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WhatsApp bringt Flausch

Andreas Ebel (vorne), Katharina Ritzer und Daniel Fiene im Praxisgespräch Foto: KstA

Praxisgespräch IV: „Inspiration im Newsrom – neue Köpfe, neue Konzepte“, so lautete das vierte Praxisgespräch des Forums. Moderatorin Katharina Ritzer, Redaktionsleiterin Online und Digitales des Nordbayerischen Kuriers, stellte die beiden Gesprächsteilnehmer vor: Andreas Ebel, Chefredakteur der Ostsee-Zeitung, der gerade dabei ist, seine Lokalredaktionen neu zu ordnen, um für das digitale Zeitalter gerüstet zu sein, traf auf einen echten Digital Native: Daniel Fiene, langjähriger Blogger, Moderator „Der Sendung mit dem Internet“ bei Antenne Düsseldorf, Moderator der Dradio-Wissen-Sendung „Was mit Medien. Das Medienmagazin“ und nun seit einem Jahr Social Media Manager der Rheinischen Post.

Die Redaktion der Zukunft

Für Ebel ist der neue Schwerpunkt seiner Lokalredaktionen in Sachen Online eine Selbstverständlichkeit: „Wir brauchen mehr Online, weil der Leser das nachfragt“, erklärt er. „Entweder man reagiert auf den Wandel oder man ist raus“. Ebel entschied deshalb im März 2014, eine sogenannte Zukunftsredaktion zu gründen. „Der Name ist mit Absicht ein bisschen hochtrabend, dabei habe ich von Anfang an klar gemacht: Es gibt weder mehr Geld noch mehr Personal.“ Dafür aber eine klaren Auftrag für die Redakteure: Mehr online, mehr interaktiv, mehr vor Ort. Als Versuchslabor wählte Ebel eine kleine Lokalredaktion mit einem großen Verbreitungsgebiet aus (Ribnitz-Damgarten, rund 11.000 Auflage). „Ich habe gesagt, ich will morgens nach dem Aufstehen aktuelle Online-News aus der Region, wie ihr das schafft, dürft ihr selbst entscheiden.“ So konnten die Redakteure eigenständig herumexperimentieren und herausfinden, was funktioniert – und was nicht.

Frühdienste und fliegende Reporter

Zu den Neuerungen gehören jetzt : ein Schichtdienst von 7 Uhr morgens bis 22 Uhr abends, fliegende Reporter, die mit einem Dienstwagen drei Tage pro Woche überall in der Region unterwegs sind und ihre Texte im Auto oder in eigens angemieteten kleinen Büros schreiben, und auch Facebook-Schulungen für die Mitarbeiter. „Besonders der Dienstbeginn um 7 Uhr morgens wurde zunächst kritisch gesehen“, sagt Ebel. Dann lief es aber so gut, dass sogar die örtlichen Polizeipressestellen reagierten: Sie verlegten ihren Arbeitsbeginn vor, um die frühen Journalistenanfragen beantworten zu können. Außerdem fließen die wichtigsten Leserkommentare auf Facebook in die Berichterstattung ein und werden in der gedruckten Zeitung veröffentlicht. „Das neue Konzept der Zukunftsredaktion kommt so gut an, dass wir inzwischen eine weitere Lokalredaktion so umgestellt haben, andere sollen folgen“, bilanziert Ebel.

Daniel Fine: Social Media als Stimmungsbarometer

Daniel Fiene ist derzeit auch vor Ort unterwegs: Er reist in die 22 Lokalredaktionen der Rheinischen Post, um dort die Mitarbeiter in Sachen Social Media zu schulen. „Dabei kommt es vor allem auf den richtigen Ton an, damit auch Leute, die sich mit Twitter und Facebook noch gar nicht auskennen, Lust bekommen mitzumachen“, sagt er. Generell habe es ihn bei seinem Wechsel zu Print überrascht, wie wenig das Netz für viele Journalisten eine Rolle spielt. Um das zu ändern, steht sein Schreibtisch direkt mitten im Newsroom der Rheinischen Post. Jeden Morgen schickt er an alle Redakteure einen „Wetterbericht“, wie er es nennt, also einen Newsletter, der alle relevanten Themen aus den Sozialen Netzwerken zusammenfasst. „Ein wichtiges Stimmungsbarometer, das klar vorhersagt, was die Top-Themen des Tages werden“, sagt Fiene. „Ich schaue mir dafür zum Beispiel 10.000 Flies (www.10000flies.de) an, eine wunderbare Auswertung der Top 100 Artikel, die geteilt werden“.

Balsam für die Redakteursseele

Außerdem kümmert Fiene sich um den Whats App-Kanal der Rheinischen Post, dafür versendet er auch kurz vor dem Forums-Gespräch noch schnell die Tageszusammenfassung, die auf die wichtigsten Artikel der Online-Ausgabe verlinkt. „Tatsächlich lesen die Nutzer nicht nur den kurzen Überblick, sondern 40 bis 50 Prozent klicken sogar auf einen Link“. Und noch viel besser: Nirgendwo sonst im Netz bekäme man so viel Flausch wie bei Whats App. Fiene liest ein paar der Rückmeldungen vor, die alleine während seines Vortrags reinkommen: „Super! Vielen Dank, euch auch einen schönen Feierabend etc…“ Wenn Sie einen traurigen Mitarbeiter haben, geben Sie ihm das Whats-App-Handy, das ist Balsam für die Redakteursseele“, empfiehlt Fiene lachend.

