Wie können Medienhäuser Innovationen einleiten und Veränderungsprozesse managen? Im zuge der Digitalisierung sind diese Fragen aktueller denn je. Professor Markus Kaiser von der Technischen Hochschule Nürnberg präsentierte in seinem Vortrag Thesen und Vorschläge.
Warum braucht es eine Change-Kultur?
- Die Zeit der Monopole ist vorbei. Google und Facebook rütteln am Geschäftsmodell der Zeitung, beispielsweise im Bezug auf Anzeigenkunden. Außerdem ist die Trennung von textbasierten Medien und Bewegtbild nicht mehr zementiert. Öffentlich-rechtliche Medien haben ähnliche Inhalte zu bieten. Auch Presseverlage müssen sich neue Formen überlegen, gerade weil Bewegtbildformate immer wichtiger werden, gerade bei jüngeren Generationen.
- Die Digitalisierung hat gerade erst begonnen. Der Wandel ist stetig, die Entwicklung nicht absehbar, wie etwa der Hype-Cycle der Firma Gartner verdeutlicht.
- Die Mediennutzung ändert sich immer schneller. Dialogorientierte Formen könnten etwa zukünftig im Journalismus eine stärkere Rolle spielen. Als Beispiel dient die Resi-App, die personalisierte News bietet. Journalistische Audiodienste könnten zum Trend werden, die ähnlich wie Siri und Alexa ebenfalls dialogorientiert funktionierten. Verlage müssen im Auge behalten, was nach dem Smartphone kommen könnte. Das Münchner Unternehmen Reflect prognostiziert als Experte für Augmented Reality, dass das Internet in Zukunft durch die Hyperrealität ersetzt wird. Dabei sind Virtuelle Realität und Realität nicht mehr zu unterscheiden.
- Der Journalismus muss sich neuen Herausforderungen stellen. Als Beispiel dient die Fake-News-Debatte. Sie ist auch eine Chance für Medienhäuser. Auf die Debatte wurde mit verstärkter Recherchekompetenz reagiert. Neue Teams wurden extra dafür eingerichtet, eigene Verifikationsabteilungen gegründet.
- Der Kostendruck wird höher. Trotzdem ist es wichtig, das Finanzielle beim Wandel nicht an erster Stelle zu sehen. Es darf nicht darum gehen, Kosten einzusparen. Für den Changeprozess sind Ressourcen wichtig, um Innovationen umsetzen zu können.
Man muss den Wandel gut managen
Kaiser benannte sieben Phasen, an denen Verlage sich orientieren können, um Changeprozesse einzuleiten und umzusetzen. Diese könnten unterschiedlich lang sein. Dabei sei Transparenz besonders wichtig, die Mitarbeiter müssten miteinbezogen werden, um alle Potenziale zu nutzen.
0 Sorge
1 Schock
2 Verneinung
3 Einsicht
4 Akzeptanz
5 Ausprobieren
6 Erkenntnis
7 Integration
Das Ziel sei es, in der finalen Phase die Innovation fest im Alltag zu integrieren. Grundsätzlich spiele Kommunikation dabei die größte Rolle. Als gute Möglichkeit, um neue Ideen zu integrieren, benannte Kaiser Designed-Thinking-Workshops. Dabei würden die Leser in den Mittelpunkt gestellt und im Idealfall auch an den Überlegungen beteiligt. Verlage sollten überlegen, wen sie adressieren wollen und dann Menschen aus dieser Zielgruppe gezielt in die Veränderungsprozesse miteinbinden. Am Ende eines Veränderungsprozesses sollte außerdem kein festes Konzept stehen. Es sei wichtig, permanent nachzujustieren und Ideen immer neu zu überdenken. Die Beteiligung der Mitarbeiter und Leser sorge dabei für Akzeptanz.
Abschließende Thesen
- Innovatoren sind keine Freaks und Außenseiter. Die Entwicklung neuer Ideen darf nicht isoliert geschehen. Es muss eine Brücke zum Tagesgeschäft im Redaktionsalltag bestehen. Verlage sollten den Innovatoren den Rücken freihalten und ihnen Fehler zugestehen. Bei Neuentwicklungen sind jedoch auch die Bewahrer wichtig. Sie sollen kritische Fragen stellen und so für Erdung sorgen.
- Zeit einräumen für kreative Phasen. Um Neuerungen herbeizuführen, ist es wichtig Freiräume einzurichten und nicht im Routinegeschäft unterzugehen.
- Grenzen zwischen Abteilungen aufbrechen. Veränderungen müssen ganzheitlich vollzogen werden. Man muss Kompetenzen aus dem ganzen Haus miteinbeziehen, etwa die Marketing- und Anzeigenabteilungen. Heterogene Teams sind dabei besonders erfolgreich. So erhält man verschiedene Sichtweisen und Perspektiven.
- Der Leser ist Teil des Innovationsteams. Es ist wichtig, sich nicht am Leser vorbeizuentwickeln. Die Zielgruppe muss immer wieder befragt und eingebunden werden. Dies geschieht beispielsweise durch Ombudsleute, die die Brücke zwischen Redaktion und Leserschaft schlagen.
- Die beste Konkurrenz ist die im eigenen Unternehmen. Das Beispiel des Roboterjournalismus ist heranzuziehen. Es besteht dabei die Gefahr, von außen überrollt zu werden. Da es jedoch momentan noch keine Großunternehmen gibt, die die Innovation anbieten, muss man selbst aktiv werden. Verlage sollten sich überlegen, wo eine Einbindung Sinn macht? Eine Automatisierung kann etwa bei Sportberichten besonders geeignet sein.
- Erst der zweite Blick gilt der Monetarisierung. Es ist falsch, jeden Wandel aus Kostengründen zu verhindern. Außerdem sind etwa die zahlreichen Leserdaten eine Chance für Verlage. Mit deren Hilfe könnte man etwa personalisierte Newsdienste anbieten.
- Das einzig Konstante ist der Wandel
Sie wollen noch mehr erfahren? Dann lesen Sie hier in der Präsentation von Markus Kaiser.