Alle Artikel in: Forum Lokaljournalismus 2018

Thema Hyperlokales (v.l.n.r.): Philipp Wahl (WAZ), Daniel Steil (Focus Online), Christian Vollmann (Nebenan.de), und Moderator Armin Maus

Hyper, hyper: Drei Arten, an die User heranzukommen

Lokales ist Zukunft – davon sind alle drei Redner überzeugt. Im Austausch mit Armin Maus, Chefredakteur der Braunschweiger Zeitung, stellten Christian Vollmann (nebenan.de), Daniel Steil (Focus Online Local) und Philipp Wahl (Pro Bochum) ihre hyperlokalen Konzepte vor. Von uns gibt es einen Überblick über die drei Angebote: nebenan.de Keine Bohrmaschine zu Hause? Dann frag doch einfach deinen Nachbarn. Um das Prinzip der Nachbarschaftshilfe geht es bei nebenan.de. Auf der Plattform, die ähnlich wie Facebook eine Pinnwand hat und in 53 Städten funktioniert, können Menschen durch die Angabe ihres Wohnorts in Kontakt mit ihrem unmittelbaren Umfeld treten, Nachbarn um Rat fragen oder Hilfe anbieten. Das die App funktioniert, daran arbeitet Christian Vollmann mit 40 Mitarbeitern bei null Euro Umsatz. Wir haben einige seiner Thesen zusammengefasst: Datenschutz: „Wir möchten nicht viele Daten sammeln. Uns geht’s wirklich um die Gemeinschaft. Jeder kann aktiv mitmachen – muss das aber nicht. Wir sind dabei datensparsam unterwegs.“ „Unser Newsfeed ist chronologisch und ungefiltert: Daran werden wir nie rütteln. Und das stärkt das Vertrauen zu den Usern.“ Finanzierung I: „Wir wollen ein soziales Netzwerk …

Walter Hauser von der Kleinen Zeitung aus Graz

Wie die Kleine Zeitung mit der Paywall groß verdient

„Das Ende der Gratiskultur war überfällig“ lautete das Credo am Donnerstagnachmittag beim Forum Lokaljournalismus. Wie Journalisten neue Leser akquirieren und treue Leser behalten können – nicht trotz, sondern gerade durch ein digitales Konzept, der Paywall. Eine Zeitung hat geschafft, wovon andere Medienhäuser träumen. Walter Hauser, Geschäftsführer des Leser- und Usermarkts der Kleinen Zeitung aus Graz erzählte auf dem Podium des Forum Lokaljournalismus, wie die österreichische Lokalzeitung vor zwei Jahren auf ein funktionierendes Paywallsystem umstieg. Innerhalb von zwölf Monaten verkaufte die Zeitung 26 000 neue Abos (drehscheibe berichtete). „Ich kann nicht genau sagen, wie das  geht. Aber ich habe zusammengetragen, was unserer Sicht die richtigen Entscheidungen waren“, sagte Hauser. Ob es ein Erfolg sei, sollten die Zuhörer selbst entscheiden. Die Zahlen Zum Einstieg legte Hauser die Mediadaten des Medienhauses dar: Die Kle ne Zeitung habe derzeit 784.000 Leser, die verkaufte Auflage liege bei 280.400 Stück. Mit ihrem Online-Auftritt erreicht der Verlag täglich 270. 000 Visiter. Mit 18 verschiedenen Ausgaben setzt das Grazer Medienhaus, das nach der Kronenzeitung die zweitgrößte Zeitung Österreichs herausbringt, auf Regionalität. Die Erfolgsfaktoren …

