Alle Artikel in: Modellseminar Partizipation 2011

Stuttgart 21 ist überall – Das Aufbegehren der Bürger als Chance für den Lokaljournalismus
Modellseminar vom 23. bis 27. Mai 2011 in Rostock

Welche Alternativen zum Bürgerhaushalt gibt es?

Wie kann mehr Bürgerbeteiligung erreicht werden? Eisel: Es muss mehr strukturelle Änderungen geben. Einnahmen und Ausgaben sollten bei Kommunen liegen.  Das würde die Entscheidungsfreiheit der Kommunen gewährleisten. Bisher lassen die zahlreichen Mittelzuweisungen  wenig Spielraum für Alternativen. Dadurch wirken Kommunalverwaltungen unveränderbar. Die Frage ist auch, wie Entscheidungsträger ihre Rolle definieren. Inwieweit tragen gewählte Vertreter Diskussion in die Bevölkerung.  Stadträte sollen mehr in die Wahlkreise gehen und in öffentlichen Foren Entscheidungen diskutieren. Wichtig ist zudem, wie kommunale Entscheidungen als Alternativen diskutiert werden. Da liegt auch die Rolle der lokalen Medien. Viele seien in ihrer Berichterstattung bisher zu sehr an der Verwaltung orientiert.

Bürgerhaushalt – ist der sinnvoll?

Stephan Eisel, Projektbeauftragter in der Konrad-Adenauer-Stiftung, hält nicht viel von Bürgerhaushalten, zumindest nicht von den Verfahren. Er kritisiert vor allem den internetbasierten  Bürgerhaushalt in Köln. Er bietet ihm zu viel Spielraum für Manipulationen und sei außerdem begrenzt auf gewisse Zielgruppen. Denn viele Bürger nutzen gar kein Internet. Es wird also eine große Gruppe von Bürgern ausgeschlossen. Außerdem braucht man nur eine E-Mail-Adresse, um mitzumachen. Als Beispiel nennt er den Kölner Bürgerhaushalt: Viele der Bürger kamen auch gar nicht aus Köln oder haben nicht angegeben, woher sie genau kommen. Wer steckt also hinter den Vorschlägen? Außerdem habe er sich die Zahlen einmal genauer angeschaut. Seiner Erkenntnis nach gibt es eine kleine Minderheit, die das Verfahren bestimmen. In Köln wurden insgesamt 800 Vorschläge eingereicht, aber nicht von 800 Leuten. Viele Vorschläge kommen aber von einer Gruppe von 80 bis 100 Leuten, die das Verfahren dominieren. Neue Leute wurden damit kaum erreicht. Auch die Komplexität des Verfahrens ist ihm zu hoch.  Die meisten Bürger verstehen weder Verwaltungsvorgänge noch Verwaltungsgespräche. Der Manipulation seitens der Verwaltung ist nach Meinung Eisels …

Viel Geld für nix?

Wie Oliver Märker („Wir wollen mehr Bürgernähe erreichen“, verkauft das Konzept an Kommunen) einräumte, beteiligen sich tatsächlich nur ein bis drei Prozent der Bevölkerung an Bürgerhaushalten – „aber man kann ohnenhin nur die ansprechen, die sich politisch engagieren“. Das kostet die Kommune laut Märker 77.000 Euro. CDU-Eisel hält dagegen, zu den Kosten für die Firma komme noch in Köln eine Personalstelle und so summiere es sich auf 250.000 Euro.

Bürgerhaushalt – Was ist das eigentlich?