Heiß diskutiert: Rollentausch Online und Print

Ums Thema Whats App drehen sich dann auch einige Fragen aus dem Publikum: Lars Reckermann, Chefredakteur der Schwäbischen Post, berichtet etwa von hauseigenen Erfahrungen mit dem Whats-App-Nachrichtkanal und will von Fiene wissen, ob die Rheinische Post spezielle Dienste zum Versenden nutze? Fiene erklärt, dass die Rheinische Post momentan noch händisch mit dem Smartphone die News versende, da solche Dienste noch nicht zuverlässig genug seien und schnell wieder dichtmachen könnten. „Das ist uns zu unsicher“, sagt er. Sylvia Binner, Chefin vom Dienst beim Bonner General-Anzeiger, fragt Fiene, ob bei der Rheinischen Post Onliner auch testweise mit Printleuten die Rollen tauschen würden? „Bei uns setzen wir zum Beispiel Leute aus der Außenredaktion für einen Tag in die Zentrale, so etwas finde ich spannend“, sagt Binner. Fiene bejahrt diese Frage und erzählt, dass im vergangenen Dezember alle Counterparts in der Redaktion für einen Tag den Platz getauscht haben. „Abends waren alle total k.o.“, sagt er und lacht. Aber auch ein interessanter Nebeneffekt stellte sich ein: „Danach hatte jeder mehr Verständnis für die Aufgaben des anderen, jetzt versuchen alle, mehr mitzudenken“, sagt Fiene.

Wenn Facebook-Kommentare abgedruckt werden

Auch Ebels Vortrag lieferte viel Stoff für Diskussionen. So fragten etwa einige Teilnehmer, ob es legal sei, einfach Facebook-Kommentare, die ja meist nicht mit Klarnamen abgegeben werden, in der Zeitung zu drucken. Ebel erklärt, dass die Redaktion, so weit es möglich ist, die User vorher noch mal kontaktiert, um Erlaubnis fragt und den vollen Namen recherchiert. „Abgesehen davon sagt uns unsere Rechtsabteilung, es sei ein bisschen heikel, aber so lange niemand klagt, können wir weitermachen“, sagt Ebel. Auch das Konzept der Schichtdienste und mobilen Reporter wurde viel diskutiert, hier wurde besonders nach der Organisation der Redaktion und dem Arbeitsaufwand für die Redakteure gefragt. „Vor zwei Jahren war die Stimmung noch ganz anders bei uns“, erklärt Ebel. Die Redaktion hätte in Sachen Online das Gefühl gehabt: Wir kriegen immer mehr aufgedrückt. „Jetzt merken die Redakteure, sie können ihre Zukunft und ihren Arbeitsalltag selbst mitgestalten“.

Text: Johanna Rüdiger

Viele offene Fragen, keine Panik

abschlusspodium2Zum Abschluss des Forums sollte noch einmal über Lösungen diskutiert werden. Wie entwickeln sich Verlage zu modernen Medienhäusern? Wie erreicht man junge Leute? Wie stellt man sich als Verlag für die Zukunft auf?

Auf dem Podium saßen Philipp M. Froben, Geschäftsführer von DuMont Rheinland, Christop Linne, Chefredakteur der Oberhessischen Presse aus Marburg, Christina Esser, Geschäftsführerin der prisma GmbH, die das Fernsehmagazin prisma produziert, und Max Giesdorf, Geschäftsführer der Lippischen Landes-Zeitung. Moderatorin war Sigrun Rottmann vom Institut für Journalistik der TU Dortmund.

Bestandsaufnahme

Verlag, Vertrieb, Druckerei, Radiobeteiligung – laut Giesdorf ist die Lippische Landes-Zeitung bereits ein Stück fortgeschritten auf dem Weg zu einem Medienhaus.

Linne erzählt von der Neuausrichtung der Oberhessischen Presse: Eine Medienagentur, eine 100prozentige Tochter des Verlags, kümmert sich beispielsweise inzwischen um Kundenbetreuung und Imagevideos etc.

Starker Wandel in Köln: Hier sind heute rund 80 Marken und Dienstleistungen versammelt, Köln TV, sieben Radiostationen und einiges mehr. Kerngeschäft sei aber nach wie vor Print, die Palette der DuMont-Tageszeitungen, erzählt Froben.

Esser berichtet, dass es sich bei ihrem Verlag zwar nur um ein Team mt elf Mitarbeitern handele, bezeichnet es dennoch als Medienhaus.

Herausforderungen

Die Oberhessische Presse hat sich kürzlich erst wieder selbständig gemacht und von Madsack gelöst. Für Linne geht es nun um neue Kooperationen, die angestrebt werden. In einem kleinen Verlag sei es elementar, Kräfte zu bündeln. Er spricht sich für Experimente und den Mut zum Scheitern aus. Für Froben hingegen ist die Größe von DuMont ein Vorteil, weil sie ganz andere Marktzugänge eröffne. Es gebe aber auch Nachteile, zum Beispiel die Entscheidungswege.

