Wenn man seinem Vortrag zuhörte, musste auch dem Letzten klar werden: Wir reden nicht von der digitalen Zukunft. Sondern von einer digitalen Gegenwart.
Am Anfang des Umdenkens bei Verdens Gang stand der Niedergang der Entwicklung im Printbereich. Auf das rapide Absinken der Leserschaft wollte man mit einem neuen Geschäftsmodell in der „digitalen Arena“ reagieren. „Wir glauben, dass die Werbeeinnahmen im digitalen Bereich steigen“, sagt Pedersen. Schon 2011 verdiente sein Verlag erstmals mehr Geld damit als mit dem herkömmlichen Zeitungsgeschäft.
Anhand zahlreicher Beispiele aus seinem Verlag versuchte der Herausgeber und Geschäftsführer von Verdens Gang zu zeigen, wie sich die Norweger auf den Medienwandel eingestellt haben. Das Konzept: Die Leser rund um die Uhr auf allen Kanälen mit den Nachrichten zu versorgen, die sie suchen. „Das Handy wird die Nachrichtenquelle Nr. 1 sein“, davon ist Pedersen überzeugt. „Die Zeitung ist eine Wasserflasche mit limitiertem Raum, das Digitale aber ist ein Wasserfall.“ Durch verschiedene strukturelle Umbauten, zum Beispiel der Splittung der Muttergesellschaft in einen digitalen und einen Printteil, versuchte Verdens Gang, sich für die neue Zeit zu wappnen. „Wir sind mittendrin im digitalen Raum. Jeder Mitarbeiter braucht ein kostenloses iPhone für das digitale Handwerk“, forderte Pedersen die anwesenden Verleger auf. „Das sendet das Signal aus, dass Sie das ernstnehmen!“ Bei Verdens Gang wird jeder Mitarbeiter aufgefordert, zehn Prozent seiner Arbeit in sozialen Medien zu verbringen.
Anschließend erklärte Pedersen, was dies seiner Ansicht nach zum Beispiel für Webseiten bedeute. Diese müssten dynamisch sein und immer in Bewegung. Die Leser sollen aufgefordert werden, sich mit Beiträgen, etwa Fotos, an den Nachrichten zu beteiligen. „Sie müssen ihre Internetseiten differenzieren“, sagte Pedersen. Für den optimalen Zuschnitt auf das Leserinteresse beobachtet Verdens Gang mit einem Monitoring permanent den Traffic auf der eigenen Seite: „Wir messen alles und zwar ständig.“
Auch Aktionen gehören bei Verdens Gang zum Programm. Als der isländische Vulkan Eyjafjallajökull im April 2010 ausbrach, baute Verdens Gang innerhalb von sieben Stunden eine Mitfahrzentrale auf, holte hunderte Norweger nach Hause und gewann viele Leser.
Das anschaulichste Beispiel für das, was Pedersen unter neuem Journalismus versteht: Als es in Folge eines Bombenanschlags im Redaktionsgebäude von Verdens Gang brannte, lieh sich Pedersen auf der Straße von einem Umstehenden einen Laptop aus, um sofort berichten zu können. „Jemand auf der Straße nach dem Laptop zu fragen, wenn das Haus in Flammen steht – das ist Journalismus”.
Zum Schluss machte Pedersen den Anwesenden noch einmal Mut: „Die Papierauflage wird zurückgehen, aber die Zukunft ist sehr hell. Wir dürfen keine Scheuklappen tragen. Schauen Sie in die Sonne!“
Eindrucksvoller Vortrag über ein tolles Projekt. Interessantes Vorgehen der Norweger, um die Realität der Medienbranche positiv zu begreifen und die Gegenwart sowie die Zukunft zu gestalten. Pedersen gibt viele richtige Antworten. Nur womit er sein Geld verdient, hat er nicht verraten.