Der Begriff ist problematisch, sagt Oliver Märker, geschäftsführender Gesellschafter von Zebralog. Es ist ein Verfahren, indem versucht wird, Bürger während der Beratung zum Haushalt als Ideengeber hinzuzuziehen. Das ist  kein direktdemokratisches Beteiligungsinstrument sondern ein konsultatorisches. Der Bürger ist Berater, Experte, Impulsgeber. Der repräsentativ gewählte Rat bleibt Entscheidungsgremium. Die Methodik ist dabei unterschiedlich. Beispiel Köln: Bürger und Bürgerinnen werden eingeladen, Vorschläge für den Haushalt einzureichen.  Zuvor wurden sie gefragt, welche drei Themenbereiche  besprochen werden sollen. Die von den Bürgern via Internet 300 bestbewerteten Vorschläge werden später im Rat diskutiert und beschlossen.  Der Kölner Rat hat fast 80 Prozent der Vorschläge auch umgesetzt. Die Bürger wurden auch aufgefordert, Sparvorschläge einzureichen. Das waren beim 2. Bürgerhaushalt bereits 20 Prozent der Ideen. Im Herbst macht die Stadt Köln bereits den dritten Bürgerhaushalt.

Erst mal zuhören

Gestern Nacht noch lange und lustig mit dem Friedenspfarrer Benedikt Schirge und Jochen Ich-bin-kein-Berufsdemonstrant Stay diskutiert (für Gastkommentare stehen die beiden übrigens ab und an zur Verfügung, kontakt@bi-freieheide.de, j.stay@jpberlin.de). Viel gelernt über die Inszenierung von Demonstrationen, damit wir Pressefuzzis auch berichten, absurde Geschichten gehört über Presseanfragen: „Sie haben eine Demo, besorgen Sie mir eine alleinerziehende Mutter aus Meck-Pom und einen Langzeitstudenten“, „Formulieren Sie das lieber so, dann können wir es besser zitieren“. Fazit: Selbstüberprüfung; nicht mit der fertigen Geschichte im Kopf zum Termin! Schönes Zitat: „Unterschätzen Sie die Macht des Papiers nicht.“ (Schirge) Jetzt sind Bürgerhaushalte Thema des Vortrags. Erst mal zuhören.

Bürgerhaushalte sind Thema

9.15 bis 11 Uhr Sind Bürgerhaushalte der Königsweg zu mehr Bürgerbeteiligung oder bedeuten sie den Bankrott der repräsentativen Demokratie? Die Lokalredakteurinnen und -redakteure sprechen heute Vormittag mit Dr. Oliver Märker, geschäftsführender Gesellschafter von Zebralog, und Dr. Stephan Eisel. Er ist ehemaliges Mitglied des Deutschen Bundestages und nun Projektbeauftragter in der Konrad-Adenauer-Stiftung. Zudem hat er das Buch „Internet und Demokratie“ geschrieben.

So nutzt man Twitter und Facebook richtig!

Der Flughafen in Neustadt soll ausgebaut werden, die Ausbaupläne sind bekannt geworden –  allerdings soll nicht wie bislang favorisiert die Südbahn, sondern eine neue Nordbahn gebaut werden. Dieses Szenario hat sich gestern unsere Arbeitsgruppe ausgedacht.  Wie kann man jetzt neue Kanäle wie Twitter und Facebook einsetzen?  Ist die Info verifiziert,  sollte man sofort einen Tweet mit dem Tenor  „Flughafenausbau geht weiter“ auf Twitter und Facebook absetzen. Mit dem Verweis „In Kürze mehr dazu auf unserer Homepage“. Dahinter steckt natürlich die Philosophie „online first“ und die Tatsache, dass die eigene Zeitung die Nachricht am schnellsten verbreiten sollte. Die Konkurrenz (falls vorhanden…) erfährt es ohnehin und so gewöhnt man die User daran, dass es alle News zuerst auf xyz.de gibt. Ausgehend von dem fiktiven Fall überlegen wir uns derzeit, wie ein Workflow in der Redaktion aussehen könnte.  Erste Überlegungen: Netzwerke müssen (gerade bei Aufreger-Themen) wie jede andere Agentur permanent überwacht werden, wie jeder andere Nachrichtenticker auch. Verweis auf Onlineseite und in Printausgabe, dass die eigene Zeitung in Twitter und Facebook aktiv ist. Soziale Netzwerke als Recherchemedium verstehen …