Giesdorf erzählt, dass sich sein Verlag besonders auch um neue junge Mitarbeiter bemühe. Mitarbeiter sollen optimal eingesetzt, auch geschult werden. Flexible Personalplanung, Personalentwicklung (hierfür wurde eine Stelle geschaffen) – wichtige Themen für die Lippische Landes-Zeitung. Die Zielgruppe von prisma ist eher älter, deswegen halte man es für falsch, nur auf junge Mitarbeiter zu setzen, erläutert hingegen Esser.

Junge Nutzer

Wie erreicht man junge Leute, die sich für Printprodukte nicht mehr begeistern lassen? Froben findet es nicht schlimm, wenn junge Menschen keine Zeitung lesen. Wichtig sei, dass sie überhaupt lesen und Medien nutzen. Er berichtet von einem Produkt – Xtra – einer Tageszeitung für junge Leute, einem Experiment aus dem dem DuMont-Verlag. Man habe 18.000 Zeitungen täglich in die Zielgruppe hineingebracht, nach den ersten Erfahrungen habe man das Produkt verändert, es erscheint nun wöchentlich und wird in Köln am Samstag kostenlos verteilt, zusätzlich gibt es ein Digitalprodukt. Froben nennt das Ganze ein Innovationslabor. Er und Linne sind sich einig: Zeitungen haben bei jungen Leuten eigentlich einen guten Ruf, sie gelten als zuverlässiges Medium. Aber wie lässt sich dieser gute Ruf seitens der Verlage nutzen? Hierfür fehlen offenbar nach wie vor durchschlagende Ideen, ein Geschäftsmodell ist noch nicht in Sicht.

Wie muss der neue Lokaljournalismus beschaffen sein?

Linne meint, es sei wichtig, Themen länger am Leben zu lassen und dranzubleiben. Das könne man auch aus dem Netz lernen. Es gehe darum, kontinuierlicher zu arbeiten, nicht nur aktuell. Es gebe thematische Lücken: die veränderten Lebenswelten zum Beispiel, die digitale Welt –„Was davon findet denn in der Zeitung statt?“, fragt er. Leserfeedback, Kommentare flössen in die Berichterstattung ein, aber die neue Lebenswelt habe noch keinen Platz.

Froben hebt noch einmal hervor, dass es bei jedem Thema wichtig sei, es aufs Lokale herunterzubrechen. Worin besteht die Relevanz für die Menschen? Das mache man bei DuMont schon seit langem so. Die nächste Frage sei aber nun: Wie kann man diese relevanten Nachrichten 24 Stunden am Tag verbreiten? Wenn am Abend Redaktionsschluss sei, funktioniere das nicht. Hier müsse man umdenken. Wichtig sei es auch, in den Dialog mit den Lesern einzutreten, das sei elementar für die neue Form des Lokaljournalismus.

Aber wie ist all das zu vereinbaren mit dem Sparzwang in den Redaktionen? Sparen sei keine Strategie, betont Froben. Das Kerngeschäft gehe zwar zurück, und man müsse natürlich überlegen, wo man einspare. Im Gegenzug müsse man aber auch an den richtigen Stellen investieren.

Was kommt?

So werden auf dem Abschlusspodium noch einmal all die Themen gestreift, die die Branche umtreiben: Digitalisierung, Finanzen, Nähe zum Leser, junges Zielpublikum, struktureller Wandel. Oder in den Worten Linnes: „Inhalte, Daten, Netzwerke“ – darum gehe es in Zukunft. In vielen Statements wird spürbar, dass die Probleme vielerorts erkannt werden, aber dass es nicht leicht ist, Lösungen zu erarbeiten. Und die eine Lösung gibt es ja bekanntlich sowieso nicht.

Einordnen, dranbleiben, mitgehen

IMG_1214In einer Welt, in der Algorithmen Menschen verändern, Smartphones zum Beruhigungsmittel der Masse werden und sich der Leser nach einem roten Faden im Informationschaos sehnt, darf der Journalist nicht einfach nur Nachrichten bringen. Vor allem muss er sich selbst zur Diskussion stellen und Innovationen persönlich nachvollziehen. „Als Journalist muss ich ganz genau wissen, was passiert“, sagt Christoph Krachten, Geschäftsführer von Videodays GmbH. Für sich selbst. Für seine Leser. Und irgendwie auch für seine Gesellschaft. Ein anderer tut es nämlich nicht, die Forschung hängt immer Jahre hinterher. In großen Schritten geht es Richtung Zukunft. Über „Medien 2020: „So geht Aufbruch ohne Ballast“ spracht er heute, am letzten Tag des Forum Lokaljournalismus, mit Jan Hölz, Consulting & Projektmanagement-Experte fürs Digitale (momentan bei PREPUBLIC Berlin), und Stephan Grünewald, Geschäftsführer vom rheingold institut.

