicht, sie ist mit einem Kaffee zum Nachtisch zufrieden.

Und wer moderne Familienmütter und – väter ansprechen will, verschleudert seine Kapazitäten, wenn er ihnen morgens zwischen Zähneputzen und Kita auf frisch bedrucktem Papier das  Neusten vom Neusten präsentieren will. Besser sieht’s zu einem anderen Zeitpunkt aus. Wenn die Sprösslinge mit dem abendlichen Wursbrot versorgt sind, noch eine Runde mit Puppe oder Bauklötzen spielen und die Tagesschau auf sich warten lässt – dann hat das Stündlein des wissbegierigen I-Pad-Users geschlagen: Ab mit dem Gerät aufs Sofa. Dann ist Zeit für die Lektüre der möglichst personalisierten und gerne auch lokale Nachrichten: Fußballclub, Neues aus dem Gemeinderat, der Streit ums neue Spaßbad zwei Straßen weiter.

Das heißt: Liebe Redakteure, schüttelt Gewohn- und Bequemlichkeiten ab. Denkt nicht mehr nur an die Druckerpresse. „Der Andruck versaut das Denken“, sagt Ellers und hat recht. Der Journalist an sich ist Dienstleister – und dies nicht nur an der Rotation. Nachrichten auszuwählen, zu werten, zu kommentieren – braucht keine Druckerschwärze.  Auch Pixel und der richtige Moment lassen Infos da ankommen, wo sie hin sollen. Zum medienaffinen Kunden. Und der Dienstleister muss liefern, wenn jener ihn braucht. Wer Hunger auf Informationen hat, soll ihn stillen können.  Was bringt mir schließlich der Senf, wenn die Wurst schon längst gegessen ist?

Ran an die Leser

Entscheidend für Meinolf Ellers: „Verlage müssen lernen, dass sie wieder näher ran müssen an die Menschen. Es macht für den Sportverein einen Unterschied, ob der Schüler kommt, der kaum seine Kamera bedienen kann oder der Redakteur.“

Da stimme ich ihm voll und ganz zu. Aber die Umsetzung ist nicht so einfach. Wie kann eine kleine Lokalredaktion mit vier Redakteuren und 17 Gemeinden das stemmen?

Ran an die Leser

Entscheidend für Meinolf Ellers: „Verlage müssen lernen, dass sie wieder näher ran müssen an die Menschen. Es macht für den Sportverein einen Unterschied, ob der Schüler kommt, der kaum seine Kamera bedienen kann oder der Redakteur.“

Da stimme ich ihm voll und ganz zu. Aber die Umsetzung ist nicht so einfach. Wie kann eine kleine Lokalredaktion mit vier Redakteuren und 17 Gemeinden das stemmen?

Papier hat keine Zukunft

Meinolf Ellers, Chef dpa-infocom

Die lokale Lebenswelt wird bleiben, doch für Print als Alleinprodukt sieht Meinolf Ellers keine Zukunft.

„Sie werden noch eine lange Zeit gut von Papier leben können“, sagt Meinolf Ellers. Aber die Papierpreise werden bereits im nächsten Jahr steigen und das um bis zu 10 Prozent, ist er sich sicher. Langfristig sieht er für die Tageszeitungen keine Zukunft, wenn sie sich nur auf Print fokussieren.

Aber: Ellers macht den lokalen Tageszeitungen Hoffnung. Die lokale Lebenswelt wird bleiben und das gilt auch für den Lokaljournalisten. Er kann diese Lebenswelt anschaulich und lebensnah darstellen. Kundenbeziehung, Leserbeziehung  – das sind die neuen Zauberwörter. Das Beziehungsmanagment zu den Menschen vor Ort ist der entscheidende Faktor, der das Überleben der lokalen Tageszeitungen beieinflusst. Der zweite wichtige Punkt sei die Marke. Den Menschen muss der Name einer Zeitung bekannt sein, die Menschen müssen mit ihr etwas verbinden. „Ich glaube an das Potenzial des Lokaljournalismus“, sagt Ellers.