Wenn der Bus nicht mehr fährt – und der Leser nichts darüber liest

Beim zweiten Podium am Donnerstag wurde der Ausblick auf ein weites Feld eröffnet. Es ging um die Herausforderungen, die Gesellschaft, Politik und Medien meistern müssen – um Megatrends wie etwa den demografischen Wandel. Zu Gast war aus der Politik Dr. Andreas Hollstein, der Bürgermeister der Stadt Altena. Er wurde im November 2017 auf tragische Weise bundesweit bekannt, als er Opfer einer Messerattacke wurde. In einer Imbissbude hatte ihn ein arbeitsloser Maurer angegriffen, der ihm vorwarf, zu viele Ausländer in die Stadt zu holen. Hollstein wurde am Hals verletzt. Der Angreifer ist erst kürzlich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Außerdem auf dem Podium: Petra Klug, Senior Project Manager der Bertelsmann-Stiftung, Uwe Vetterick, Chefredakteur der Sächsischen Zeitung, und Barbara Zinecker, Audience-Development-Redakteurin der Nürnberger Nachrichten. Die Moderation übernahmen Jana Klameth, stellvertretende Chefredakteurin der Freien Presse aus Chemnitz, und Ralf Freitag, Chefredakteur der Lippischen Landes-Zeitung. Chancengerechtigkeit zwischen den Regionen Hollstein geht davon aus, dass die Gesellschaft schrumpfen wird. Die Frage sei, wie man dies mit den Lebensbedürfnissen der Menschen in Einklang bringen könne. Es müssen Qualitatives getan werden, da …

Markus Kaiser, Technische Hochschule Nürnberg

Mut zum Wandel

Wie können Medienhäuser Innovationen einleiten und Veränderungsprozesse managen? Im zuge der Digitalisierung sind diese Fragen aktueller denn je. Professor Markus Kaiser von der Technischen Hochschule Nürnberg präsentierte in seinem Vortrag Thesen und Vorschläge. Warum braucht es eine Change-Kultur? Die Zeit der Monopole ist vorbei. Google und Facebook rütteln am Geschäftsmodell der Zeitung, beispielsweise im Bezug auf Anzeigenkunden. Außerdem ist die Trennung von textbasierten Medien und Bewegtbild nicht mehr zementiert. Öffentlich-rechtliche Medien haben ähnliche Inhalte zu bieten. Auch Presseverlage müssen sich neue Formen überlegen, gerade weil Bewegtbildformate immer wichtiger werden, gerade bei jüngeren Generationen. Die Digitalisierung hat gerade erst begonnen. Der Wandel ist stetig, die Entwicklung nicht absehbar, wie etwa der Hype-Cycle der Firma Gartner verdeutlicht. Die Mediennutzung ändert sich immer schneller. Dialogorientierte Formen könnten etwa zukünftig im Journalismus eine stärkere Rolle spielen. Als Beispiel dient die Resi-App, die personalisierte News bietet. Journalistische Audiodienste könnten zum Trend werden, die ähnlich wie Siri und Alexa ebenfalls dialogorientiert funktionierten. Verlage müssen im Auge behalten, was nach dem Smartphone kommen könnte. Das Münchner Unternehmen Reflect prognostiziert als Experte für …

(v.l.) Lars Reckermann, Rebekka Schmidt, Yannick Dillinger, Michael Husarek

Von Kartoffelfeldern und Roboterjournalisten

Wie kommt man ran an das richtige Publikum? Gibt es überhaupt ein richtiges oder falsches Publikum? Diese Fragen beschäftigten ein Podium am Mittwochnachmittag. Yannick Dillinger, Leiter Digitales und Mitglied der Chefredaktion der Schwäbischen Zeitung, moderierte das Panel. Seine Gesprächspartner waren Rebekka Schmidt, Human Centered Innovation, Frauenhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services Nürnberg, Lars Reckermann, Chefredakteur der Nordwest-Zeitung aus Oldenburg, und Michael Husarek, Chefredakteur der Nürnberger Nachrichten. Dillingers erste Frage ging an Rebekka Schmidt: „Was ist überhaupt richtiges oder falsches Publikum?“ Sie meinte: „Es gibt nicht das falsche Publikum, man kann alle irgendwo abholen. Alle sind die Richtigen.“ Es hänge von der Zeitung, dem Verlag ab. Nürnberger im Labor Die Nürnberger Nachrichten lassen sich von der Suche nach ihrem Publikum vom Frauenhofer-Institut beraten. Zunächst kooperierten sie dabei mit dem Josephs-Institut, einem Innovationslabor des Frauenhofer-Instituts. In dem Institut wird werkstattartig an der Verbesserung von Innovationen gearbeitet. Ob es bei dieser Art Kooperation auch Widerstände im eigenen Haus gegeben habe, wollte Dillinger wissen. Ja, die habe es gegeben, räumte Husarek ein, „aber die Zeiten, sich damit auseinanderzusetzen, sind vorbei“.„Wir …