Zeitung ist kein Nachrichtenmedium mehr

Der Ballast, von dem wir uns befreien müssen, sind laut Krachten falsche Denkmuster. Es sei falsch Zeitungen direkt abzuschreiben. „Man muss sehen, was die Stärken und Schwächen meines Mediums sind“. Für ihn ist die Zeitung ein on-demand-Medium mit top Echtzeit-Zugriffen, ein Medium, das durchaus Zukunft hat. „Aber es ist kein Nachrichtenmedium mehr.“ Einen Tag später Nachrichten zu verbreiten sei genau ein Tag zu spät. Nutzen müsse man Print daher für Hintergründe und Reflexionen: Journalisten, die sich einen Überblick verschafft haben, „können Geschichten wunderbar über Facebook, Twitter und Youtube erzählen und sie dann später in der Zeitung weitererzählen.“ Krachten glaubt, dass der Lokalteil in eine analytische Richtung durchdacht werden muss, und lobte die Sportberichterstattung des Kölner Stadt-Anzeigers. Sein Fazit: „Die Nachricht muss weg.“

Smartphones befördern eine egozentrische Instant-Kultur, aber auch die Sehnsucht nach Einordnung

Grünewald sieht die Potenziale ähnlich verteilt. Das Smartphone ist mehr als immer nur dabei. Für Grünewald ist es „zum Körperteil“ geworden. Es habe sich dabei eine Instant-Kultur entwickelt. Um ihre eigene Unruhe zu vertreiben und sich selbst zu stabilisieren, „greifen die Leute heute zum Smartphone statt zur Zigarette. Viele fürchten, wenn ihr Smartphone ausfällt, in eine Art Wachkoma zu verfallen.“ Oft beschäftigten sie sich dabei aber mit belangslosen Inhalte, oder mit sich selbst und ihren Freunden, ihrer eigenen kleinen Welt.  „Je mehr die Menschen mit dem Smartphone verwachsen sind, desto mehr kreisen die Menschen um sich selbst“, sagt Grünewald. Viele Leute würden sich von der Öffentlichkeit abwenden. „Selbst Lokaljournalismus ist damit ein Schritt in die riesige, weite Welt.“

Die andere Entwicklung sei aber, dass die Leute wieder „in Geschichten eintauchen und an Schicksalen teilhaben wollen“, sagt Gründewald. Und hier könne die Zeitung ihre Stärke ausspielen. „Schnelligkeit ist nur eine Sekundärtugend. Sie ist wichtig, aber nicht kriegsentscheidend“, sagte er. Es zähle, zu wissen, was die Kunden wollen, aber es sei auch zu wissen, wofür man selbst steht. Bei einem Unglück wie dem Germanwings-Absturz würden Menschen mit dem Unfassbaren konfrontiert. Das brauche Erklärung, ein Blick hinter die Kulissen, einen roten Faden. Eine gute Zeitung „helfe ihnen dann, die Welt wieder zu ordnen.“ Der Lokaljournalist werde laut Grünewald „zum lokalen Eventmanager“. Er wird die Menschen ins Gespräch und zusammenbringen.

Schnelligkeit sei vor allem in Produktionsprozessen wichtig, sagt Hölz. Die Produktentwicklung verlässt sich im Prozess auf Experten. Für ihn sei es wichtig, Nutzer in die Entstehungsgeschichte einzubeziehen. Dabei neue Kanäle zu bedienen, ist für ihn selbstverständlich. Der Weg in der Zukunft führt seiner Meinung nach „über mehr Freude an neuen Formaten und Techniken, wie SMS Interviews zum Beispiel“. Mit einer gewissen Aufgeschlossenheit sei das nicht schwer. „Das Bespielen von neuen Medien ist keine Raketentechnik, das können eigentlich auch Journalisten“, sagt Hölz. Dennoch habe es ihn in seiner Berufserfahrung als  überrascht, wie unflexibel gerade Printjournalisten seien. „Die Mentalität in den Köpfen, immer wieder neue Produkte zu schaffen, ist bei Printjournalisten nicht da“, sagte er. Auch“Führungskräfte müssten Innovationskräfte mit hereintragen“.

Wer nicht radikal ist, verliert

Krachten stimmt darin überein, „dass man ein riesiges Problem hat, wenn man nicht radikal ist“. Wer den Wandel nicht mitgeht, stirbt beruflich. Wie auch der Print- und Onlinejournalsmuswird werde sich ebenfalls Fernsehen radikal ändern müssen, das Fernsehen im linearen Stil wird nicht mehr geguckt werden.

Doch das Mitgehen mit Innovationen ist nicht nur für einzelne Journalisten oder Branchen entscheidend. „Wenn Facebook einen Algorithmus ändert, ändert das auch etwas in uns. Studien kann man da kaum durchführen, sondern es braucht die Beobachtung durch Journalisten“, sagt Krachten. „Als Journalist muss ich ganz genau wissen was passiert.“ Für sich selbst. Für die Leser. Und für die Gesellschaft, angesichts einer Medienwelt, die in ihrer Schnelligkeit zu zersplittern droht.

Auch die Kritik ist heute und in Zukunft schnell. Ein Teilnehmer aus dem Plenum berichtete davon, dass aber gerade nach der Berichterstattung über das Germanwings-Unglück viele Hassbriefe an die Redaktionen bringen. „Werden wir nun zum Beichstuhl?“, fragte er.

