Ein Gespräch mit Correctiv-Redakteur David Schraven über Fake News und zu der Frage, was man auch im Lokalen dagegen machen kann.
Herr Schraven, Correctiv wird künftig für Facebook mutmaßliche Fake News in deutscher Sprache überprüfen und diese – wenn es wirklich Unwahrheiten sind – als solche kennzeichnen. Wann wird es soweit sein?
Das Tool, das wir dafür brauchen, soll bis spätestens Mitte Februar installiert sein.
Glauben Sie denn wirklich, dass sich dadurch spürbar etwas verändern kann?
Ja, das glaube ich, sonst würde ich das nicht tun. Ich glaube, dass das sogar sehr wirkungsvoll sein kann. Wenn ein Beitrag als Fake gekennzeichnet wird, fühlt sich der Verbreiter der ganzen Sache belästigt. Klar: Die Leute, die so rumtrollen, die wirst du so nicht erreichen. Aber ich vermute, dass sich das ausbreiten kann.
Es gibt noch viele offene Fragen…
Ja klar. Wer meldet? Wie wird gemeldet? Da sind wir auch am Anfang.
Mit welcher Zahl an Beiträgen rechnen Sie denn?
Hundert, zweihundert am Tag? Ich schätze mal, die Zahlen werden nicht so hoch sein. Das kann ich jetzt aber noch nicht abschätzen. Ich glaube das ist eine riesige Aufgabe mit vielen Unbekannten.
Und warum machen Sie das?
Wir haben im Spätherbst angefangen, mit Facebook über die Sache zu sprechen. Als Trump die Wahl gewonnen hat und ich gesehen habe, dass das vor allem an den Stimmen aus dem „Rust Belt“ lag, da hab ich mir gedacht: das ist doch das Ruhrgebiet! Du merkst halt, dass in den klassischen Arbeitergegenden eine unfassbare Unzufriedenheit ist. Schau dich mal ein Wochenende lang in Bottrop um und schau dir dann eine Landtagsdebatte über „Cis-Gender“ an. Der ist so groß, der Abstand zwischen diesen Welten – und das ist ein großes Problem. Facebook hat also gefragt, ob wir das in NRW machen wollen: Fand ich gut, das machen wir. Und das Ziel ist groß: Ich will nicht, dass ein Trump Deutschland regiert.
Und Sie nehmen dafür von Facebook kein Geld?
In der Testphase wollen wir kein Geld. Das ist für uns auch eine Sicherheit. Denn: Was weiß ich, was Facebook macht. Wenn ich kein Geld nehme, bin ich auch nicht abhängig. Man beschnuppert sich erstmal eine Weile. Und wenn das Ganze tatsächlich funktioniert, wenn wir die Prozesse kennen und wissen, welche Ressourcen wir da reinpacken müssen – ja dann brauchen wir ein Finanzierungsmodell.
Wie sollten Lokalzeitungen in ihren Augen mit Fake News umgehen? Sollten sie sich da als lokale Player in irgendeiner Form auch einmischen? Und wenn ja: wie?
Ich glaube mittelfristig wäre es super, wenn möglichst viele Lokal- und Regionalzeitungen mitmachen würden. Wie das genau gehen kann, müsen wir uns anschauen.
Und mal eine ganz blöde Frage: Warum sind Fake News überhaupt so problematisch, dass alle auf einmal darüber sprechen?
Weil der Hass, der gezielt mit Lügen über soziale Medien gesät wird, auf fruchtbaren Boden fällt. Er dringt in die Beziehungen der Menschen ein und zerfrisst die Gesellschaft.
Sie haben gerade bekannt gemacht, dass derzeit „kampagnenartig“ versucht werde, die Arbeit von Correctiv zu stören. Wie wird Ihre Redaktion in Zukunft mit solchen Übergriffen umgehen, wie Sie sie nun veröffentlicht haben?
Wir werden uns wehren und weiter arbeiten. Wir haben in den vergangenen Tagen viel Solidarität erfahren. Deswegen haben wir keine Angst vor der Zukunft.
Das Interview führte Fabian Scheuermann. David Schraven hat im Rahmen der bpb-Redaktionskonferenz „Wahl investigativ und innovativ“ im Januar 2017 in Berlin mit Anke Vehmeier über die passende Berichterstattung vor den Bundestagswahlen gesprochen. Hier geht es zur Webseite von Correctiv. (Titelfoto: Correctiv)