Redaktionskonferenz 06/2016, Redaktionskonferenz Lokaljournalismus 4.0 2016

Qualität, was ist das? Und wie kann man sie kontrollieren?

Qualität ist wichtig, das ist klar. Aber wie lässt sie sich erreichen? Und wie kontrollieren? Um diese Fragen ging es in dem Vortrag von Dr. Wolfram Kiwit, Chefredakteur der Ruhr Nachrichten, und Diplom-Journalist Bernd Weber, Geschäftsführer der Medienagentur mct aus Dortmund. Weber entwickelte zusammen mit den Ruhr Nachrichten das Verfahren Cockpit zur Messung redaktioneller Qualität.

Qualitätsverständnis richtet sich nach…

… Sicht der Leser und deren Ansprüchen, selbst gesetzten Zielen der Zeitung, gesellschaftlichen Vorgaben sowie Kriterien aus der Wissenschaft.

Wie wird Qualität der Zeitung überprüft (Bsp: Ruhr Nachrichten)?

1. klassische Leserbefragung: Es gab 5.000 ausgefüllte Fragebögen, davon wurde eine Stichprobe (2400) genommen. Die Angaben wurden mit denen zu anderen Zeitungen verglichen. Zudem gab es Einzelbefragungen zu verschiedenen Themengebieten und verschiedenen Produkten. Die Ergebnisse wurden in der Zeitung veröffentlicht (wichtig: auch die negativen!)
2. Leserabende: Alle 14 Tagen werden Leser ins Verlagshaus geladen. Laut Kiwit ein „Superventil für unzufriedene Leser“. „Wer sich bei uns beschwert, wird zum Leserabend eingeladen.“
3. Befragung der „Noch-Nicht-Leser“. Es gibt Probeabos, dann wird eine Stichprobe mit 850 Fragebögen genommen. Dann Abstimmung mit den Fragebögen der Leser: Wo gibt es Parallelen? Wo Unterschiede? Was muss die Zeitung tun, um neue Leser zu gewinnen?
4.MediaLab: Zusammenschluss von 100 Menschen aus Verbreitungsgebiet, bei denen Zeitung die Interessen kennt. Mit ihnen werden digitale und Print-Produkte getestet.

Herz der Qualitätskontrolle: das Cockpit-Verfahren

* Seit 4 Jahren täglicher Check der Lokalausgabe (4 Lokalseiten, Kriterien: Aktualität, Richtigkeit, Relevanz, Vermittlung). Daraus ergibt sich ein bestimmter Wert.

* gemessene Qualität kommt auch bei Lesern an: Artikel mit guten Cockpit-Noten haben auch höhere Lesequoten. Die journalistischen Kriterien entsprechen also weitestgehend den Kriterien der Leser.

* Eine Einschränkung: Cockpit untersucht handwerkliche Kriterien, kann aber nicht eruieren, ob die Themenwahl richtig war. Es geht immer um objektive, nie um subjektive Faktoren.

* finanzieller Anreiz: es gibt Tantiemen für Lokalchefs – abhängig von Cockpit-Ergebnissen

Weiterer Schwerpunkt in Qualitätskontrolle: Rechtschreibung / Grammatik.

* in der Redaktion gibt es ein doppeltes Korrekturverfahren, ein Redakteur zeichnet sich persönlich für eine Seite verantwortlich. Die Seiten werden ausgedruckt, gelesen und abgezeichnet.

* Standardfehler werden in kleiner Broschüre gedruckt und in Redaktion verteilt.

* Fehlerquoten werden hausintern veröffentlicht

Blick in die Zukunft

Ab 1. August beschäftigt die Zeitung einen Qualitätsmanager, der auch in die einzelnen Lokalredaktionen fährt. Cockpit soll demnächst Online verfügbar sein. Zudem sind weitere Leserbefragungen geplant: Was hat sich in Wahrnehmung der Leser verändert? Was hat sich real verändert?