„Ein Journalist, der sich nicht der Diskussion mit den Lesern stellt, wird in Zukunft nicht bestehen können.“

Laut Gründewald haben Shitstorms mehr mit dem Internet als Medium zu tun, die Art, wie Menschen aufeinander reagieren und Aufmerksamkeit schaffen können, als mit dem Journalismus an sich. „Es gibt Leute, die gelernt haben, das internet als Affektmasturbationsmaschine zu benutzen“, sagte Gründewald lakonisch. „Der erste Shitstorm ist anstrengend, doch danach geht es“, sagte auch Krachten. Er gehöre einfach dazu. Der Journalist der Zukunft stehe als Person für seine Veröffentlichungen, diskutiere sie als Person und würde auch als Person Shitstorm aushalten müssen.“Ein Journalist, der sich nicht der Diskussion mit den Lesern stellt, wird in Zukunft nicht bestehen können.“

 

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Gedruckte Zeitung als visuelles Erlebnis

Kuepper

Der Zeitungsdesigner Norbert Küpper in Aktion


Ästhetisches Gespür ist Trumpf: Nicht nur neue Medienformate wie redaktionelle Apps und Bewegtbildformate im Online-Bereich fordern Redakteure gestalterisch heraus. Zeitungsdesigner Norbert Küpper liefert in seinem Vortrag „Best of European Newspapers“ ein Kontrastprogramm zur aktuellen Diskussion über die redaktionellen Herausforderungen durch die Digitalisierung. Stattdessen steht die gedruckte Zeitung im Fokus: Was macht eine Print-Zeitung für den Leser heute attraktiv, welche Trends im Zeitungsdesign lassen sich erkennen und wie können Redaktionen ein ansprechendes Layout umsetzen?

Es lohne sich, in die gedruckte Zeitung zu investieren, davon ist Norbert Küpper überzeugt. Bereits 181 Neugestaltungen von internationalen Zeitungen hat er bislang begleitet. Gleichzeitig beobachtet er als Initiator des „European Newspaper Award“ stetig die Entwicklungen auf dem Printmarkt. Inhaltliche Qualität dient aufgrund der stetig wachsenden Online-Konkurrenz schon lange nicht mehr als alleiniges Verkaufsargument: „Wir verkaufen unsere gute Ware etwas unter Wert“, betont der Experte und gibt den Journalisten gleich Handlungsempfehlungen für die grafische Umsetzung in den Redaktionen mit auf den Weg.

Bildsprache, klare Strukturen und Liebe zum Detail

Gemäß dem Slogan, „wenn ich die News wegnehme, dann habe ich nur noch Papier“, darf in den Redaktionen nicht die Verdrossenheit über die Schnelligkeit und Aktualität des Internets vorherrschen. Vielmehr gilt es, in der gedruckten Zeitung auf exklusive Inhalte zu setzen – eingebettet in ein aktiv gestaltetes und optisch ansprechendes Design. Im Lokalen zeichne sich dieses laut Küpper durch lokalen Themen als Aufmacher auf der Titelseite, den Einsatz von Coverstories, die Vertiefung lokaler Themen, die Liebe zum Detail und eine klare Hierarchie der Themen aus.

Mut zu unbedruckten Freiflächen

„Keine Angst vor Freiflächen!“ lautet das Credo: „Ein großzügiges Layout lässt eine Zeitung deutlich wertiger und teurer aussehen“, betont Küpper. Inspiration durch das Layout von Zeitschriften ist hier durchaus erwünscht. Erlaubt ist alles, was das ästhetische Empfinden des Lesers anspricht. Das reiche von bildbetonten Layout mit qualitativen, großflächigen Bildern hin zur visuellen Aufbereitung von Inhalt durch Illustrationen, Infografiken und Ergänzungsboxen. Damit einher geht der anhaltende Trend zur Umstellung vieler Tageszeitungen auf das Tabloid-Format.

Als Inspiration dient vor allem die skandinavischeZeitungslandschaft. Denn, „ab Flensburg nordwärts geht es gestalterisch bergauf“, sagt Küpper. Die norwegische Lokalzeitung Hallingdolen etwa beschäftige doppelt so viele Grafiker als schreibende Redakteure und mache deutlich, welchen Stellenwert dem Design bei nordischen Zeitungen zugeschrieben wird.

Die Verantwortung liegt bei den Redakteuren

In deutschen Lokalredaktionen ist also vorrangig das ästhetische Bewusstsein der Redakteure gefordert. Das Entwickeln kreativer Ideen, das Visualisieren dieser Ideen als auch die Implementierung der Gestaltung im Redaktionssystem beschreibt Küpper als die notwendigen Voraussetzungen für die Gestaltung ansprechender Printausgaben. Gleichzeitig werde den Redaktionen auch die Möglichkeit zu Teil, Fotografen und Mediengestalter einzusetzen oder mit einer externen Agentur zusammenzuarbeiten.

