Wie nehmen Lokalzeitungen und Firmen ihre gesellschaftlichen Verpflichtungen wahr? Um diese Frage drehte sich das erste Podium des 23. Forums Lokaljournalismus.
„Der gesellschaftliche Auftrag der Wirtschaft und der Medien vor Ort“ – so lautete der Titel der Diskussionsrunde. Auf dem Podium vertreten waren Bernhard Mattes, Vorsitzender der Geschäftsführung der Ford-Werke, Dr. Dieter Steinkamp, Vorstandsvorsitzender von RheinEnergie, Robert von Heusinger, Vorstand der Mediengruppe M.DuMont Schauberg und Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung/ bpb. Die Journalistin Andrea Grießmann moderierte die Diskussion.
Unternehmen gegen Pegida?
Krüger eröffnete die Diskussion mit einem in den vergangenen Monaten sehr kontrovers diskutierten Thema: den Pegida-Demonstrationen. Er wollte von Steinkamp wissen, warum sich RheinEnergie dazu entschieden habe, während einer Kögida-Demonstration die Brücken und die Altstadt nicht anzustrahlen. Für Steinkamp war das nichts anderes als ein Bekenntnis zur offenen und toleranten Gesellschaft.
Zum Thema „Lügenpresse“ sagte Heusinger von DuMont, dass man sich schon mit der Frage der Glaubwürdigkeit von Medien auseinandersetzen müsse. Man müsse als Zeitung Fehler eingestehen. „Wir sind gezwungen zu mehr Ehrlichkeit. Wenn wir unter Generalverdacht stehen, nicht ordentlich zu arbeiten, müssen wir eben ordentlicher arbeiten.“ Auch Unternehmen stünden aber in der Verantwortung, den Bürgern die Grundlagen unserer Marktwirtschaft immer wieder zu erklären.
Ob die Unternehmen bei bestimmten Themen sensibler geworden seien, wollte Krüger wissen. „Natürlich“, meinte der Ford-Vertreter Mattes. Er führe Diskussionen nur unter Achtung anderer Völker und nicht in der Wortwahl vergangener Zeiten. „Alles, was diskriminierend ist, hat auf dem Marktplatz nichts verloren.“ Man müsse denjenigen den Rücken stärken, die sich für Vielfalt einsetzen – auch als Unternehmen.
Köln ist halt Köln
Krüger fragte auch nach, warum gerade in Köln bestimmte Ressentiments überhaupt keine Chance hätten. Heusinger sagt darauf: „Köln ist halt Köln. Wenn Salafisten gegen Hooligans demonstrieren, wird hinterher auf dem Platz gesungen, um ihn von dem bösen Geist zu befreien.“
Aber wie könne kann man die freien Geister dieser Stadt beschreiben? fragte Krüger. Heusinger meinte, es läge in der Geschichte begründet. Katholische Kirche, Napoleon, Karneval. „Man macht sich gerne über die Obrigkeit lustig“, sagte er.
Verantwortung von Unternehmen
Mattes berichtete über Plattformen für verschiedene Nationen bei Ford, auch Frauenpanels, aber man schreibe ihnen nichts vor. Sie engagierten sich in der Gesellschaft, „diese Möglichkeit bieten wir jedem Mitarbeiter – sie können zwei Tage frei bekommen, um an Projekten, die zusammen mit der Stadt ausgewählt wurden, zu beteiligen“. Er erwähnt das Beispiel Kölner Stadtarchiv, wo sich Mitarbeiter nach dem Einsturz bei der Sicherung engagieren konnten.
Steinkamp betonte, RheinEnergie sei ein Unternehmen der Daseinsvorsorge, man sei nicht nur am Profit orientiert, man sei auch ein Unternehmen, das eine Agenda habe. Man habe zum Beispiel eine klare Meinung beim Thema nachhaltiger Energieversorgung. Die Energiewende sei richtig und finanzierbar, aber viele glaubten, es könne viel schneller gehen. Da entstünden Kosten, die irgendjemand tragen müsse. Die Energiewende als solche sei richtig, als Unternehmen trage man seinen Teil dazu bei.
Mattes erläuterte beim Thema Arbeit 4.0, es sei eine „unheimliche Flexibilisierung“ von Arbeit möglich geworden. „Ich kann überall zu jeder Tages- und Nachtzeit arbeiten – wir verpflichten aber niemanden dazu.“ Es gehe darum, diese Flexibilisierung zu nutzen. „Die Infrastruktur ist aber in Deutschland noch nicht so weit, um diese Chancen nützen zu können.“ Deutschland und Europa müssten sich öffnen, um zu einer besseren Zusammenarbeit etwa mit Amerika zu kommen. „Man muss offen sein, die Schranken diskutieren, aber auch die Möglichkeiten.“
Angst der Bürger vor undurchsichtigen Prozessen
Krüger hakte ein, dass viele Bürger Angst vor diesen Entwicklungen hätten. „Das ist immer so, aber viele sehen inzwischen auch die Chancen“, entgegnete Heusinger. „Bei der digitalen Revolution hat man heute mehr Menschen hinter sich als bei jeder anderen Revolution der Industriegeschichte“, meinte er und nannte etwa das Beispiel Facebook. Er spüre in seinem Unternehmen viel positive Energie beim Thema Digitalisierung.
In weiteren Themenrunden ging es dann um die Fragen Elektromobilität, TTIP oder die Flüchtlingsproblematik. Spürbar wurde, dass sowohl die Vertreter der Wirtschaft als auch Heusinger als Mann der Medien sich ihrer Verantwortung bei diesen Fragen bewusst sind. Wie aber gehen Medien mit der Macht großer Unternehmen um?
Heusinger meinte, man müsse von Unternehmen zu Unternehmen unterscheiden. Es sei bei einem öffentlichen Unternehmen anders als etwa bei einem Unternehmen wie Ford. Wichtig sei, dass auch Unternehmer sich in Diskussionen mit der Bevölkerung einmischen. Zeitungen könnten die Debatte nur weitertreiben, wenn die Unternehmer sie auch führten.
Und der Umgang der Unternehmen mit Recherche? Steinkamp sagte, man müsse sich den Fragen stellen, aber es gebe auch „wettbewerbsrelevante Informationen“, bei denen die Transparenz aufhöre.
Mattes stimmte zu, es gebe Informationen, die sein Unternehmen nicht teile. Er betonte aber: „Keine Angst vor Fragen – im Gegenteil“. Man müsse sich auch mit kritischen Nachfragen auseinandersetzen und Entscheidungsprozesse erläutern. Schwierig sei „Kampagnenjournalismus“, betonte Steinkamp. Journalist und Journalist sei nicht immer das gleiche.
Heusinger sagte dazu, die Unternehmen nähmen keinen Einfluss auf die Berichterstattung, das hätten ihm auch die Kollegen aus den Lokalredaktionen bestätigt.
So ging die Auftaktdiskussion zuende. Medien, Wirtschaft und Verantwortung – ein wichtiges Thema, das viele unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche berührt, aber in einer Diskussionsrunde sicherlich nicht abschließend behandelt werden kann.