Joachim Braun (l.) und Thomas Kaspar

Streitgespräch: Ist das noch Qualität oder kann das weg?

Über „Reichweite versus Qualität“ diskutierte Thomas H. Kaspar, Chefredakteur, Ippen Digital (München), mit Joachim Braun, Journalist (Frankfurt am Main), am Mittwochnachmittag beim Forum Lokaljournalismus in Nürnberg. Zu Recht trug der Programmpunkt mit diesen beiden Rendern die Dachzeile: Streitgespräch. Denn zum Thema „Reichweite versus Qualität“ traf Journalist Joachim Braun, der im März bei der Frankfurter Neuen Presse entlassen wurde, auf Thomas H. Kaspar, Chefredakteur von Ippen Digital, dessen Verlag die Zeitung übernommen hatte. Fünf Internetseiten von Ippen Digital schafften es Anfang des Jahres unter die IVW-Top 50 der meistgeklickten Webseiten. „Was machen Sie denn besser als die anderen?“, wollte Braun von Kaspar wissen. Dieser sprach von einem „durchdachten technischen Phänomen“, da alle Zeitungen (von HNA über merkur.de bis Westfälischer Anzeiger) miteinander vernetzt seien. „Internet ist Technik, das zeigt sich beispielsweise an den Ladezeiten der Webseiten.“ Diese müssten kurz sein. Online-Strategien am Beispiel Festivals Nach Kaspers Aussagen gebe es drei Säulen, auf die es bei seiner Online-Strategie ankomme: Redaktion Technik Audience Development Unter Punkt 3 habe jede Redaktion ihre Schwächen. Als Beispiel nannte er die Berichterstattung über …

Ines Imdahl vom rheingold salon

Zeitenwende: Gesellschaft im Wandel – so ticken die Deutschen

Die Keynote zum 24. Forum Lokaljournalismus übernahm Ines Imdahl, Geschäftsführerin des Marktforschungsinstituts rheingold salon aus Köln. Wie ticken junge Deutsche und welche Bedeutung hat das für den Journalismus? Diese Fragen wollte Imdahl anhand der Ergebnisse mehrerer Studien beantworten. Darin seien eine Vielzahl an tiefenpsychologischen Einzelinterviews geführt worden, anschließend seien „Highlights“ der Interviews in repräsentativen Umfragen abgefragt worden, erklärte Imdahl die Methodik. Deutsche Tugenden dienen der Harmonisierung Sie habe Deutsche danach gefragt, was sie als typische Verhaltensweisen für sich und ihre Landsleute angeben würden, erzählte Imdahl. Wie zu erwarten, seien dabei etwa Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit als typisch deutsche Eigenschaften aufgezählt worden. Diese Tugenden stünden sinnbildlich dafür, dass die Deutschen nach Harmonisierung strebten, erklärte Imdahl. Sie würden Konflikte gerne vermeiden, diplomatisch aufreten. Dies gehe einerseits vermutlich darauf zurück, dass Deutschland in beiden Weltkrieg als Agressor fungierte. Anderseits wolle man wegen der enormen Wirtschaftskraft nicht protzig auftreten, diese nicht zur Schau stellen. Kanzlerin Merkel bediene diese Verhaltensweisen in besonderem Maße. Auf internationaler Ebene wolle Deutschland sich als solider, starker, aber eben auch „harmloser“ Partner zeigen. Kontrollverlust auf mehreren …