Die Inspiration durch europäische Trendsetter kann deutschen Lokalredaktionen den Weg zu einem schöneren Design ebnen. Das Rad muss nicht neu erfunden werden: Viel wichtiger ist es, den eigenen Blick zu weiten, Inspiration zu sammeln und diese dann aktiv umzusetzen, um den Lesern so ein attraktives visuelles Zeitungserlebnis zu schaffen.

Text: Julia Zinner

Wege auf den Journalistenolymp

Preisplenum

Peter Pauls, Heike Groll und Dieter Golombek (v.l.n.r.)

Wie werde ich Preisträger? Diese Frage versuchten Dr. Dieter Golombek und Heike Groll aus der Jury des Deutschen Lokaljournalistenpreises der Konrad-Adenauer-Stiftung zu beantworten. Chefredakteur Peter Pauls vom Kölner Stadt-Anzeiger versuchte, Tipps, Tricks und Kriterien aus den beiden herauszulocken.

Die Gäste waren gut gewählt bei dem Thema. Golombek war jahrelang Sprecher der Jury des Deutschen Lokaljournalistenpreises und hat überdies vor 40 Jahren das Lokaljournalistenprogramm der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb gegründet. Inzwischen hat er das Amt des Jurysprechers niedergelegt, und seine Nachfolgerin ist Heike Groll, die auch Mitglied der Chefredaktion der Magdeburger Volksstimme ist.

Was kann man nun tun, wenn man unbedingt einen journalistischen Preis gewinnen will? Ist so etwas überhaupt machbar? Gibt es dafür ein Rezept?

Der Sieger aus Sindelfingen

Zunächst bat Pauls Jürgen Haar, den Chefredakteur der Sindelfinger Zeitung/ Böblinger Zeitung, auf die Bühne. Die Zeitung hat in diesem Jahr den Deutschen Lokaljournalistenpreis für eine Geschichte über Geothermienutzung und ihre Folgen gewonnen. Sie hatte multimedial darüber berichtet, dass 100 Wohnhäuser in der Region Schäden wegen Erdbohrungen davongetragen hatten.

Haar betonte, dass seine Redaktion nur aus elf Leuten bestehe und diese Geschichte trotzdem aus eigenen Kräften gestemmt habe. Ihm komme es darauf an, dass seine Zeitung zeigen habe können, welch gute Arbeit sie leiste. Es sei eine Bestätigung für die Leistung seiner Redaktion. „Die hat sich reingehängt über das übliche Maß hinaus“, sagte er.

Was ist anders geworden?

„Das Lokale hat ein neues Standing bekommen in den vergangenen vier Jahrzehnten“, betonte Golombek anschließend. „Die Qualität journalistischer Arbeit hat zugenommen.“ Das könne er an den Einsendungen zum Deutschen Lokaljournalistenpreis ablesen. Also alles gut im Lokalen? „Das würde ich so nicht sagen“, räumte Golombek ein. „Die Niveauunterschiede sind dramatischer geworden“, betonte er. „Es gibt qualitativ hochwertigen Lokaljournalismus, und es gibt dramatisch schlechten Lokaljournalismus.“

Groll glaubt zu beobachten, dass es insgesamt eine starke Hinwendung zum Leser gebe. „Rausgehen, hören, was die Leute interessiert“, das sei vielerorts das Motto.

Wie gewinnt man?

Wichtigste Voraussetzung sei, dass man das journalistische Handwerk beherrsche. „Recherchieren, recherchieren, das ist für mich das A und O“, sagte Groll. Hinzukomme auch ein virtuoser Umgang mit Sprache, die Fähigkeit, den Lesern eine Geschichte gut zu erklären.

Welche Kriterien sind der Jury wichtig? Groll sagte, dass die Jury nicht nur Print bewerte. Auch dass der Journalist mit Menschen ins Gespräch komme, sei zum Beispiel eine Voraussetzung.

Für Golombek geht es um „Themen und Konzepte“. Preiswürdiger Lokaljournalismus müsse im Austausch mit den Lesern Themen setzen. Als Beispiel nannte er die Antwortenseite der Braunschweiger Zeitung, die dem Leser die Antworten gebe, die er suche. Damit erweise sich die Zeitung als dialogfähiges Medium.

Wie geht die Jury mit kleinen Zeitungen um? Groll erwähnte zum Beispiel den Alleinredakteur der Westdeutschen Zeitung in Burscheid, Ekkehard Rüger, der auch ausgezeichnet wurde. Golombek betonte, dass es für die Jury immer eine Rolle spiele, auch solche kleineren Redaktionen zu berücksichtigen. Auch sie könnten mit ihrer Berichterstattung das Stadtgespräch prägen.

Konzeptionelles Denken gefragt

Es gebe Redaktionen, die von sich aus große Themen setzten, betonte Golombek. Dies sei ein Qualitätskriterium, und das betreffe auch Organisationsfragen. Müssen die Redaktionen also Vorarbeiten leisten? Was braucht eine Redaktion? „Erstmal gute Köpfe“, sagte Groll. „Leute, die in der Lage sind, konzeptionell zu denken.“ Ein Konzept müsse auch beinhalten, dass man sich von vorneherein Gedanken über den roten Faden mache, über Dramaturgie, über die Frage, „wo der Leser ins Spiel kommt“.

