Forum Lokaljournalismus 2022

Panel A: Zielgruppen-Teams und der urbane Lifestyle

Über die neuen Zielgruppen von Lokalredaktionen herrschte beim ersten Panel reger Austausch. (Foto: Marcus Klose/raufeld)

„Sie haben sich richtig entschieden mit der Teilnahme an diesem Panel“, begrüßte Moderator Michael Husarek, Chefredakteur der Nürnberger Nachrichten, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am zweiten Tag beim Forum Lokaljournalismus 2022. „Für diese Veranstaltung war die Nachfrage am größten – das zeigt, wie wichtig die Auseinandersetzung mit den neuen Zielgruppen unserer Medien ist.“

Doch wer sind die neuen Zielgruppen? Und wie werden sie von Lokalredaktionen erreicht? Über diese Fragen herrschte im Panel reger Austausch. Für Impulse und Anregungen sorgten die Vorträge von Sarah Brasack, stellvertretende Chefredakteurin des Kölner Stadt-Anzeigers, Andrea Munkert, Redaktionsleiterin des Formats „fein raus“ beim Verlag Nürnberger Presse, und Patrick Körting, Head of Audio bei der NOZ Digital in Hamburg.

Besonders in Bezug auf die Frage, wie das junge Zielpublikum erreicht werden kann, befinden sich Lokalredaktionen und Verlagshäuser in Umbruch- und Testphasen. Es sei kein Geheimnis, dass sich jüngere Leserinnen und Leser eher im digitalen Raum bewegen, lautete der Konsens. Hier wird in den Lokalredaktionen aktuell daran gearbeitet, sich nicht nur inhaltlich, sondern auch konzeptionell zu „verjüngen“.

Von Podcast bis Newsletter: Das junge Zielpublikum erreichen

Beim Kölner Stadt-Anzeiger wurde in Folge des Table Stakes-Programm zunächst das Konzept der „Zielgruppen-Teams“ ins Leben gerufen. Das bedeutet, dass besonders relevante Zielgruppen für die Region, etwa aus den Bereichen Bildung, Wohnen und Immobilien, von zugewiesenen Teams betreut werden. Diese richten sich darauf aus, welche Inhalte für die Zielgruppen von Belang sind und wie sie medial aufbereitet werden können.

„Als riesige Studentenstadt müssen wir uns vor allem mit digitalen Angeboten ins Sichtfeld jüngerer Konsumenten bringen“, betonte Brasack. „Junge Menschen kennen uns vor allem als Printmedium und wissen oft nicht, dass wir auch auf Instagram aktiv sind.“ Wie lässt sich das ändern? In Kooperation mit Kölner Bands wie Kasalla organisierte die Redaktion Instagram-Takeover oder verloste Konzerttickets von gefragten Künstlerinnen und Künstlern wie Billie Eilish.

Durch Aktionen wie diese und den starken Fokus auf Newsletter und Podcasts rund um das Thema Nachhaltigkeit sei es gelungen, sich immer mehr ins Sichtfeld jüngerer Nutzerinnen und Nutzer zu bringen, was sich auch im Zuwachs von 4.000 Followern nach ersten Konzert-Verlosungen zeigte.

„Wer supportet meinen urbanen Lifestyle?“

Andrea Munkert vom Verlag Nürnberger Presse weiß, worauf es jüngeren Zielgruppen ankommt. Sie betreut in ihrem Verlagshaus das Format „fein raus“, das sich gezielt an die nachwachsende, jüngere Zielgruppe in Nürnberg, Erlangen und Fürth richtet. „Hier interessieren vor allem die Fragen: Was ist in der Stadt los? Wer supportet meinen urbanen Lifestyle?,“ sagte Munkert. „Wir wollen überraschen, positiv auffallen und mit den ein oder anderen Beiträgen vielleicht auch provozieren.“

Junge Leserinnen und Leser werden dabei mit (sub)lokalen Geheimtipps aus den Bereichen Gastronomie, Kultur und Stadtleben versorgt. Vor allem komme es darauf an, nahbar zu sein, auf Veranstaltungen durch Kooperationen Präsenz zu zeigen und Authentizität im Stil zu wahren. Das „fein raus“-Team selbst ist mit 19 bis 37 Jahren jung geblieben und hat so einen direkten Bezug zu den Interessen der jungen Zielgruppe. „Außerdem werden wir mit unserem Büro und Studio künftig auch eine physische Anlauffläche für die Zielgruppe bieten.“

„Wir sollten uns Gedanken darüber machen, wann ein Nutzer-Bedürfnis entsteht“

Diese Meinung machte Patrick Körting als Head of Audio bei NOZ digital stark. Im Panel regte er nicht nur den Austausch über erfolgreiche Podcast-Formate an, sondern gab auch Impulse in Sachen Zielgruppenausrichtung mit. „Bevor wir neue Formate entwickeln, sollten wir uns sehr konkret fragen: Welche Zielgruppen sprechen wir an? Wen klammern wir aus? Haben wir diese Kriterien festgelegt, lohnt es sich darauf zu schauen, wann ein Nutzer-Bedürfnis entsteht,“ sagte Körting. Im Lokalen können die erfolgreichsten Podcasts sehr „nischig“ sein: Der lokale Frauenvolleyball-Podcast kann da schnell mal das allseits beliebte True Crime-Format ablösen, darüber war man sich im Panel einig.

Ohne Leidenschaft läuft gar nichts

Ob für den Fitness-Podcast, das Format für junge Familien oder Immobilienbesitzer: Dahinter sollten Reporterinnen und Reporter stehen, die selbst zur Zielgruppe gehören und als Expertinnen und Experten darüber berichten können – nur so nehme man Interessierte mit in die eigene Bubble. Beim Panel herrschte vor allem Konsens darüber, dass ohne Leidenschaft hinter dem Produkt am Ende gar nichts läuft.


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