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Plattform für kritische Bürger

Offen führte Hubert Denk, Gründer des „Bürgerblick“ aus Passau, die Seminarteilnehmer in die Gründungszeit seines unabhängigen Blogs ein und ließ dabei auch die Schwierigkeiten nicht außen vor. In erster Linie sieht sich Denk in der Funktion, eine zweite Stimme in die Berichterstattung im Lokalen einzubringen und so gegen den Mainstream zu arbeiten. Die Vielfalt in der lokalen Berichterstattung gehe verloren. Lücken, die Denk mit seinem Onlineblog Bürgerblick.de füllen will. Inzwischen ist aus diesem Projekt, das ihm Anfang der 2000er-Jahre eigentlich zur Selbstvermarktung als freier Journalist dienen sollte, eine echtes Gegengewicht geworden. „Ich bin ein Korrektiv, durch meine Berichterstattung ändert sich auch die der Heimatzeitung“, sagt Denk selbstbewusst. Transparenz und Ehrlichkeit gegenüber den Lesern Die Abonnenten genau wie Werbekunden schätzen den transparenten und ehrlichen Journalismus den Hubert Denk inzwischen neben dem Blog auch als Printmagazin und ePaper vermarktet. „Die Frage, ob es für eine Werbeanzeige ein redaktionelles Entgegenkommen geben kann, traut sich bei mir keiner mehr zu stellen“, so Denk. Er beäugt Werbetreibende stattdessen umso kritischer. Das kommt auch bei Unternehmen gut an. Redaktionelle Unabhängigkeit ist essentiell für guten Journalismus …

Keine Lückenbüßer

Lokalblogs schließen die Lücke, die Vollredaktionen und Tageszeitungen heute hinterlassen – zumindest theoretisch, sagt Prof. Dr. Lilienthal, Professor für die Praxis des Qualitätsjournalismus an der Universität Hamburg. Personalabbau und Redaktionsschließungen führen dazu, dass immer kleinere Redaktionen immer größere Verbreitungs- und Berichterstattungsgebiete bedienen müssen. Das bringe zwangsläufig Qualitätseinbußen mit sich, sagt Lilienthal zu Beginn des Seminars „Challenge accepted – Zukunftsstrategien für hyperlokale Onlinemedien“. Zum Download die Powerpoint-Präsentation von Prof. Dr. Volker Lilienthal Tageszeitungen zu ungenau im Lokalen Oberflächliche Recherchen seien genauso eine Begleiterscheinung des „teilweise etwas träge gewordenen“ Lokaljournalismus, wie die Tatsache, dass sich Lokalredaktionen oft und gerne daran orientieren, was die Kommunalpolitik vorgibt und der Bürgermeister erzählt. Obwohl „das Lokale“ eigentlich der Unique Selling Point für die Tageszeitungen sein sollte, sei dieses Ressort häufig schlichtweg unterentwickelt. „Die Arbeit von Vollredaktionen leistet keine Vollversorgung – besonders nicht im Lokalen“, so Lilienthal. Wo manche Lokalzeitungen scheinbar versagen, liege auch eine Chance für hyperlokale Blogs: Sie berichten unmittelbar und live und sind näher dran an dem, was die Zivilgesellschaft in einem Stadtviertel bewegt. Digitale Lokalmedien bereichern nicht nur das lokale Informationsrepertoire, …

Challenge accepted!

Wenn die Staatsanwaltschaft gegen einen freien Journalisten ermittelt, um dessen Recherchewege aufzudecken (Bürgerblick Passau) oder das Bistum gegen die kritische Berichterstattung einer kleinen Online-Lokalzeitung zu einem Missbrauchsfall klagt (regensburg-digital), dann wird deutlich: Nicht nur in großen Verlagsstrukturen können Lokaljournalisten vor Ort Missstände aufdecken und gesellschaftliche Diskussionen anstoßen. Einige hyperlokale Websites sind aus der lokalen Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken, doch ein gutes gemachtes Onlinemedium aufzubauen und zu halten, passiert nicht durch Zufall. Sondern ist das Ergebnis von harter Arbeit und durchdachter Planung. Eine Gruppe von knapp 30 Journalisten und Medienmachern nimmt die Herausforderung an, um bis Samstag in Berlin in dem bpb-Seminar „Challenge accepted! Zukunftsstrategien für hyperlokale Onlinemedien“ eben jene Strategien in Arbeitsgruppen und mit Experten zu diskutieren. Unter ihnen, so zeigte die Vorstellungsrunde, sind „Herzblut-Projekte, die in Zukunft auch Geld abwerfen dürfen“, „etablierte Blogs, die ein Stachel im Fleische“ unkritischer Medien sind, Bürgerjournalismus-Portale, ausdifferenzierte Redaktionen, die klein anfingen und mittlerweile selbst Volontäre ausbilden. Großstadtredaktionen, Kiezredaktionen, Dorfredaktionen. Die Beteiligten haben unterschiedliche Hintergründe und Finanzierungsmodelle, doch ein gemeinsames Ziel: Sich auszutauschen und ihren Platz in der Medienlandschaft langfristig zu …