„Es ist immer viel Einzelanstrengung dabei, und es gehört auch Begabung dazu“, unterstrich Golombek.

Neue Formen

Welche Rolle werden neue Medien beim Deutschen Lokaljournalistenpreis künftig spielen? „Wir werden uns nicht mehr alleine auf das Printprodukt konzentrieren“, betonte Groll. Man werde auch Video, Crossmedia etc. weit mehr berücksichtigen, darüber diskutiere die Jury bereits.

Also dann: Überlegen, planen, in die Hände gespuckt und losgeschrieben! Es gilt nicht nur einen Preis zu gewinnen, sondern auch die Leser.

Sensorik für das Volk

DemokratieeeDemokratie braucht lokale Massenmedien fernab der Hofberichterstattung – darüber herrscht Einigkeit auf dem Forum Lokaljournalismus. Aber wie umgehen mit dem Lügenpresse-Vorwurf? Mit dieser Frage befasst sich das Nachmittagspanel.

Binnen wenigen Wochen waren sie auf den Straßen – die 25.000 Pegida-Anhänger in Dresden. Ein Beben ging durchs In- und Ausland, die Proteste zogen eine lebhafte Diskussion über die Glaubwürdigkeit der Presse nach sich. „Einen Gedanken, der uns in Dresden umtreibt: Viele Leute interessieren sich nicht mehr für die Themen, die wir weitergeben und reflektieren. Wir machen vielleicht handwerklich einen guten Job, aber das Thema interessiert nicht mehr“, gesteht der Chefredakteur der Sächsischen Zeitung Uwe Vetterick ein. Den Lokalzeitungen würden schlicht Tools und andere Ressourcen fehlen, um nachzuspüren, was das Volk bewegt.

„Warum braucht Demokratie lokale Massenmedien“, fragt das Nachmittagspanel am zweiten Tag des Forums Lokaljournalismus. Die Antworten liegen auf der Hand – von der Wächterfunktion der Medien bis hin zur Aufgabe, zwischen Bürgern und Politikern zu moderieren. „Es kommen enorme Herausforderungen auf uns zu – beispielsweise mit der Energiewende“, sagt Franz-Reinhard Habbel, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, „gleichzeitig wird die Seite der Verlegerschaft weniger. Dabei wäre es gerade jetzt wichtig ein Kommunikationskonzept zu erarbeiten, das zwischen Bürgern und Politik vermittelt.“ Auf kommunaler Seite sei die Kommunikation nicht optimal, deshalb würde sich beim Bürger einiges aufstauen.

Haltung zeigen!

Diese Wut hat vor allem die Lokalpresse in den vergangenen Monaten verstärkt zu spüren bekommen. Besonders in solchen Zeiten sei es wichtig ruhig und klar über Phänomene wie Pegida zu berichten, meint Vetterick. Er skizziert drei Regeln, die die Redaktion im Zusammenhang mit Pegida aufgestellt hat: 1. Klare Kante gegenüber den Machern; 2. Man müsse mit Leuten, die bei den Demonstrationen mitgehen, anders umgehen als mit den Machern; 3. Mutig Haltung zeigen und gelassen auf Vorwürfe reagieren!

Auf alle Fälle sollte man die Bürger ernst nehmen, Rückkanäle schaffen und Vorschläge aufgreifen. Auch der nordrhein-westfälische Staatssekretär Marc Jan Eumann, der sich für die NRW-Medienstiftung stark gemacht hat, erzählt, wie Bürger für in die Entstehung des neuen WDR-Gesetzes eingebunden werden. Eine Förderung der Medien durch die Politik wird aber zum Beispiel vom Moderator Joachim Braun, dem Chefredakteur des Nordbayerischen Kuriers, kritisch gesehen.

Hofberichterstattung auch bei nationalen Medien

Am anderen Ende des Spektrums liegt die Hofberichterstattung. Wiebke Möhring, Professorin für Öffentliche Kommunikation an der Hochschule Hannover hatte in ihrer Doktorarbeit Ende der 90er Jahre herausgefunden, dass gerade die bei Lokalmedien verbreitet ist. Auch sie sitzt im Podium und stößt mit der provokanten These eine Diskussion am Podium und im Publikum an.

Christian Humborg, Geschäftsführer des gemeinnützigen Recherchebüros CORRECT!V, ist der Meinung, dass Hof- oder Verlautbarungsjournalismus nicht nur in lokalen Medien vorkommen: Eine oft problematische Nähe zu Politik und Wirtschaft gäbe es ja auch bei nationalen Medien. Er führt das Beispiel an, dass Tagesschaumoderatoren Tausende Euros für ihre Moderationen in der Privatwirtschaft kassieren. „Journalismus hat die Funktion Widersprüche aufzudecken – hier muss noch mehr passieren. Viele Menschen haben das Gefühl, dass Journalisten das noch nicht hart genug tun“, sagt Humborg. Zeitungsforscher Horst Röper vom Formatt-Institut ist es hingegen wichtig zu betonen, dass die Situation des Lokaljournalismus‘ spezifische Probleme aufweist: Beispielsweise wäre es gar nicht möglich in einer Region, wo es nur eine Lokalzeitung gibt, aus personellen und zeitlichen Gründen Widersprüche zu entdecken oder gar aufzudecken. Selbstverständlich gäbe es auch positive Beispiele, weiß Professorin Möhring. Die Arbeit im Projektteam Lokaljournalismus und die Best-Practice-Beispiele in der drehscheibe würden für sich sprechen.

„Heimat muss einen Platz haben“

Juergen_Roters

Der Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters

Was haben Lokalpolitiker Lokaljournalisten zu erzählen? Das war die spannende Frage, als der Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters die Bühne betrat.

„Zeitung 4.0“ – darunter konnte sich Roters zunächst nicht viel vorstellen. Der Blick in die USA aber zeigte ihm, dass 4.0 bereits viele Lebensbereiche erreicht habe – von der Gesundheit bis zur Energie. Für ihn sei wichtig, dass das Thema 4.0 gerade auch im Bereich der lokalen Medien betrachtet werde. In einer Zeit der Digitalisierung bräuchten die Menschen Orientierung. Sie fragten sich, wohin sich unsere Welt entwickle. Und deshalb sei es wichtig, dass auch lokale Medien diese Fragen aufgreifen würden. Schnelle Informationen, aktuell und passgenau – wie gelingt es in unserer medialen Welt, gesellschaftliche Diskurse zu organisieren und öffentliche Meinung herzustellen, fragte Roters.

Gladbecker Geiseldrama

Er erinnerte etwa an das Gladbecker Geiseldrama, das seinerzeit viele Fragen aufgeworfen habe, Fragen der Organisation, des Umgangs mit solchen Ereignissen, auch ihrer journalistischen Begleitung. Die Dinge hätten sich seither entschieden verändert, Informationen seien viel schneller zugänglich. Darauf müsste sich zum Beispiel die Politik einstellen. Ein spannendes Thema – auf das Roters dann leider nicht detaillierter einging.

Medienstadt Köln

Roters wies daraufhin, dass Köln in Sachen Medien gut aufgestellt sei. In Fragen der Digitalisierung habe Köln große Potenziale, kaum eine Stadt sei etwa so flächendeckend mit Breitbandinternet versorgt. Er sprach von den kreativen Milieus der Stadt, die für eine Belebung auch der etablierten Kultur sorgten. Köln sei eine junge wachsende Stadt. Die Menschen fühlten sich hier wohl.

Platz für Heimatliebe

Er wollte den anwesenden Journalisten aber auch persönliche Einschätzungen mitgeben. So müssten bei aller notwendigen Kritik die lokalen Medien auch die Lebenswelt der Leser, der Bürger widerspiegeln. Der Leser müsse seine Heimat wiedererkennen und sich in seiner Zeitung wiederfinden. Manchmal habe man den Eindruck, die Dinge würden sich verschieben. Auf Fehler müsse hingewiesen werden, aber die Liebe zur Heimat müsse einen Platz haben.

Dabei sollten Webangebote nicht als Gegner, sondern als Wettbewerber angesehen werden. Es gebe aber auch ein Qualitätsproblem. Diejenigen, die gute Recherchen böten und verlässlich seien, hätten alle Chancen, weitermachen zu können. Für Recherche und Bewertung von Informationen müssten Freiräume in den Redaktionen geschaffen werden. Manche Menschen hätten das Gefühl, dass das, was sie im Netz erlebten, in ihrer Lokalzeitung nicht stattfinde. Warum? Weil es schlechte Informationen seien, die von denjenigen, die verantwortlich damit umgingen, nicht weitergegeben würden.

Orientierung und Transparenz

Lokale Medien müssten Orientierung geben mittels Transparenz, das sei auch ein Abgrenzungskriterium gegenüber jenen, die im Netz unterwegs seien. Transparenz sei nötig, um Vertrauen aufzubauen. Dabei ging Roters auch auf das Schimpfwort „Lügenpresse“ ein. Er erinnerte an die Hooligan-Demo, die vor einiger Zeit in Köln stattgefunden habe und auf der die Presse ebenso diffamiert worden sei. In diesem Zusammenhang lobte er die sehr sachliche, manchmal einfühlsame, aber auch nachfragende Zeitungsberichterstattung über das Thema Zuwanderung. Dies sei besonders wichtig für das Zusammenleben in unserem Gemeinwesen. Wenn man sich dagegen die Hetze auf manchen Blogs ansehe, werde klar, wie wichtig die Rolle der etablierten Medien sei.

Produktive Koexistenz

Politiker und Stadtverwaltungen seien darauf angewiesen, dass ihre Informationen die Bürger erreichten, dass diese verständlich aufbereitet würden – dafür seien Medien unverzichtbar. Ohne die Zusammenarbeit mit den lokalen Print- und Netzmedien sei dies nur unzureichend möglich. Grundlage der Kooperation sei kritische Distanz. Er habe keine Angst vor kritischen Fragen. Ärgerlich sei es nur, wenn von Seiten der Medien professionelle Standards ignoriert würden. Er erinnerte an die Kriterien des Presserats. Es gehe bei all diesen Fragen um die Grundlagen unseres Zusammenlebens.